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289 - Circus des Schreckens

289 - Circus des Schreckens

Titel: 289 - Circus des Schreckens
Autoren: Jana Paradigi
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auch von veralteten Ideen lösen musste, wenn sie einem mehr schadeten als halfen.
    Andererseits fühlte er es noch immer, dieses warme Prickeln im Magen und tiefer, wenn er sie ansah. Egal wie kühl und abweisend sie auch war, seine Gefühle für sie ließen sich nicht so einfach abschütteln. Vielleicht würde dieser Ausflug auf andere Weise eine Wendung bringen. Vielleicht wenn er ihr fern des Betriebs um ein Lagerfeuer kauernd nah sein konnte. Vielleicht würde sie so erkennen, was er für sie war. Was er für sie sein konnte. Was er für sie sein wollte. Ein Freund. Ein Geliebter. Ein Ehemann und Vater ihrer Kinder.
    »Wir wandern langsam«, verkündete Elinja in Barans Gedankenfluss hinein. »Dafür gibt es keine Pausen. Also haltet eure Trinkschläuche und etwas zum Kauen griffbereit. Angehalten wird erst, wenn wir am Abend die Grenze zur südlichen Industrieanlage erreicht haben.«
    Ja, sie war härter geworden, aber trotzdem würde er nie vergessen, wie sie damals ausgesehen hatte - so verführerisch und weich in dem Kaftan, der ihre Körperform im Wind umspielte. Die Haare, die sie nicht mehr streng zum Zopf gebunden, sondern offen trug. Diese Augen, die so sehr zu leuchten begonnen hatten, je mehr sie von dem Projekt erfahren hatte. Er war sich sicher, etwas davon steckte noch in ihr, tief unter der Härte vergraben.
    Versunken stapfte Baran als Nachhut der Truppe hinterdrein, das Gewehr geschultert, trotz des über seinen Kopf hinausragenden Rucksacks. Es dauerte eine ganze Weile, doch als die verdunkelte Sonnenscheibe über ihren Zenit hinaus war, spürte er schließlich das leichte Unbehagen, das ihn warnen wollte. Irgendjemand oder irgendetwas beobachtete sie und folgte ihnen unerkannt.
    Baran knurrte, packte seine Waffe und lud durch. Sofort waren auch die Vordermänner von dem Geräusch alarmiert. Elinja dagegen drehte sich im Marschieren um und hob eher mahnend die Braue, keinen unnötigen Stress zu verursachen. Sie schien nichts zu spüren, doch in Barans Nacken stellten sich die Härchen auf. Sein Blick huschte forschend über die kärgliche Sumpflandschaft, die in Ufernähe von zerklüfteten Felsen gesäumt war.
    Solche Expeditionen bergen vielerlei Gefahren , hörte er den religiösen Berater in der Erinnerung raunen. Doch zum Nachdenken blieb keine Zeit mehr. Ihr Verfolger schien ihre plötzliche Aufmerksamkeit gespürt zu haben. Baran glaubte noch ein leises, aber tiefes Brummen zu hören, dann sah er ihn. Ein Leopard stürmte zwischen zwei Felsen hervor, den Körper unter die knöchrigen Schulterblätter geduckt, den Kopf vorgereckt. Zwei Galoppsprünge, dann stieß er sich ab und hechtete auf Elinja, die Kleinste und Zierlichste der Gruppe zu.
    »Kopf runter!«, brüllte Baran noch, dann riss er das Gewehr in die Höhe, drückte ab und schoss sein Magazin leer.
    Es war der Leopard, der getroffen zu Boden ging. Dennoch keuchte Baran auf, als das Adrenalin seinen Körper noch nachträglich flutete, ihn allein schon im Angesicht der Möglichkeit zittern ließ. Aber nein. Ein versehentlicher Treffer in Elinjas Brust hätte ihn in den Herzen und Seelen ihrer Anhänger zum Feind werden lassen. Es musste anders geschehen, ohne sein offensichtliches Zutun.
    »Verdammt, das war knapp«, stieß einer der anderen Männer hervor und auch Elinja wirkte für einen Moment baff und aus dem Konzept gebracht. »Danke«, brachte sie schließlich über die Lippen, gefolgt von einem kleinen Lächeln, das ihm wie warmer Honig auf der Zunge zerschmolz.
    »So haben wir noch dazu eine kräftigende Mahlzeit und Fell für einige neue Handschuhe«, fügte Elinja an, und schon schmeckte der Honig wieder wie bitteres Teeblatt.
    Sie befestigten eine Lederschnur um die Pfoten des Leoparden und banden eine lockere Acht, damit ihn einer der Männer über dem Rucksack schultern konnte.
    Der Rest des Marsches verlief schweigend. Nur das Knacken der Eisschollen auf den sumpfigen Pfützen, das Knirschen des Schnees und das leise Heulen des Windes waren zu hören, bis vor ihnen im Dämmerlicht die ersten Ruinenspitzen des Fabrikgeländes auftauchten.
    Der Großteil der Hallen war eingestürzt. Allein das Hauptgebäude mit seinem Überwachungsturm sowie die wassernahen Turbinenräume hatten im Groben ihre Form erhalten.
    Elinja gönnte dem Trupp eine kurze Verschnaufpause, damit sie die nötigen Werkzeuge und Hilfsmittel aus den Rucksäcken holen konnten. Dann ging es tiefer in die Anlage hinein. Trotz der Dunkelheit verzichteten
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