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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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Wildbret kamt; vorausgesetzt nämlich, daß die Verhältnisse so sind, daß mir das Viehzeug nicht zu Leibe kann und ich so lange schießen darf, bis es tot ist!“
    „Schön, aber könnt Ihr auch eine Schwalbe schießen?“
    „Bei allen Winden, nein; das ist ja rein menschenunmöglich, Charley. Ihr seid ein feiner Schütze, wie Ihr schon oft bewiesen habt, aber eine Schwalbe, nein, die holt Ihr nicht aus der Luft herab!“
    „Ich habe es aber doch getan, und zwar nicht nur einmal; ich habe sogar da drüben in der nordamerikanischen Prärie fünfzehnjährige Indianerbuben gekannt, welche das fertigbrachten.“
    „Ahoi, Charley, ist das nicht eine wilde Ente oder gar eine Seeschlange?“
    „Nein, es ist die Wahrheit! Doch dieser Vergleich hat den Zweck, Euch zu beweisen, daß das Große oft leichter ist, als das scheinbar Kleine. Ihr versteht es ganz wacker, einen Dreimaster zu befehligen; doch wagt Euch einmal nur mit Eurem Langboot, welches Euch doch geläufig ist, hinaus auf die offene See, so werdet Ihr finden, daß zwischen beiden ein gewaltiger Unterschied ist. Ich habe mit dem gebrechlichen indianischen Rinden-Kanu den Missouri und Red River, mit dem Haut-Kanu der Brasilianer den Orinoco und Marannon und mit dem fürchterlichen Katamorin der Ostinder den Indus und Ganges befahren, andere Fahrzeuge, bei denen das Leben an jedem Ruderschlag hing, gar nicht zu gedenken, aber ich sage Euch offen, Käpt'n, daß ich es mir nicht zutraue, mit diesem Boot hier eine Entdeckungsreise unter den Pomatu-Inseln zu wagen. Es darf das Geringste am Ausleger geschehen, so kentert das Boot, und dann ist man in neunundneunzig von hundert Fällen verloren, da die See hier von Haien wimmelt.“
    „Alle Wetter, das ist wahr! Der Hai ist der miserabelste Kerl, den ich kenne, und wer zwischen seine Zähne kommt, dessen Zeit ist ohne Gnade und Barmherzigkeit abgelaufen. Aber ein Schiff müssen wir suchen, das werdet Ihr doch zugeben, Charley!“
    „Natürlich! Aber nicht hier zwischen den Pomatu-Inseln, die wir ja gar nicht kennen und wohin sich doch wohl selten ein größeres Fahrzeug verlaufen wird. Der Ehri hier wird nach Tahiti segeln. Gebt ihm einen zuverlässigen Mann mit, der uns ein Schiff holt, so ist uns ja geholfen!“
    „Hm, das klingt ganz gut! Wie lange wird der Bursche zubringen, ehe er Tahiti erreicht?“
    Ich wandte mich an Potomba:
    „Wie lange fährst du nach Papetee?“
    „Wenn ihr mir einen Mann mitgebt, der ein guter Ruderer ist, so brauche ich zwei Tage“, antwortete er.
    Ich verdolmetschte diese Worte dem Kapitän.
    „Hört, Charley, wie heißt der Bursche?“
    „Potomba.“
    „Das glaube ich nicht; er wird wohl Münchhausen heißen. In zwei Tagen von hier nach Papetee; der Mensch lügt ja, wie gedruckt! Ich rechne fünf volle Tage, und dann müßte man schon ein scharf auf den Kiel gebautes Schiff mit Schonertakelage haben. Zwei Tage, das ist Humbug, das ist unmöglich!“
    „Seht Euch dieses Boot und diesen Mann an, Kapitän! Er sieht nicht wie ein Aufschneider aus, und ich bin sehr geneigt, zu glauben, daß man mit einem so langen, schmalen Wogenschneider unter dem Südostpassat fünfzehn bis sechzehn englische Meilen in der Stunde zurückzulegen vermag.“
    „Denkt Ihr wirklich? Hm, dann muß ich schon glauben, daß es möglich ist. Ein Kunststück ist es aber doch! Hm, ja; seht die vierzehn Segel da draußen! Es sind noch keine zehn Minuten, seit sie hier wendeten, und ich möchte wetten, daß sie bereits über zwei Meilen zurückgelegt haben. Ihr könnt recht haben, Charley, und nun ist es mir auch einleuchtend, was ich bisher nicht geglaubt habe, nämlich daß sich sogar ein gut ausgerüstetes Kriegsschiff mit wohldressierter Mannschaft vor einer Flottille malayischer Prawen sehr in acht zu nehmen hat. Doch seht, da kommt der Maat! Er macht ein sehr vergnügtes Gesicht, daß es ihm gelungen ist, die Kerls dort in die Flucht zu schlagen.“
    Wirklich nahte der Steuermann mit einer so selbstgefälligen und triumphierenden Miene, als habe er eine große Seeschlacht gewonnen.
    „Nun, Sir, wie habe ich meine Sache gemacht?“ fragte er mich.
    „Schlecht, sehr schlecht, Maat!“
    „Wa-wa-wa-waas?“ fragte er ganz erstaunt. „Sie haben uns ja kein Haar gekrümmt und sind, als sie mich erblickten, davongesegelt, als sei ihnen der Klabautermann auf den Fersen!“
    „Aber ich wollte sie doch eben nicht davonsegeln lassen, sondern sie sollten in der Bucht eingeschlossen werden! Ihr kamt viel zu
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