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289 - Circus des Schreckens

289 - Circus des Schreckens

Titel: 289 - Circus des Schreckens
Autoren: Jana Paradigi
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angeberisch, die Bewegungen zu aufgesetzt. Das Publikum spendete ihm dennoch den verdienten Beifall. Aber Elinja hatte jedes Mal eine kleine Träne im Auge.
    »Warte nicht zu lange, Elinja«, raunte der Hodschatoleslam weiterhin hartnäckig in ihrem Rücken. »Wenn nach den Tieren auch die Menschen sterben, werden sie einen Schuldigen für das Unglück suchen und den verfluchten See.«
    Die Direktorin verengte die Augen und fuhr herum. »Was wisst ihr über die Vorfälle und was über den See?« Es war nicht zu übersehen, dass etwas mit dem Gewässer nicht stimmte. Draußen herrschten zweistellige Minusgrade, jedes Krümelchen Erde, ja sogar die Luft erstarrte unter dem kleinsten Lufthauch. Nur das Wasser des Sees blieb auf wundersame Weise davon unberührt. Ein Vorteil, weil sie auf diese Weise Trinkwasser und auch Salz gewinnen konnten. Denn das kaspische Meer war beides zugleich: Süßwasser- und Salzwassersee, dort wo es auf die Zuläufe zum Meer stieß.
    Statt eine Antwort zu geben, zog sich der Geistliche mit einem wissenden Lächeln zurück und Elinja durfte dem Drang nicht nachgeben, ihn hier und jetzt am Schlafittchen zu packen und die Antworten mit dem Stock aus ihm herauszuprügeln. Diesmal nicht.
    ***
    Am Ufer des Sees, Februar 2527
    Leichen! , schrillte es in Matts Kopf, als sein Fuß bereits einen der kalten glitschigen Körper streifte. Das ganze Seeufer war gepflastert mit Wasserleichen! Eine neben die andere gebettet, starrten sie vom Grund mit offenen Augen in den zugezogenen Nachthimmel.
    Mit einem entsetzten Aufkeuchen setzte Matt Drax zurück und konnte den Blick doch nicht abwenden. So grausam und skurril zugleich wirkte die Szene auf ihn. Da lagen keine Skelette oder bis zur Unkenntlichkeit aufgedunsene Leiber. Es sah im Gegenteil so aus, als hätte man sie eben gerade erst hineingelegt. Ungeschminkt und ohne die Kostüme zwar, aber Matt erkannte dennoch den einen oder anderen wieder.
    Da war die Frau, die ihn so überschwänglich bei ihrer Ankunft begrüßt hatte. Etwas weiter links davon ein Mädchen, kaum zehn Jahre alt. Es hatte mit einem Jungen lachend auf dem Vorplatz zu den Wohnwagen Fangen gespielt. Das war erst wenige Stunden her und nun lag die Kleine hier. Tot. Ertrunken.
    Und doch blickte sie mit einem so entspannten Gesichtsausdruck gen Himmel, dass der Mann aus der Vergangenheit es wagte, erneut ins Wasser zu waten, sich hinabzubeugen und die Kleine sanft herauszuheben.
    Noch bevor ihr Gesicht die Wasseroberfläche durchstoßen hatte, öffnete das Mädchen ruckartig die Augen und stieß einen schrillen Ton aus, der auch die restlichen Totgeglaubten mobilisierte.
    Matt wusste im ersten Moment nicht, wie er reagieren sollte. Verwirrt hielt er die Kleine weiterhin im Arm und ließ erst los, als das Mädchen ihn zischend anfauchte und mit den Fingernägeln über seine Wange fuhr. Ihre Gesichtszüge, frei von Schminke oder Maske, wirkten im matten Mondschein seltsam entstellt, verschoben und deformiert, genau wie ihr Hals. Wie beim Bären in seinem Käfig prangten auch bei ihr nun verhältnismäßig deutlich sichtbar größere Schuppen links und rechts an den Seiten, die sich rhythmisch bewegten.
    Kiemen! , erkannte Matt jetzt, wenn ihm auch die Zusammenhänge noch unklar waren. Für einen winzigen Moment dachte er an die Zeit zurück, als die Hydriten auch ihm Kiemen verpasst hatten, damit er sich in ihrem Reich bewegen konnte. Doch sie hatten sich entzündet und mussten wieder entfernt werden.
    Warum besaßen diese Menschen Kiemen? Um im See zu leben? Handelte es sich um eine Mutation oder waren auch sie das Ergebnis einer Manipulation?
    Die Antworten auf diese Fragen würden wohl auf sich warten lassen müssen. Der Weckruf der Kleinen hatte ihre Artgenossen aus ihrem nassen Schlaf gerissen. Und nun hatten sie es auf ihn abgesehen! Zumindest fürchtete Matt das, als sie ihre Hände nach ihm ausstrecken. Er wich zurück, doch die Gestalten setzten nach, packten ihn, zerrten an ihm und versuchten ihn unter Wasser zu zerren.
    Ohne die Schminke und Verkleidungen konnte Matt das Muster ihrer Verkrüppelungen noch deutlicher erkennen. Glitschige Haut und Schuppen… überall Schuppen, als wäre es das letzte verfügbare Kostüm im Faschingssonderausverkauf gewesen.
    Ihre Kiemenhäute klappten hörbar auf und zu, begleitet von einem Hecheln, als würden sie um Atemluft ringen. Sie mussten sich erst auf die Lungenatmung umstellen! Matt kannte das von den Hydriten her.
    Er nutzte diese
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