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249 - Showdown

249 - Showdown

Titel: 249 - Showdown
Autoren: Stephanie Seidel
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schwenkte seine Fackel, holte die Wände aus der Dunkelheit – und sah das Netz aus klaffenden Fugen. Es war überall! »Was zum…«
    Das waren Graos letzte Worte. Mit Donnergetöse brach der Boden ein, riss den überraschten Daa’muren mit sich. Die Wände begannen zu schwanken. Mumien stürzten herab und zerbrachen. Ihre Grabnischen folgten ihnen, dann die restliche Wand. Felsbrocken lösten sich aus der Decke; riesige Trümmer. Sie schlossen den Spalt im Boden, türmten sich über ihm auf.
    Der ohrenbetäubende Lärm ebbte ab und verhallte. Von der Decke rieselte noch etwas Staub herunter. Dann war alles still…
    ***
    Matthew Drax ahnte nichts von den Tragödien, die hinter ihm abliefen. Er hatte das Schamanengrab längst durchquert und war über eine in Stein gehauene Wendeltreppe einen Kamin hochgestiegen. Bei der fünfhundertsten Stufe hatte er zu zählen aufgehört. Aber jetzt war es geschafft: Ein letzter Schritt noch, und er stand in Daa’tans Reich.
    Surreal, so kam es ihm vor. Die hohen Kraterwände blendeten die Restwelt aus. Es gab plötzlich nur noch Himmel, Felsen und Lavagestein. Nichts in dem kahlen Rund lenkte den Blick ab von der prächtigen Oase im Zentrum, mit ihren Schatten spendenden Palmen, dem Gras und Gesträuch.
    »Schön, was?«
    Matt fuhr zusammen, als Daa’tan neben ihn trat. Der Junge musste neben dem Höhlenausgang gewartet haben – und das, obwohl sein Besucher eigentlich über den Kraterrand eintreffen sollte!
    »Woher wusstest du…?«, fragte Matt verblüfft.
    Daa’tan wies auf den Boden zu seinen Füßen. Matt musste ganz genau hinsehen, um es zu erkennen. »Pilzfäden?«, fragte er und Daa’tan nickte.
    »Sie wachsen auch hier, auf der Insel«, sagte er. »Und besonders gern, wo es dunkel und feucht ist. So wie in der Höhle, durch die du gekommen bist.«
    Da standen sie nun, Vater und Sohn, bloß eine Armlänge voneinander entfernt und doch nicht fähig, zusammenzukommen. Die innere Kluft zwischen ihnen ließ nicht einmal ein Gespräch zu! Matt rang um Worte, ohne Erfolg. Wie geht’s? wäre wohl kaum der richtige Einstieg gewesen.
    Genauso wenig wie Vorhaltungen – und davon hatte er eine ganze Menge auf Lager. Lays Tod war da nur die Spitze des Eisbergs. Aber er beherrschte sich, Aruula zu Liebe. Immerhin wollte er bei dem Jungen etwas erreichen.
    »Du bist gealtert«, sagte Matt schließlich.
    Daa’tan überlegene Miene schwand. Matt hatte einen wunden Punkt getroffen, das merkte er. Daa’tan vermied plötzlich den Blickkontakt. Matt hakte sofort nach.
    »Ich kann dir helfen«, sagte er. »Ich kenne einen Weg, deine Wachstumsschübe zu verhindern.«
    »Dagegen gibt es kein Mittel«, antwortete Daa’tan gereizt. »Grao hätte es mir sonst längst verraten.«
    »Kein Mittel – einen Weg«, sagte Matt. Und begann zu erzählen. Von den Hydriten, seiner Reise zum Mars, der Rückkehr durch den Zeitstrahl. Und von der phantastischen Auswirkung, die dieser auf alle lebende Wesen hatte. »Man wird quasi von Tachyonen umhüllt, die den Alterungsprozess verlangsamen«, schloss er. »Ich bin in den letzten neuneinhalb Jahren vielleicht um wenige Monate gealtert. Das funktioniert auch bei dir! Du brauchst nur mit uns kommen – mit deiner Mutter und mir.«
    »Hmm-m.« Daa’tan schien zu überlegen.
    Matt musterte ihn unterdessen. Sein Schwert Nuntimor hatte Daa’tan nicht bei sich, und was in dem länglichen Futteral an seinem Gürtel steckte, ließ sich nicht sagen. Es konnte eine Waffe sein, musste aber nicht.
    Auf jeden Fall war Daa’tan dramatisch gealtert. Vor einem Jahr sah er noch aus wie ein Neunzehnjähriger, jetzt würde man ihn für Matts Bruder halten. Seinen älteren Bruder. Und das, obwohl er gerade erst sechs Jahre alt war!
    »Es ist ein interessantes Angebot«, sagte Daa’tan in die Stille hinein. »Ich muss darüber nachdenken.«
    »Klar, mach das.« Matt hob die Schultern, spielte den Gleichgültigen. Was nicht leicht war unter dem prüfenden Blick dieser wachen, schillernd grünen Augen, die so sehr an Aruula erinnerten.
    Doch Matt schien bestanden zu haben, denn Daa’tan atmete plötzlich auf. »Gut, dann zeige ich dir jetzt erst mal meinen Thron. Ist nur ein Provisorium. Sobald ich Afra erobert habe, lasse ich mir einen neuen bauen. Passend für König Daa’tan!«
    Er lächelte, als er neben Matt in die Oase schritt, sah so entspannt aus. Man konnte fast glauben, dass der Sohn dreier Welten wirklich bereit war, in die richtige zu wechseln: in die
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