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Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Titel: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)
Autoren: Verena Kast
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Warum Lebensrückblick?
    Lebensrückblick – das klingt zunächst einmal nach Vergangenheit. Damit ist aber keinesfalls gemeint, dass man in der Vergangenheit nur schwelgt oder sie bedauert und damit der Gegenwart und der Zukunft ausweicht. Es geht darum, das gelebte Leben zu würdigen. Als junge Heranwachsende machen wir uns mehr oder weniger bewusst Pläne, wie denn unser Leben so sein sollte. Im höheren Erwachsenenalter fragen wir uns, was aus diesen Plänen geworden ist: Wir sind glücklich und auch etwas stolz auf Gelungenes, auf Erfahrungen, die weit über das hinausgehen, was wir uns einst erträumt haben, wir sind traurig und wehmütig darüber, dass sich einiges nicht realisiert hat. Es geht dabei um das Erinnern des ganzen Lebens, um Scheitern und Gelingen, um den ganzen Reichtum des Lebens. Und schließlich geht es darum, mit diesem Reichtum, der uns auch Kraft gibt, das Leben zum Tode hin gut leben zu können.
    Biografiearbeit ist nüchtern und respektvoll: Es geht nicht um das Glorifizieren der Vergangenheit oder das Starren auf die eigenen Fehler, nicht darum, sich als großartiges Opfer der Umstände zu verstehen, wohl aber darum, das Schwere zu sehen, und es durchaus auch zu beklagen: keineswegs aber, um in der Klage stecken zu bleiben, sondern um das Schwierige dann auch hinter sich zu lassen und dabei wahrzunehmen, was dennoch im eigenen Leben möglich war. Bleibt man im Beklagen der Vergangenheit stecken, die man ja nicht mehr ändern kann, kann man sich nicht dem zuwenden, was wirklich war, was einem die Vergangenheit noch »sagen« will. Gesucht ist der ruhige Blick, der wahrnimmt, was war – an Gutem und an Schlechtem –, ohne daran festzuhalten. Dann kommt – was immer auch war – der Reichtum des Lebens ins Gespür und Ideen für die Zukunft, so kurz oder lang die auch noch sein mag, blitzen auf. Es gibt in jedem Leben Erfahrungen, die eingekapselt sind, die eingefroren sind, und die durch die Erinnerung wieder ins Fließen kommen und die, ins Hier und Jetzt transportiert, Ressourcen für die Zukunft darstellen können.
     
    Viele ältere Menschen sagen von sich, sie würden sich vermehrt an ihre Kindheit und Jugend zurück erinnern – und das erfülle sie mit Freude, mit Erstaunen, mit Traurigkeit, mit Entsetzen. Sie erzählen gerne, wie es »damals« war, freuen sich, wenn jüngere Menschen, etwa Enkelinnen oder gar Urenkel nachfragen, es genauer wissen wollen. Manche schreiben solche Erinnerungen auf, denn sie wissen, wenn sie sterben, sind auch diese ihre Erinnerungen verloren. Ob die Nachkommen dann diese Aufzeichnungen wertschätzen, überlassen sie dem Schicksal. Ihnen jedenfalls sind diese Erinnerungen so bedeutsam, dass sie sie oft in mühsamer, wenn auch außerordentlich befriedigender Arbeit nicht nur erinnern, sondern auch noch formuliert zu Papier bringen oder sogar künstlerisch gestalten. Diese autobiografischen Erinnerungen weisen dabei über sich selbst hinaus: Es geht auch darum, dass die kulturellen Wurzeln eines Lebens und damit einer Familie erhalten bleiben. Auch die Einbettung des eigenen Lebens in die Zeitgeschichte wird dadurch sichtbar. Eine Zeitgeschichte, wie sie nicht von den Geschichtsbüchern übermittelt wird, sondern als Erfahrung von den Menschen, die sie gelebt haben, die in ihrem Lebensvollzug maßgeblich davon mit beeinflusst worden sind. Es mag ja sein, dass sich in dieser Biografiearbeit auch der Wunsch ausdrückt, in einer gewissen Weise »unsterblich« zu sein, etwas Substantielles zu hinterlassen. Wichtige Schlüsselerfahrungen im eigenen Leben werden vor den Augen der anderen Menschen, realen und vielleicht auch vorgestellten, benannt, ausgeführt, zur Disposition gestellt, den anderen Menschen geschenkt.
    Erinnerungen sind und bleiben ein großer Schatz, zunächst einmal für die Menschen, die sich erinnern, dann aber auch für die, die diese Erinnerungen lesen und dabei in ein anderes Leben eintauchen. Sie erfahren etwas von Lebensumständen und Lebensführung, die ihnen sonst unbekannt blieben. Erinnerungen sind ein Schatz für uns Menschen: Sie sind unser Ureigenstes, sie sind das, was uns von unserem Leben als Ganzem zugänglich ist und bleibt, wenn wir uns darum bemühen und unser Gedächtnis uns nicht im Stich lässt.
    Erinnern wir uns! Stellen wir uns vor, wie es damals war, als wir das erste Mal selber Rad gefahren sind: der Stolz, das Lebensgefühl, jetzt alles meistern zu können. – Für einen kurzen Moment wenigstens.
    Mit den
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