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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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der Platz mit Grao, Matt und den Angreifern immer kleiner. Wie in einem Puppenspiel zuckten die Körper in der Tiefe an unsichtbaren Fäden.
    Xij schloss die Augen. Jeden Moment konnten sich die Krallenfinger der Kunstwesen lösen und sie dem Tod preisgeben. Sie begriff, wie machtlos sie war. Es gab nichts mehr, was sie tun konnte. Bis auf eines...
    ***
    In einer anderen Zeit
    » Da vorn ist die Qualle!« Pan’dorah wies aufgeregt voraus. »Ei’dan, bring uns dorthin!«
    Gilam’esh folgte Pan’dorahs Aufforderung. Er instruierte den Delfin, an dem er sich festhielt. Der Meeressäuger tat ihm den Gefallen, den Kurs zu ändern. Alle drei Delfine hielten auf die Transportqualle im seichten Wasser zu.
    Nur wenige Augenblicke später hatten sie sie erreicht. Gilam’esh ließ die Rückenflosse los. Mit gezogenem Blitzstab drang er als Erster in das bionetische Gefährt vor. Pan’dorah und Quart’ol folgten ihm. Als er den Ringwulst passiert hatte, erkannte Gilam’esh, dass Sam’esh fort war. Im hinteren Bereich der Qualle standen zwei große Behälter.
    »Was ist das?« Quart’ol schwamm näher an die Kisten heran.
    Pan’dorah drängte sich an ihm vorbei. Sie verlor keine Zeit und öffnete eine der Verriegelungen. Vorsichtig hob sie den Deckel an. Ihr Gesicht zeigte Überraschung. »Es sind keine Ratten darin. Vielleicht hat er sie schon freigelassen.«
    Die beiden Hydriten sahen an ihr vorbei in die Kiste. Gilam’esh wies auf den durchsichtigen Behälter, der auf dem Boden stand und das untere Fünftel des Gefäßes ausfüllte. »Und was ist das?« Der Behälter im Innern war zu klein, um für Ratten gedacht zu sein.
    Pan’dorah zögerte. »Ich weiß es nicht. Vielleicht hatte er eine kleinere Säugetierform dabei, oder...« Sie stockte zweifelnd. »Ich verstehe das nicht. Was, bei allen Strömungen, könnte Sam’esh darin transportiert haben?«
    »Flöhe!« Quart’ol wich entsetzt zurück. »Wisst ihr noch, wie wir mit ihm darüber gesprochen haben, ob sich Flöhe als Träger des Impfmittels eignen? Er muss sie als Überträger benutzen. Es sind nicht die Ratten, die den Menschen gefährlich werden können.«
    Pan’dorah stützte sich an der Quallenwand ab. »Bei allen Meeren, du hast recht. Ratten können die Seuche nicht übertragen, aber ihre Flöhe tun es. Wenn die Ratten sterben, suchen sich die Flöhe andere Wirte und...« Sie ließ den Satz unvollendet.
    »Kommt!« Eilig drängte Gilam’esh sie zurück zur Öffnung. Sie sahen einander an. Jedem war klar, was sie zu tun hatten. Sam’esh musste aufgehalten werden, auch wenn das bedeutete, gegen die Gebote des Friedens zu verstoßen.
    Gilam’esh legte alle Kraft in seine Schwimmzüge. Sie mussten Zeit aufholen. Hastig kraulten sie ans Ufer und suchten nach Spuren. Es hatte gerade erst geregnet. Im weichen Sand fanden sie Fußabdrücke Sam’eshs, die von der Qualle fortführten. Sie zeichneten sich deutlich auf dem nassen Untergrund ab.
    Pan’dorah besah sich die Spuren. »Das habe ich befürchtet. Sie gehen zur Siedlung hin.«
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, rannten sie los. Gilam’esh behielt die Fährte im Auge, auch wenn die Richtung feststand. Er wollte keine unliebsame Überraschung erleben. Sam’esh rechnete sicher damit, dass sie ihm folgen würden. Zu ihrem Vorteil hatte er vermutlich nicht bedacht, dass sie mit den Delfinen fast so schnell vorangekommen waren wie er mit der Qualle.
    Trotz der anstrengenden Verfolgung und aufgrund der plötzlichen Umstellung schmerzenden Lungen fand Gilam’esh Gelegenheit, nachzudenken. Sam’esh ließ einen Erreger auf die Menschheit los, vielleicht sogar die Pest. Wenn er diesen Wahnsinnigen rechtzeitig einholte, würde er damit die Zukunft verändern? Würde die Pest dann vielleicht niemals auftreten? Durch alte Aufzeichnungen und seine geteilten Erinnerungen mit Matthew Drax wusste er von dieser furchtbaren Seuche. Sie hatte Asien und Europa immer wieder heimgesucht. Woher genau sie gekommen war, blieb umstritten.
    Sie legten einen halben Kilometer zurück. Gilam’esh fühlte, wie seine Schuppenhaut trotz der Luftfeuchtigkeit auszutrocknen begann. Die Sonne brannte vom Himmel, dass selbst der Schatten der Palmen kaum Linderung brachte. Bald schon würde der Sand staubtrocken sein.
    Pan’dorah stieß ein Zischen aus. Sie blieb stehen.
    Gilam’esh erkannte, was sie dazu veranlasst hatte. Vor ihnen lag sandiger Untergrund, es gab keine Spuren mehr. Er spähte in die Büsche und ins Unterholz,
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