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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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reicher Beute zurück und wurde mit einem fröhlichen Hallo empfangen. Die Vögel waren die Feindschaft des Menschen nicht gewohnt, darum hatten meine Schrote mächtig unter ihnen aufgeräumt. Sie wurden schleunigst gerupft und gebraten und lieferten einen Nachtisch, dessen Schmackhaftigkeit den Kapitän wieder in seine gute Laune versetzte.
    „Ihr seid ein famoser Kerl, Charley“, meinte er. „Ich könnte so ein Schießinstrument hinhalten, wo ich wollte, ich würde nichts treffen, davon bin ich überzeugt. Ein Ruder führen, ja das bringt man fertig trotz einem, aber einen Braten schießen, hm, das ist doch noch etwas anderes. Sagt einmal, Charley, ob es hier an Back- oder Steuerbord wohl Menschen gibt?“
    „Ich denke es!“
    „Von welcher Sorte?“
    „Malayen natürlich. Ihr wißt doch, daß viele der Pomatu-Inseln bewohnt sind!“
    „Das weiß ich; aber ob es in der Nachbarschaft Leute gibt, das ist ja für uns die Hauptsache.“
    „Möglich wäre es. Wenigstens sollte ich meinen, daß Holt und Miloradowitsch, zwischen denen wir uns wahrscheinlich befinden, Bewohner haben.“
    „Ist's ein gefährliches Volk?“
    „Sie sind meist noch Wilde, und man erzählt sich sogar, daß es unter ihnen noch Menschenfresser geben soll.“
    „Sehr angenehm, Charley! Wir freilich haben von solchen Leuten nichts zu befürchten, aber – ich glaube, wir könnten mit ihnen gar nicht einmal verhandeln; wenigstens kenne ich keinen unter uns, der ihre Sprache versteht.“
    Der Steuermann schob sich ein kolossales Stück Salzfleisch zwischen die Zähne und meinte kaltblütig:
    „Ich bin es, der sie versteht, Käpt'n.“
    „Ihr? Wie? Woher wollt Ihr das gelernt haben?“
    „Mit Menschenfressern spricht man nur mit diesem da!“
    Er hob das Messer in die Höhe, zog die fürchterlichste Miene, die ihm möglich war, und machte eine Bewegung mit dem Arm, als wolle er jemand erstechen.
    „Ihr versteht doch nicht etwa malayisch, Charley?“ fragte der Kapitän.
    Ich mußte lächeln. Charley war stets ein Mann, von dem der gute Roberts glaubte, daß er alles verstehen müsse.
    „Die Wahrheit ist, Käpt'n, daß ich während meines Aufenthaltes auf Sumatra und Malacca mir das eigentliche Malayisch, welches durch den ganzen australischen Archipel Verkehrssprache ist, ein wenig angeeignet habe. Das Kawi, die malayische Priester- und Schriftsprache, verstehe ich nicht; dafür aber glaube ich, daß ich mich den Bewohnern der Tahiti- und Marquesas-Inseln auch in ihrem Dialekt verständlich machen kann.“
    „Dann seid Ihr ja gar kein Deutscher mehr, sondern ein richtiger Polynesier.“
    „Die Sache ist sehr einfach die, daß man sich leichter in eine fremde Sprache findet, wenn man während seiner Schülerzeit einen guten philologischen Grund gelegt hat. Bei der Bekehrung der westmalayischen Volksstämme zum Mohammedanismus hat ihre Sprache viel von dem Arabischen aufgenommen und wird noch jetzt mit wesentlich arabischen Buchstaben geschrieben. Da ich nun das Arabische verstehe, so ist leicht einzusehen, daß mir eine Orientierung im Malayischen nicht viel Mühe gemacht hat.“
    „Dann müßt Ihr uns als Dolmetscher dienen, wenn wir ja mit Polynesiern zusammentreffen sollten.“
    „Ahoi-iiiih!“ erscholl es da von der Anhöhe herab.
    Bob mußte etwas Auffälliges bemerkt haben und gab uns dies mit dem gewöhnlichen Seemannsruf zu verstehen.
    „Ahoi-iiiih!“ antwortete der Kapitän. „Was ist's, Zimmermann?“
    „Ein Segel in Sicht!“
    „Wo aus?“
    „Süd, nahe bei Ost!“
    „Was für eins?“
    „Kein Schiff, sondern ein Fahrzeug!“
    Der Seemann ist gewohnt, bloß Dreimaster Schiffe zu nennen. Bob hob das Rohr wieder an die Augen und blickte nochmals aufmerksam hindurch. Dann berichtete er, sich wieder zu uns drehend:
    „Es ist ein Boot oder so etwas, mit einem Segel, wie ich es in dieser Form noch nicht gesehen habe!“
    „Es müßte eine malayische Prawe sein“, meinte ich. „Laßt uns hinaufgehen, um uns zu überzeugen, Käpt'n!“
    Die andern mußten zurückbleiben, und wir beide eilten empor. Als wir oben anlangten, war das Segel bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen. Ich nahm Bob das Fernrohr ab, blickte hindurch und gab es dann dem Kapitän.
    „Da, seht einmal, Käpt'n! Es ist ein Boot von der Art, wie man es auf den Gesellschaftsinseln hat. Seht Ihr den Ausleger an der Seite desselben? Er soll das Kentern verhüten, welches sonst leicht möglich wäre, da diese langen, scharfen Fahrzeuge bloß für
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