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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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ein Flügelaffe bewegte sich noch zielstrebig. Er flog auf da Bellini zu.
    Matt atmete tief durch. Er sah Xij auf sich zulaufen. Mit ihr war eine erstaunliche Veränderung vorgegangen. Sie wirkte klar und wieder ganz wie sie selbst. Ihre Gesten waren entschlossen, die Bewegungen energiegeladen.
    »Matt, es ist Manil’bud!«, rief Xij ihm zu. »Der Affe ist Manil’bud! Greif ihn nicht an!«
    Matt verstand, was geschehen war. Manil’bud hatte den Körper gewechselt und kam ihnen zu Hilfe.
    Neben ihnen gelang es Grao endgültig, die Wachen in die Flucht zu schlagen. Die Flügelwesen ließen von ihm ab.
    Der Affe erreichte Angelo da Bellini. Der Schwarzhaarige hob abwehrend beide Arme. »Verschwinde! Du wirst uns nicht aufhalten! Der Wille Sam’eshs muss vollendet werden! Unsere Forschung wird die Menschheit auslöschen!«
    Matt spürte eine Welle des Zorns bei diesen Worten. Begriff der Hydrit denn nicht, was er anrichtete? Der Schwarze Tod würde weiter wüten. Vielleicht war das Sterben von über fünfundzwanzig Millionen Menschen allein zwischen 1347 und 1353 die Erklärung, warum man das Mittelalter im Nachhinein trotz aller Wunderwerke und Künste als dunkel bezeichnen würde. Angelo da Bellini – oder wie auch immer er als Hydrit heißen mochte – war für Matt ein Monster wie kein zweites.
    Manil’bud redete nicht. Mit einem unheimlich wirkenden Schweigen raste sie durch die Luft auf den Savi zu. Ihre Krallen schlugen die erhobenen Arme beiseite, der lange Schwanz wickelte sich um den Hals da Bellinis. Sie flatterte energisch mit den Flügeln, zerrte den Savi ein Stück hinauf.
    Matt wich zurück. Da Bellini gurgelte, seine Hände griffen nach dem Affenschwanz, der fest um seinen Hals lag. Die geflügelte Kreatur spannte jeden Muskel an. Mit Schaudern hörte Matt Angelo da Bellinis Glucksen. Er wich noch weiter zurück, außer Reichweite des Quan’rill, damit dieser nicht auf ihn überwechseln konnte.
    Xij erreichte ihn und packte seinen Arm. Sie schien zu erraten, was er dachte. »Keine Sorge«, sagte sie beruhigend. »Für die Geistwanderung braucht er Körperkontakt. Das lässt Manil’bud nicht zu. Sie wird ihn töten, Matt.«
    Grao’sil’aana trat neben sie. Obwohl er viele Fragen haben musste, schwieg er. Gemeinsam sahen sie zu, wie Manil’bud ihr Werk beendete.
    ***
    Xij atmete tief die feuchte Luft ein. Sie war frei, endlich. Mit einem Lächeln drückte sie Matts Hand. Der Savi war tot, der Platz wie leergefegt. Die bionetischen Kunstwesen hatten die abergläubischen Menschen vertrieben. Sicher würde der ein oder andere sie noch beobachten, aber eine Gefahr drohte nicht. Zumindest nicht im Augenblick. »Wir sollten so schnell wie möglich durch die Zeitblase gehen«, riet sie Matt und Grao.
    Matt hatte dem Daa’muren kurz erklärt, warum die Flügelwesen sie nicht mehr angriffen. Sie standen nun unter der Kontrolle Manil’buds. Er drehte sich zu Xij um. »Glaubst du, dass Manil’bud uns helfen wird?«
    Sie nickte. »Seit der Streiter fort ist, ist sie nicht mehr böse. Als sie dich im Gefängnis angriff, war sie verwirrt und hat gefiebert, so wie ich. Aber nun ist alles okay. Ich denke, sie wird uns den Gefallen tun.
    »Vielleicht will sie mit uns kommen«, meinte Matt.
    Xij schüttelte den Kopf. »Sie will nach dem Bund suchen, der so viel Unheil über die Welt brachte, und ihn zur Strecke bringen.«
    Außerdem würden sie nicht lange im Flächenräumer bleiben, in den sie nun zurückkehrten, denn dort war die Situation unverändert: Sie hatten fliehen müssen, weil der Streiter kurz davor stand, die hydritische Anlage zu vernichten. Sie würden also gleich in die nächste Epoche springen, in der Hoffnung, an einem besseren Ort und in einer hoffnungsvolleren Zeit anzukommen.
    Xij winkte Manil’bud und rief ihren Namen. Der Flügelaffe wandte sich von da Bellinis Leichnam ab und flatterte auf die kleine Gruppe zu. Xij erklärte, um was sie Manil’bud bitten wollten: sie hinauszutragen über die Lagune, damit sie das Zeitportal erreichen konnten.
    Manil’bud gab keine Antwort, aber die anderen Flügelwesen kamen heran. Insgesamt waren es zwölf, die dem Ruf folgten. Sie packten Matt, Grao und Xij. Erneut fühlte sie sich hinaufgetragen, doch dieses Mal empfand sie keine Angst. Mit einem innerlichen Ruck wandte sie sich vom Anblick des Markusplatzes ab. Über der Lagune ging der Mond auf. Es war Zeit, Venedig zu verlassen. Sie bedauerte es nicht.
    Die Bionetikwesen trugen sie aufs Wasser
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