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2935 - Leichen lügen nicht

2935 - Leichen lügen nicht

Titel: 2935 - Leichen lügen nicht
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Präziser gesagt: Sie wurde erstochen. Todeszeitpunkt zwischen ein und fünf Uhr morgens.«
    Er reichte uns ein Foto. Es zeigte eine hübsche junge Frau mit blonden Haaren und ebenmäßigen Zügen. Sie war stark geschminkt und hatte ein kleines, sichelförmiges Muttermal unter dem linken Ohrläppchen. Ihre Augen waren geschlossen. Die Frau war tot.
    Ich verstand immer noch nicht, was Phil und ich damit zu tun hatten. Mordfälle sind in unserer Stadt in der Regel eine Sache des NYPD.
    Mr High schien unsere Gedanken erraten zu haben. Er blickte Tom Brown an.
    »Erzählen Sie den Agents, was Sie bei der Leiche gefunden haben.«
    »In Ordnung.« Der Lieutenant wandte sich uns zu. Seine Miene war konzentriert und angespannt. Ein kleiner Schweißtropfen lief langsam die linke Schläfe hinunter. Vermutlich war es sein erster Besuch im Field Office.
    »Viel haben wir leider nicht sicherstellen können. Der Mörder hat ihr alle persönlichen Dinge abgenommen. Dabei hat er allerdings eine angebrochene Schachtel Zigaretten und einen Kaugummi übersehen.«
    Tom Brown holte zwei Klarsichthüllen aus einer Tasche und legte sie vor uns auf den Tisch. Ich betrachtete sie ohne großes Interesse.
    »Offenbar wollte er verhindern, dass wir die Identität der Frau allzu schnell lüften.«
    »Sie wissen also immer noch nicht, wer sie ist?«, fragte ich.
    Der Lieutenant schüttelte den Kopf.
    »Wir haben ihr Foto auf unsere Fahndungsseite gestellt. Außerdem haben wir Röntgenbilder ihres Zahnschemas an sämtliche Zahnärzte und kieferorthopädische Kliniken geschickt. Bisher ohne Reaktion.«
    Mr High nickte dem etwas umständlichen Cop auffordernd zu. Tom Brown hatte offenbar etwas vergessen.
    »Ja, richtig – dann war da noch dieser Schlüsselanhänger.«
    Er kramte eine weitere Klarsichthülle hervor. Sie enthielt Beweisstück Nummer drei.
    »Der Anhänger lag etwa drei Meter abseits der Toten, unter einer Straßenlaterne. Es ist also nicht sicher, ob er tatsächlich zu ihr gehört.«
    »Er könnte auch dem Mörder gehört haben«, fügte Mr High vielsagend hinzu und sah uns mit einem merkwürdigen Blick an.
    »Sieht aus wie ein ganz gewöhnlicher Schlüsselanhänger«, zuckte Phil die Schultern.
    »Nur auf den ersten Blick«, korrigierte unser Chef.
    Ich nahm den Anhänger in die Hand und musterte ihn stirnrunzelnd.
    Dann wusste ich, was unser Chef meinte.
    Santa Claus . Ein kleiner, flacher Schlüsselanhänger aus Metall, der den Kopf des Weihnachtsmanns zeigte. Rote Mütze, weißer Bart. Ich drehte den Anhänger um.
    Die Gravur. Es lief mir heiß und kalt den Rücken runter.
    » Merry Xmas – FBI .«
    Als ich den Blick hob, traf ich auf den unseres Chefs.
    »Kommt Ihnen der Anhänger irgendwie bekannt vor, Jerry?«
    Und ob. Dieser Santa-Claus-Schlüsselanhänger war die Eintrittskarte zur letzten FBI-Weihnachtsfeier gewesen. Im Jahr davor war es ein vergrößerter Computerchip gewesen, davor eine Spielkarte mit dem FBI-Chef als Herz König.
    Im letzten Jahr war es ein Schlüsselanhänger.
    »Dann ist Ihnen auch klar, was das bedeutet?«, fragte Mr High. Eigentlich war es eher eine Aufforderung als eine Frage.
    »Entweder der Mörder oder sein Opfer waren anscheinend Gast auf unserer letzten Weihnachtsfeier«, schluckte Phil.
    »Oder einer von beiden hatte engeren Kontakt zu einem der Teilnehmer«, ergänzte unser Chef.
    Ich runzelte die Stirn. Die Vorstellung, vor wenigen Wochen einem Mörder die Hand geschüttelt zu haben, gefiel mir ganz und gar nicht. Mit seinem Opfer auf Weihnachten angestoßen zu haben war ein kaum reizvollerer Gedanke.
    Jedenfalls wusste ich endlich, warum uns Mr High bei dem Gespräch dabeihaben wollte.
    »Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, wem dieser Schlüsselanhänger gehört«, sagte unser Chef eindringlich. »Erst dann können wir einschätzen, in welcher Beziehung die Person zum FBI steht. Oder stand.«
    In dem Moment klingelte das Handy des Lieutenant. Er entschuldigte sich und trat ein paar Schritte zur Seite.
    Nach kurzem Gespräch steckte er das Handy wieder ein und drehte sich zu uns um.
    »Das war eine Zahnklinik in Brooklyn. Die Tote hat sich dort vor zwei Jahren ein Implantat einsetzen lassen. Ihr Name ist Nancy West, 25 Jahre alt, wohnhaft 27, Rutgers Street.«
    Einen Steinwurf entfernt von dem Ort, an dem sie ihr junges Leben ausgehaucht hatte.
    ***
    Bevor wir in die Rutgers Street aufbrachen, hatten wir uns sämtliche Fotos angesehen, die bei der internen Feier gemacht
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