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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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war noch sehr jung und wirklich schön, als er so drohend vor mir stand: auf den langen, schwarzen Flechten den federgeschmückten Turban, zwei wertvolle Perlen an jedem Ohr, und die gelbseidene Marra als Gürtel um die rot und weiß gestreifte Tebuta geschlungen, welche in reichen Falten von seiner Schulter bis zum Knie reichte und das Ebenmaß seiner schlanken, kräftigen Gestalt vorteilhaft hervorhob.
    „Was wirst du jetzt beginnen?“ fragte ich ihn.
    „Frage zuvor, was ihr mit mir beginnen werdet, Sahib!“ antwortete er, nach der Höhe deutend, von welcher sich der Kapitän mit den Seinen näherte.
    „Ich bin dein Freund, und du hast von uns nichts zu befürchten. Du kannst tun, was dir beliebt. Doch bitte ich dich, daß du auch unser Freund werdest!“
    „Ich bin es, Sahib! Sage mir deinen Befehl, und ich werde ihn vollbringen, denn ich sehe es an deinem Auge, daß du nichts Böses von mir fordern wirst!“
    „Wir bitten dich um Hilfe.“
    Er blickte mich einigermaßen erstaunt an, und ich selbst konnte mich eines leisen Lächelns nicht erwehren. Von ganz anderer Figur als er, war ich einen Kopf höher als er, der Turban mit Schleier, den ich trug, der dichte Vollbart, welcher mir Wangen und Kinn umrahmte, meine Waffen, die aus den Trachten aller Zonen zusammengesetzte abenteuerliche Kleidung, welche sich nach unten in einem Paar riesiger Seemannsstiefeln verlief: das alles mochte wohl den Eindruck machen, als sei ich gewohnt, nur auf meine eigene Kraft zu vertrauen, und sei fremder Hilfe und Unterstützung nicht leicht bedürftig.
    „Wer bist du, und was tust du hier?“ fragte er.
    „Ich bin vom Volk der Germani, und die andern gehören zum Volk der Yanki.“
    „Die Germani sind gut; ich habe ihre Schiffe gesehen auf den Inseln von Samoa; was sie verkaufen, ist ehrliche Ware, und was sie sagen, das gilt als Schwur. Aber die Yanki sind anders; ihre Zunge ist glatt und untreu, und ihre Wangen glänzen und haben Betrug in sich. Wie kommst du zu ihnen und auf diese Insel, die noch nicht einmal einen Namen hat?“
    „Ich fuhr mit ihnen, weil ich in das Land der Chinesen wollte, aber das Wetter trieb uns an dies Eiland, so daß unser Schiff zerbrach und unsere Boote zerschellten. Nun können wir nicht fort und müssen warten, bis ein anderes Schiff kommt, welches uns von dannen holt. Du kehrst nach Papetee zurück?“
    „Ja. Mich verlangt zu Pareyma, meinem Weibe, und zu meiner Mutter zu kommen, die mir lieber sind, als alle meine Habe und mein Leben. Die Stimme meines Herzens sagt mir, daß ihnen Gefahr droht von Anoui, meinem Feind.“
    „Auf Tahiti findet man immer Schiffe der Ingli, Franki, Yanki und der Hollandi; vielleicht ist auch eines der Hispani oder gar der Germani da. Willst du sie aufsuchen, wenn du nach Papetee kommst, und eines von ihnen senden, daß es uns hier erlöse?“
    „Das will ich, Sahib! Aber sie möchten mir nicht glauben, und daher ist es besser, wenn ihr mir einen eurer Männer mitgebt, der selbst für euch reden und bitten kann.“
    „Faßt dein Boot zwei Männer?“
    „Wenn ein anderer rudert, nein; aber wenn ihr einen mutigen Mann wählt, welcher das Wasser nicht fürchtet, so werde ich ihn glücklich nach Tahiti bringen, denn keiner nimmt es im Fahren mit Potomba, dem Ehri auf.“
    In diesem Augenblick hatte uns der Kapitän erreicht.
    „Nun? Wer ist dieser Mann, Charley?“
    „Ein Ehri von Tahiti.“
    „Ein Ehri? Was ist das?“
    „Ein Fürst, Käpt'n.“
    „Pshaw! Diese Art von Fürsten kennt man! Der Bursche wird uns sein Boot überlassen müssen, damit wir uns von einer der benachbarten Inseln Hilfe holen.“
    „Das wird er nicht tun.“
    „Nicht? Ah! Und wenn ich es ihm gebiete?“
    „Auch dann nicht, Sir.“
    „Warum nicht, wenn ich fragen darf, he?“
    „Weil ich ihm bereits das Gegenteil geraten habe, Käpt'n.“
    „Ihr? Ah so, das ist etwas anderes! Ihr habt doch jedenfalls eine gute Meinung dabei gehabt, die auf unsern Vorteil bedacht ist?“
    „Das versteht sich! Keiner von uns ist imstande, ein solches Boot zu regieren, und – – –“
    „Ah, Charley, ist das nicht etwas zu viel behauptet? Sollte ich, Kapitän Roberts aus New York, es nicht fertigbringen, ein solches Ding zu führen, da jedermann weiß, daß ich ganz der Kerl bin, selbst das stärkste Orlogschiff zu kommandieren?“
    „Könnt Ihr einen Ochsen erschießen, Käpt'n?“
    „Welche Frage! Natürlich erschieße ich ihn trotz allem, was ich vorhin sagte, als Ihr mit Eurem
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