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284 - Augen der Ewigkeit

284 - Augen der Ewigkeit

Titel: 284 - Augen der Ewigkeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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senkte sich bereits dem Horizont entgegen, als sie Moong erreichten.
    »Der Tag und seine Schrecken finden ein Ende.« Matt hielt mit PROTO kurz vor der Dorfgrenze an.
    Sie hatten den Panzer noch nicht ganz verlassen, da musste er erkennen, dass er sich irrte. Geschrei erklang aus dem Dorf.
    Onrii! , war sein erster Gedanke.
    Er hoffte, dass er danebenlag. Denn wenn er recht hatte, was sollten sie gegen ihn unternehmen? Bereits im Labor hatte er ihnen bewiesen, wozu er fähig war.
    Dennoch zog Matt den Driller. »Du bleibst mit Roos hier!«, wies er Xij an.
    Seite an Seite rannten er und Aruula die letzten Meter ins Dorf. Kurz blieben sie stehen. Woher kamen die Schreie? Dort, von links. Aus Rev'rend Martyrs Zelt.
    Die matschigen Wege von Moong lagen verlassen vor ihnen. Eine eisige Klaue umklammerte Matts Herz. Die allabendliche Predigt des Rev'rends, alle Moonger an einem Ort vereint.
    »Schnell!«
    Sie hetzten zum Zelt, rissen die Plane vor dem Eingang zur Seite und sahen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Onrii stand vor Martyr und brüllte ihn an.
    »Dämonenaugen! Sie haben von mir Besitz ergriffen. Sie zwingen mich, fürchterliche Dinge zu tun. Ich kann mich nicht mehr lange wehren!«
    Die Besucher der Predigt knieten im Dreck, krümmten sich auf ihren Stühlen oder lagen regungslos über die Lehne des Vordermanns. Ihnen allen rann Blut aus der Nase. Ihr Schreien und Schmerzgewimmer war kaum zu ertragen.
    Matt war fest entschlossen einzugreifen. Diesmal gab es kein Zögern. Er musste Onrii aufhalten.
    Doch der Junge war noch stärker geworden. Er drehte sich nicht um, hatte Matts und Aruulas Ankunft vielleicht noch nicht einmal bemerkt, und doch wehrte er sich. Womöglich waren es aber auch nur die Augen, die sich wehrten. Schließlich hatten sie schon bewiesen, welcher Überlebenswille in ihnen steckte. Hunderte von Jahren in einem Tank!
    Wie im Labor traf ein Hammerschlag Matts Schädel. Er hielt den Driller ausgestreckt, wollte Onrii in den Rücken schießen, konnte aber keinen Finger krümmen. Seine Hände gehorchten ihm nicht mehr. So wie seine Beine. Mit Ächzen sank er auf die Knie und ließ den Driller fallen. Er stieß mit Aruula zusammen, die neben ihm zusammengesackt war.
    Schmerzenstränen schossen ihm in die Augen. Verschwommen sah er den Rev'rend auf seinem Podest stehen. Stehen? Tatsächlich. Er war der Einzige, der nicht zu Boden gegangen war.
    Auch aus seiner Nase tropfte Blut. Wie Matt schien er nicht fähig, sich zu rühren. Und doch strahlte seine Erscheinung keine Schwäche aus. Da stand er, steif wie ein Pflock und dennoch eine imposante Gestalt. Vor seiner Brust hing ein hölzernes Kreuz.
    »Beichte, Sünder!«, donnerte er. »Erkläre dich vor dem HERRN!«
    »Ich habe getötet.« Ein weinerliches Wimmern. Onrii stand mit gesenktem Kopf da, nichts weiter als ein Häufchen Selbstmitleid, das gerade im Begriff war, ein ganzes Dorf auszulöschen. »Und ich habe es genossen! Claire war noch ein Unfall. Ich habe die Beherrschung verloren. Doch Jacques Rainard, Frederic Wallot und alle anderen haben es nicht besser verdient.« Fast wäre er aus seiner selbstmitleidigen Rolle ausgebrochen. Die Stimme klang energischer, selbstbewusster. Doch es war nur ein kurzes Aufflackern. »Auch meine geliebte Roos habe ich umgebracht. Die Augen haben mich gezwungen.«
    »Roos lebt noch!«, wollte Matt schreien, doch lediglich eine Ansammlung unverständlicher Laute kam ihm über die Lippen.
    Rev'rend Martyrs Gesicht verzog sich vor Schmerzen. Mund und Kinn waren blutverschmiert. Sein linkes Auge hatte sich eingetrübt. Die geplatzten Adern wirkten wie Blut, das sich in Schlieren durch Milch zog. Dennoch verlor der heilige Mann nichts von seiner Stärke.
    Seine Stimme donnerte wie ein Gewitter über Onrii hinweg. »Wenn dich dein Auge zur Sünde verführt, so wirf es von dir! Es ist besser für dich, dass du einäugig in das Reich GOTTES gehst, als dass du zwei Augen hast und wirst in die Hölle geworfen. Höre die Worte des HERRN und tu, was ER dir befiehlt!«
    Onrii hob die Hände bis zum Gesicht und ließ sie wieder fallen. Er schluchzte.
    Martyr sah aus, als könne er jeden Augenblick zusammenbrechen. Vermutlich hielten ihn nur noch seine Sturheit und sein Glaube auf den Beinen. »Widersetze dich nicht dem Willen GOTTES, Elender. Tu es!«
    Und Onrii tat es.
    Matt war dankbar, dass er den Jungen nur von hinten sah. Bereits das ekelhaft saugende Geräusch reichte aus, ihm den Magen umzudrehen. Als
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