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265 - Das letzte Tabu

265 - Das letzte Tabu

Titel: 265 - Das letzte Tabu
Autoren: Manfred Weinland
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machte sich Lobsang richtig Sorgen. Mühsam schob er das Erlebte beiseite. »Komm zu dir! Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass du dich in… in ein solches Ding verliebt hast!«
    »Du verstehst es nicht.« Sofort ging Graulicht in Abwehrhaltung. » Ding! Du hast keine Ahnung. Die Frau… als ich sie betrachtete, war es, als wäre sie lebendig. Als könnte sie jeden Moment die Augen aufschlagen!«
    Lobsang schüttelte fassungslos den Kopf. »Du hast es mir doch selbst mehr als einmal erklärt: Dort im Strahl existiert nichts Echtes. Das sind alles nur… Kopien. Ehrlich, Grau, was du da von dir gibst, macht mich ratlos. Wenn du mal anfangen würdest, mit offenen Augen durch unsere Welt zu gehen…« Er redete sich in Eifer, was für ihn völlig ungewohnt war. Als er sich dabei ertappte, verstummte er abrupt. Nach einer Weile, in der sie sich nur stumm anstarrten, sagte er: »Allein hier in Utopia gibt es unzählige Frauen, die dir gefallen könnten. Du brauchst keine Traumbilder.«
    Völlig unerwartet entspannte sich Graulicht. »Vielleicht hast du recht - es tut mir leid, ich wollte dich nicht so anfahren… und auch nicht mit Bildern überfallen. Der Strahl ist etwas, woran man langsam herangeführt werden muss.«
    Lobsang trat zu ihm und packte ihn an den Oberarmen, schüttelte ihn sacht. »Ist schon gut. Deine Gefühle suchten ein Ventil, und ich war nun mal in der Nähe…« Er räusperte sich. »Ich bitte dich nur, in dich zu gehen und dieses Hirngespinst nicht weiter zu verfolgen. Es verändert dich - nicht zu deinem Vorteil! Vielleicht sollten wir heimgehen. Die Stadt tut uns beiden auf Dauer nicht gut. Wir brauchen die Natur und die Natürlichkeit.«
    Graulicht musterte ihn seltsam. Schließlich seufzte er. »Ich bin froh, dass wir Freunde sind. Du erdest mich, wenn ich abzuheben drohe. Danke. Und jetzt«, er lächelte wie befreit, als wäre eine Last von ihm abgefallen, »lass uns nicht mehr darüber reden. Gehen wir in die Stadt. Ich fühle mich wieder bei Kräften. Stürzen wir uns in das pulsierende Leben Utopias, bis es uns wirklich zum Hals heraushängt - und dann sehen wir zu, dass wir die Stadt hinter uns lassen.« Abermals seufzte er. »Ja, der Wald… ich vermisse ihn schon länger, als mir klar war…«
    ***
    11. April 2526, Raumschiff CARTER IV
    Die ersten Minuten nach Matthew Drax' plötzlichem Erwachen waren von Hektik, umherhetzenden Leuten, aufgeregten Rufen und dem nicht enden wollenden Alarmton des Raumschiffes geprägt.
    Aruula, noch halb benommen von ihrem eigenen Traum, bekam wie in Trance mit, dass man Maddrax' Körper - den echten ! - aus der Vertiefung im Boden der Traumkammer zog und medizinisch versorgte. Dann war Clarice bei ihr und kümmerte sich um sie.
    »Was… ist passiert?«, fragte Aruula verwirrt. »Wie geht es Maddrax?«
    Clarice blickte sich kurz nach dem Mann aus der Vergangenheit um, der eben auf eine Trage gelegt wurde. Es würde Minuten dauern, bis er überhaupt ansprechbar war. »Soweit ich es mitbekommen habe, geht es ihm gut«, entgegnete sie. »Er ist durch deinen Schrei aufgewacht.«
    Die Erkenntnis ernüchterte Aruula schlagartig. »Dann bin ich schuld, wenn…« Sie brach ab und sah Clarice erschreckt an. »Was ist mit dem Reaktor? Werden wir jetzt alle sterben?«
    Die Marsianerin legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Aber nein. Wie schon kurz nach dem Unfall wird es einige Zeit dauern, bis die Strahlungswerte einen kritischen Punkt erreichen. Bis dahin sind wir längst in den Rettungsbooten. Der Mars ist jetzt so nahe, dass wir alle darin überleben können, bis man uns holt…«
    Sie brach ab, als der Alarmton plötzlich verstummte. Es gab Aufregung unter den Crewmitgliedern, als offenbar eine Nachricht die Runde machte.
    »Moment.« Clarice erhob sich, ging zu der Gruppe Marsianer hinüber und kam mit neuen Informationen zu Aruula zurück. Ihr Gesicht war ein einziges Fragezeichen. »Die Bleiplatten am Reaktor haben sich nicht aufgelöst!«, sagte sie fassungslos. »Matt ist wach, aber sie bestehen weiterhin. Wie kann das nur sein…?«
    ***
    Damit, dass Matthew Drax' Traumbild weiterhin existent blieb, hatte niemand gerechnet. Inzwischen gab es eine recht einleuchtende Theorie: Der Traumkrake musste realisiert haben, dass die Strahlung sein Leben bedrohte - und ließ die Bleiplatten aus eigenem Antrieb und eigener Kraft weiter bestehen. Reiner Selbsterhaltungstrieb also.
    Ob man sich hätte sparen können, den Commander und Aruula fast
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