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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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konnte aber nichts Verdächtiges ausmachen. Gerade wollte er weiterlaufen, als er Quart’ols alarmierte Stimme hörte: »Runter!«
    Sofort ließ Gilam’esh sich fallen. Keinen Wellenschlag zu spät. Die Entladung eines Blitzstabs zischte über ihn hinweg und verfehlte seinen Scheitelkamm nur um Handbreite. Er wälzte sich zur Seite.
    Sam’eshs Oberkörper ragte aus einem der Dickichte hervor, keine zwei Schwimmlängen entfernt. Der Verräter riss die Waffe herum. Pan’dorah und Quart’ol schossen auf ihn. Sie lieferten sich ein wildes Gefecht.
    Gilam’esh nutzte Sam’eshs Ablenkung, kam auf die Beine und näherte sich dem Gebüsch seitlich. Er löste seinen Blitzstab aus, doch Sam’esh hatte seine Position gewechselt. Die Ladung traf ins Leere. Gilam’esh stürmte vor, hinter Sam’esh her. Er stolperte über einen kniehohen Gegenstand, stürzte und überschlug sich im Sand.
    »Gilam’esh!« Quart’ol kam zu ihm.
    Er erkannte, dass Pan’dorah Sam’esh fast eingeholt hatte. Er ließ sich von Quart’ol hochziehen und blickte dabei kurz auf die Kiste, die ihn zu Fall gebracht hatte. Sie war offen und leer. Trotz der Hitze fror er plötzlich.
    »Bleib stehen!«, klackte Pan’dorah vor ihnen. Sie zielte auf Sam’esh, löste aber nicht aus.
    »Schieß!«, klackte Quart’ol in heller Panik.
    Gilam’esh schauderte. Pan’dorah schaffte es nicht, auf Sam’esh zu schießen. Vielleicht hatte sie sich noch nie in ihrem Leben gegen einen Feind erwehren müssen.
    »Zu ihr!« Er drängte Quart’ol voran. Sein Knöchel schmerzte. Bei jedem Auftreten durchzuckte ein Stich das Fußgelenk, als würde eine Muräne ihn beißen.
    Es war zu spät. Pan’dorah sank mit einem Schmerzensschrei zur Seite. Sam’esh hatte geschossen – und getroffen. Es roch verbrannt. Eine eisige Faust schien Gilam’eshs Herz zu packen. Die Waffe stand nicht auf Betäuben. Sam’esh hatte es riskiert, Pan’dorah umzubringen! Der Assistent blickte kurz zu ihnen herüber, dann drehte sich hastig um und rannte davon.
    »Du Monster!«, brüllte ihm Quart’ol hinterher. Er erreichte Pan’dorah zuerst und beugte sich über sie.
    Gilam’esh überließ ihm die Verletzte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich Pan’dorah bewegte. Sie lebte noch. Er lief an Pan’dorah und Quart’ol vorbei und brach durch ein Gebüsch.
    Vor ihm erstreckte sich ein freier Sandabschnitt, auf dem Sam’esh davonhetzte. Unter seinem Arm klemmte eine weitere Kiste. Der Hydrit kam langsam voran, die heiße Sonne setzte ihm sichtlich zu. Alle paar Schritte strauchelte er, was Gilam’esh aufholen ließ.
    Ein letztes Mal mobilisierte Gilam’esh alle Kraftreserven, das Ziel fest vor Augen. Er riss den Blitzstab hoch, richtete ihn auf Sam’esh. In dem Sekundenbruchteil, bevor er abdrückte, schoss ihm der Gedanke an E’fah durch den Kopf. An ihre gemeinsamen Gespräche über die Verwerflichkeit von Rache und über das, was sie früher als Nefertari getan hatte. In diesem Moment begriff Gilam’esh, warum sie so gehandelt hatte, wie sie es tat. In ihm tobte eine Wut auf Sam’esh, wie er sie nicht einmal auf seine Mörder auf dem Rotgrund empfunden hatte.
    Sam’esh handelte, um die Menschheit zu vernichten. Er führte Krieg gegen ein Volk, das noch in seiner Jungschale lag. Und das war nur eines seiner Verbrechen. Um seinen Feldzug zu führen, hatte Sam’esh auf eine Hydritin geschossen, die ihm vertraut und ihn immer unterstützt hatte. Vielleicht starb Pan’dorah in diesem Augenblick. Er durfte keine Gnade zeigen.
    Die Spitze des Stabes wies auf Sam’esh. Das Ziel war in Reichweite. Das war der Moment, in dem er mit einem Fingerdruck auf Betäubung hätte umstellen können. Er tat es nicht. Gilam’esh löste aus.
    Sam’esh stieß einen schrillen Schrei aus. Auf seinem Rücken erschien ein großer Brandfleck. Er stürzte zu Boden. Die Kiste glitt unter seinem Arm hervor, prallte in den Sand und sprang auf. Ratten jagten ins Freie. Sam’esh blieb mit geöffneten Augen reglos liegen. Nur seine Füße zuckten.
    Und Gilam’esh begann auf die Ratten zu feuern. Insgesamt zählte er sechs Tiere. Dass er sie alle erwischte, bevor sie im Dickicht verschwanden, war unwahrscheinlich.
    Da zuckten weitere Entladungen an ihm vorbei. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Pan’dorah und Quart’ol ihn unterstützten. Die Erleichterung überwältigte ihn fast: Die Hydritin lebte!
    Gilam’esh konzentrierte sich wieder auf die flüchtenden Ratten. Und war gemeinsam mit seinen
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