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2574 - Das Lied der Vatrox

2574 - Das Lied der Vatrox

Titel: 2574 - Das Lied der Vatrox
Autoren: Susan Schwartz
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führte Zeira sie, obwohl ihr Körper Qualen erdulden musste, doch die Uralte ließ

nicht locker.
    Sie formulierte einen Gedanken, dem sich rasch alle anderen anschlössen.
    Seid willkommen.
    *
    Die Vatrox hatten niemals an ein Leben nach dem Tod geglaubt. Starb der Körper, starb mit ihm

auch das Bewusstsein, alle Gedanken und Erinnerungen, all das, was die Persönlichkeit ausgemacht

hatte, die in jenem Körper gewohnt hatte. Starb und verwehte im Universum.
    Entsprechend gingen die Vatrox sehr pragmatisch mit dem Tod um, es gab so gut wie keine

Zeremonien, nur einen kurzen Abschied und anschließende Verbrennung. Der Toten wurde nicht weiter

gedacht, das war Vergangenheit. Trauer war nur ein Wort; die Toten wurden manchmal vermisst, doch

die Vatrox empfanden keinen Schmerz darüber. Was vergangen war, konnte kein Leid mehr

verursachen.
    Aber ... sie waren da. Jeder einzelne von ihnen, Mann, Frau, Kind. Egal, wie sie gestorben

waren.
    Sie waren alle da.
    Glücklich, endlich verstanden zu werden, wobei Zeit für sie kaum eine Rolle spielen dürfte,

verknüpften sie ihr Netz mit dem Großkreis, verbreiteten Zuneigung und Wärme. Vertrautheit.
    Wir sind das Vamu.
    Und das war das Vamu, das Erste und Einzige, das Bewusstsein des Volkes und jedes Individuums,

und es war einzigartig, weil es niemals verging, sondern blieb.
    Was Individuum war, ging im Tod in den anderen auf und wurde Vamu.
    Die Toten hatten von Anbeginn Einfluss auf die Lebenden genommen, hatten ihnen das Wort gegeben, hatten sie behutsam bis zu diesem Punkt geführt, ohne dass die Lebenden es bis dahin

begreifen konnten.
    Aber wieso gerade jetzt?, sandte Lucba Ovichat hinaus.
    Welch eine Frage gerade von dir. Du bist es, Lucba Ovichat. Du bist unser

Katalysator. Du hast unseren Ruf aufgenommen und übersetzt. Du hast dies geschaffen.
    Lucba schrie auf.
    Und nicht nur sie.
    Der Schock der Erkenntnis, dass sie die Ahnen hören konnten, dass das große Geheimnis des

Hintergrundrauschens endlich gelöst war, ließ die Kreise auseinanderbrechen. Überall auf der Welt

taumelten Frauen aus den Häusern, sahen sich fragend in die Augen, waren noch wie gelähmt.
    Zeira Conobims mentale Impulse erloschen, ihr Körper sank in sich zusammen. Lucba und die

anderen fielen aus der Trance und blickten auf die uralte Frau in ihrer Mitte. Dieser Kreis hatte

sie alle ihre Kräfte gekostet, ihr Körper war damit überfordert worden. Sie würde nie wieder

einen Kleinkreis leiten.
    Alle Frauen, auch Lucba, standen auf und verließen den Raum, stolperten wie Tausende andere

auch nach draußen auf den von der späten Sonne wie von Blut übergossenen riesigen Platz. Manche

irrten ziellos umher, andere, die immer noch unter Schock standen, schrien voller Entsetzen und

Panik.
    Vor allem bestand die mentale Verbindung trotz der zerfallenen Kreise immer noch auf eine

seltsame Weise, immer noch konnten die Frauen die Gedanken aller anderen hören.
    Dort draußen ist jemand. Wir sind nicht allein!
    Irgendwann drängte sich ein hell leuchtender Gedanke durch das Chaos und verbreitete

Zuversicht.
    Ist das nicht wunderbar?
    Und in der Tat, das war es. Nach und nach schüttelten die Frauen die Lähmung ab, begriffen,

was das zu bedeuten hatte, und anstelle des Entsetzens verbreitete sich Euphorie, wurde von

Gedanke zu Gedanke übertragen.
    Der Tod ist nicht das Ende!
    Das Volk der Vatrox besteht über den Tod hinaus.
    Unsere Ahnen sind immer noch da, alle, und wir können sie endlich hören!
    *
    Die Frauen tanzten und sangen, fielen einander in die Arme, nahmen sich an den Händen und

bildeten Kreise.
    Auch auf den Männerkontinenten fanden sich alle zusammen, einschließlich der Männer und

Kinder, und teilten die wunderbare Erkenntnis miteinander.
    »Wir sind es! Wir sind bei euch!«, sangen sie.
    Nun war das gesamte Volk der Vatrox wirklich eins, und das nicht nur im Geiste, sondern auch

auf greifbare Weise. Real.
    Während die größte Feier aller Zeiten begann, während immer noch mehr Frauen zusammenströmten

und sich zusammenschlössen, stand Lucba Ovichat am Fuß der Treppe und regte sich nicht.
    Sie hörte.
    Die Stimmen der Toten, und zwar jedes einzelnen von ihnen. Sie vernahm das Summen und Rauschen

nunmehr differenziert, konnte unterschiedliche Stimmen erkennen. Das meiste floss an ihr vorüber,

doch dann hörte sie auch vertraute Stimmen. Die sich direkt an sie wandten.
    Ja, Lucba, ich bin es, Cagra Honovoch.
    Ich
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