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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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hinaus, bis Grao’sil’aana ein Zeichen gab, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Er und seine Gefährten wider Willen packten sich an den Händen.
    Xij sah zu Manil’bud hinauf. Das Affengesicht wirkte freundlich, mit dem Schicksal versöhnt. Der Griff von Manil’buds Klauen löste sich. Gleichzeitig ließen auch die anderen Kreaturen los. Alle drei stürzten sie in die Tiefe – und durch die Zeitblase.
    ***
    In einer anderen Zeit
    Gilam’esh trat an den Scheiterhaufen heran. Sam’eshs Leichnam lag mitsamt seinen Forschungsergebnissen vor ihm aufgebahrt.
    Pan’dorah und Quart’ol standen ein Stück abseits vor einer Palmengruppe. Der Abend senkte sich über Wasser und Land. Rote Wolken zogen über die Insel, so tief, als wollten sie die Blätter der Palmen berühren.
    Gilam’esh betrachtete den Toten. Sam’eshs Gesicht wirkte friedlich. Welchen Schaden hatten seine Taten angerichtet? Rückgängig ließen sie sich nicht machen. Mit schmerzender Brust senkte Gilam’esh die Fackel. Das Feuer sprang knisternd auf Stroh und trockenes Holz über. Es fraß sich seinen Weg, umkränzte den Leichnam.
    Quart’ol und Pan’dorah traten heran. Pan’dorah schnalzte leise und klagend. Sie hatte sich den ganzen Tag über Vorwürfe gemacht und war bei der Suche vom Sam’eshs Forschungen in der Station kaum eine Hilfe gewesen. Nun drückte sie sich mit traurigen Augen an Quart’ol. »Ich hätte es wissen müssen.«
    Quart’ol strich beruhigend über ihre Schulter. »Keiner von uns ahnte etwas. Er hat sich gut verstellt.«
    Pan’dorah sah zu ihm auf. »Hoffentlich haben wir wenigstens alle Forschungsergebnisse vernichtet.«
    Die Flammen ließen das Holz knistern, leckten hoch und schlossen Sam’esh ein. Schon tanzten sie auf seinem Körper. Gilam’esh bedauerte nicht, dieses Monster getötet zu haben. Zwei Kisten mit flohbefallenen Ratten hatte er unter die Menschen gebracht. »Was ist, wenn Sam’esh Verbündete hatte?« Sein Blick blieb auf die Flammen gerichtet, die ihr Werk vollendeten.
    Pan’dorah durchlief ein Schauer. »Wenn er die Ergebnisse an Verbündete gegeben hat, wäre das furchtbar. Sie hätten die Macht, die Welt der Menschen zu verwüsten.«
    »Wir können weiterforschen«, beruhigte Quart’ol. »Gemeinsam finden wir ein Gegenmittel.«
    Gilam’esh schwieg. Er wollte dem Freund die Hoffnung nicht nehmen. So wenig er auch von Medizin verstand, er hatte an diesem Tag doch begriffen, wie weit Sam’esh gegangen war. Seine Variante der auf Menschen übertragbaren Seuche war mindestens so aggressiv wie die, die Gilam’esh’gad heimgesucht hatte. Und gegen diesen Fluch gab es keine Impfung oder Heilung. Zumindest nicht in dieser Zeit.
    Quart’ol sah ihn so wissend an, als könne er Gilam’eshs Gedanken lesen. Sein Blick schien zu sagen: Vielleicht ist das unsere Aufgabe, mein Freund. Vielleicht werden wir beteiligt sein, die Seuche zu besiegen.
    Schweigend sahen sie zu, wie das Feuer niederbrannte und über ihnen erste Sterne aufgingen.
    Epilog
    Die Welt um Matthew Drax verwirbelte in wilden Farben und Formen. In Sekundenbruchteilen tauchte sein Stiefel in die unsichtbare Zeitblase ein. Er sah Schatten und Licht, Rot und Gelb, ein Meer aus Blautönen. Ein staubiger Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Mit aufeinander gepressten Zähnen stürzte er in die Tiefe, bereit, sich abzufangen. Er kam hart auf, rutschte einen felsigen Untergrund hinab, rollte durch heißen Sand.
    Fels und Sand?! Das konnte nicht der Flächenräumer sein!
    Neben ihm schlugen Xij und Grao’sil’aana auf. Xij fluchte, Grao gab ein Geräusch von sich, das wie ein Knurren klang.
    Langsam stemmte Matt sich hoch, blickte umher und sah seinen ersten Eindruck bestätigt. Dies war nicht der Flächenräumer. Und ganz sicher nicht der Südpol. Vor ihnen erstreckte sich ein See und hinter ihnen eine felsige Ebene. In der Ferne ragten die hohen Mauern einer befestigten Stadt auf. Die Erde unter ihnen bebte leicht.
    »Wo zum Teufel sind wir?«, keuchte Xij – und schrie im nächsten Moment gellend auf.
    Matt folgte ihrem Blick abwärts, wo sich feine Risse im trockenen Boden gebildet hatten. Und schreckte heftig zurück.
    Sie mochten vielleicht nicht beim Teufel sein – aber die Vorboten der Hölle hatten sie bereits erwartet...
    ENDE
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