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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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zwei Gefährten erfolgreich. Pan’dorah und Quart’ol brachten die Kiste, damit sie die toten Tiere samt ihrer Flöhe einsammeln konnten. Dann kehrten sie zu Sam’esh zurück.
    Gilam’esh betrachtete kurz Pan’dorahs Verletzung. Ihr Oberarm war verbrannt, doch sie konnte ihn noch bewegen. Obwohl ihre Schuppenhaut fahl wirkte und sie große Schmerzen haben musste, schien sie weit davon entfernt, in eine Schockstarre zu fallen. Ihre Blicke trafen sich und Gilam’esh erkannte ihre grimmige Entschlossenheit.
    Pan’dorah wandte sich von ihm ab und ging auf Sam’esh zu. Der Hydrit hatte sich auf den Bauch gedreht. Er atmete noch und versuchte, im Sand davonzukriechen. Gilam’esh versperrte ihm den Weg.
    Auf Sam’eshs Zügen lag ein gehässiger Ausdruck. »Zu spät«, hauchte er schwach. »Zwei Kisten sind schon geleert. Das wird reichen. Bald wird die Seuche über die Parasiten kommen.«
    »Parasiten?« Pan’dorah kniete sich zu ihm. Ihre Stimme klang schwach. »Warum, Sam’esh? Wir forschen seit drei Umläufen zusammen. Du warst mein Vertrauter und Freund. Warum hast du das getan?« Wäre sie ein Mensch, sie hätte geweint. Gilam’esh erkannte es an der Schwellung um ihre Kiemen.
    Sam’esh blickte sie an, als würde er Gilam’esh und Quart’ol nicht mehr wahrnehmen. »Hast du dich nie gefragt, warum du so schnell nach Mo’rahs Tod einen neuen Assistenten gefunden hast? Einen, der mit dir das Leiden dieser Parasiten lindern wollte, obwohl Mo’rah von ihnen gesteinigt wurde?«
    Pan’dorah schwieg, sah ihn nur an. Was in ihrem Kopf vorging, konnte Gilam’esh nicht erraten.
    Sam’eshs Augen zeigten seinen Hass. »Sie war meine Schwester. Aber sie ist nicht umsonst gestorben. Die Menschheit soll bluten für das, was sie ihr angetan hat.« Er hustete.
    Pan’dorahs Quastenlippen zitterten. »Mo’rah...« Kraftlos hob sie eine Hand, ließ sie wieder sinken. »Du bist ihr Bruder?«
    Erschüttert begriff Gilam’esh, was Sam’esh so vergiftet hatte. An der fahlen Schuppenfarbe erkannte er, dass es mit ihm zu Ende ging. Hatte er richtig gehandelt, ihn tödlich zu verletzen? Der Schuss ließ sich nicht rückgängig machen, und trotz Sam’eshs Offenbarung wusste Gilam’esh nicht, ob er das überhaupt wollte. Sam’eshs Verlust war tragisch, aber für ihn kein Grund, ein derart grausames Verbrechen an der Menschheit zu verüben.
    »Es tut mir leid«, klackte Pan’dorah leise. »Es war mein Fehler. Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen.«
    Sam’esh antwortete nicht mehr. Sein Blick veränderte sich. Der Hass wich der charakteristischen Starre. Ein schwarzer Tropfen rann aus dem Augenwinkel über sein Gesicht. Sam’esh war tot.
    ***
    Xij sah entsetzt in die Tiefe. Unter ihr wurde der Platz immer kleiner. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen. Jeder Ruck konnte die Krallen der vier Wesen von ihr lösen.
    Manil’bud drängte ihr Bewusstsein immer weiter zurück. Die Angst half ihr dabei. Xij spürte deutlich, wie sich die Hydree auf einen finalen Angriff vorbereitete.
    Gib endlich auf. Lass mich übernehmen.
    »Niemals«, presste Xij hervor. Mit aller Kraft baute sie mentale Mauern auf.
    Das Wesen an ihrem linken Arm ließ los. Xij schrie. Fast zeitgleich gab auch der geflügelte Löwe am Bein sie frei. Nur zwei Affen hielten sie noch, doch ihre Krallen lösten sich ebenfalls. Zu zweit konnten sie Xijs Gewicht nicht tragen.
    Manil’bud handelte. Aber anders als gedacht. Ein sengender Schmerz fuhr in Xijs Stirn und machte sie für Sekunden blind. Ihr Schrei endete in einem Wimmern.
    Plötzlich war sie allein in ihrem Kopf. Sie stürzte wie ein Stein. Wild mit den Armen rudernd raste sie hinab.
    Da riss ein Ruck sie herum. Sie blinzelte, aus verwaschenen Flecken formten sich Konturen. Über sich erkannte sie das Gesicht eines geflügelten Affen. Das Wesen hatte sie mit Armen und Füßen gepackt. Wild mit den Flügeln schlagend versuchte es, Xij zu halten.
    Es ist Manil’bud , schoss es durch Xijs Gedanken. Sie hat mich verlassen und einen der Angreifer übernommen! Erleichtert sah sie in die dunklen Augen der Kreatur. Einen Augenblick schien ihr die Zeit stillzustehen, dann begriff sie, dass Manil’bud in ihrer neuen Gestalt zu schwach war, sie zu tragen.
    »Nein!«, schrie sie, als sie weiter hinabstürzte. Nur Sekunden trennten sie noch vom Tod.
    Das Affenwesen stieß einen schrillen Schrei aus. Seine Flügel schlugen hektisch, der Schwanz peitschte verzweifelt durch die Luft. Es ließ sie nicht los.
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