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315 - Apokalypse

315 - Apokalypse

Titel: 315 - Apokalypse
Autoren: Christian Schwarz
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bei den Anasazi, nicht anders gewesen. Eine Auswirkung der Zeitblasen bei deren Entstehen.
    Die Zeitreisenden erreichten das Ufer fast gleichzeitig. Eine schmale Treppe führte die Kaimauer empor direkt auf den Markusplatz. Tropfnass stieg Matt als Erster aus dem Wasser. Niemand beachtete ihn, denn jeder hatte mit sich selbst zu tun.
    Der Boden unter ihm bebte nach wie vor. Ein unangenehmes Gefühl. Matt verschaffte sich einen Überblick. Er sah Händler, Bürger und Soldaten, Arme und Reiche, viele blutend und mit weit aufgerissenen Augen. Eine ältere Frau rannte blindlings in ihr Verderben, indem sie Schutz unter Hausdächern suchte, anstatt die Mitte des Platzes aufzusuchen. Und über allem lag der Geruch von Seeluft, Algen, Schweiß, Dreck, verfaultem Fleisch, Fisch, Tierdunst, Staub und Blut.
    Hinter ihm stiegen Xij und Grao aus dem Wasser. Matt beachtete sie nicht weiter. Erst als einige Männer und Frauen plötzlich stehen blieben und wie vom Donner gerührt an ihm vorbei starrten, drehte auch er sich um.
    »O shit«, entfuhr es ihm. Gleichzeitig wurde ihm heiß und kalt. Und das lag an Grao’sil’aana, der es versäumt hatte, sich ein menschliches Aussehen zu geben! Wie ein Wesen aus den Tiefen des Meeres stand die schuppige Echse auf der Treppe.
    Einige Männer begannen zu brüllen und mit dem Finger auf Grao zu zeigen, während die Frauen magische Abwehrzeichen machten. Matt glaubte aus dem Wortschwall immer wieder die Begriffe »strega« und »peste« herauszuhören.
    Soldaten mit Spießen eilten herbei.
    »Los, weg hier!« Matt stieß zwei Männer rüde zur Seite und rannte am Kai entlang vom Markusplatz weg. Grao, noch immer in seiner Echsengestalt, räumte ebenfalls drei Soldaten aus dem Weg. Im Zickzack spurteten sie an weiteren Menschen vorbei und verschwanden schließlich in einer Seitengasse.
    »Los, weiter«, keuchte Matt. »Die sind uns auf den Fersen, das werden immer mehr.« Und an den Daa’muren gewandt: »Nimm endlich Menschengestalt an, verdammt!«
    Graos Körpermasse verschob sich und nahm eine Form an, die ihm und auch Matt vertraut war: die des Händlers Hermon. Dessen Kleidung formte der Gestaltwandler gleich mit aus.
    »Okay, weiter!«
    Sie drangen tiefer in das Gassengewirr ein, stießen überall auf herumirrende Menschen und Leichen und erreichten schließlich den ersten Kanal. Sie spurteten über eine Brücke, während das Gebrüll hinter ihnen lauter wurde. Ein schmaler Durchgang öffnete sich zu einem kleinen Platz hin. Noch immer bebte die Erde, noch immer fielen Steine auf die Gassen und Plätze.
    Nicht weit von Matt entfernt schob ein schwarz gekleideter Mann mit schwarzem Tuch vor dem Gesicht eine hölzerne, zweirädrige Karre über das holprige Kopfsteinpflaster. Drei Leichen lagen darauf. Matt glaubte, dunkel gefärbte Geschwüre im Gesicht eines der Toten zu erkennen. Das waren keine Opfer des Erdbebens...
    Die Pest!, durchzuckte ihn die Erkenntnis. Verflucht – wir sind im frühen Mittelalter gelandet!
    Sie wichen der Totenkarre weiträumig aus und erreichten schließlich einen breiten Kanal, auf dem einige Gondeln schaukelten. Der Canal Grande? Auch hier gab es beträchtliche Zerstörungen. Ganze Hausteile waren in sich zusammengefallen, hatten einige Gondeln versenkt. Aber nun bebte die Erde nicht mehr.
    Matt sah sich gehetzt um. Der Mob war nicht mehr weit hinter ihnen, das Gebrüll wurde immer aggressiver. »Wohin?«
    »Über die Brücke, schnell. Ich weiß, wo wir uns verstecken können«, keuchte Xij.
    »Woher...«, begann Matt, wurde aber von ihr unterbrochen.
    »Ich war schon mal hier – in einem früheren Leben.«
    Sie enterten die steil nach oben führenden Stufen einer überdachten Brücke. Zuerst Matt, dann Grao in Hermons Gestalt, als Schlusslicht Xij. Als sie den Scheitelpunkt erreichten und auf der anderen Seite wieder hinabhasten wollten, erschütterte ein neuerlicher Erdstoß die Stadt.
    Matt schrie. Die Brücke bebte so stark, dass er gegen die Seitenwand geworfen wurde. Gleichzeitig knirschte es bedrohlich. Er sah den Riss, der sich vor ihm quer über den Stufen bildete und blitzschnell größer wurde.
    Dann sackte ein Teil der Stufen weg. Während die Steine ins Wasser fielen, setzte Matt mit einem Sprung über die Lücke weg, federte beim Landen in den Knien ab, kam trotzdem ins Straucheln, fing sich aber wieder. Grao/Hermon landete neben ihm, während ein weiterer Teil der Brücke abbrach.
    Matt stand bereits an deren Fuß und sah zurück. Es
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