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249 - Showdown

249 - Showdown

Titel: 249 - Showdown
Autoren: Stephanie Seidel
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seinen Geist in der daa’murischen Kunst des Körperwechsels zu unterrichten. Die Anlagen dazu trug der Junge in sich. Er musste sie nur erwecken.
    Grao erreichte den Rand der Schlucht an derselben Stelle, wo auch Aruula und Rulfan das Dickicht verlassen hatten.
    Er sah die beiden sofort – und ein neuer Schrecken durchzuckte ihn. Die Flüchtenden hatten die Liane entdeckt, die er für die Besuche beim Steinthron benutzt hatte! Und sie hatten sie bereits zur Hälfte überquert!
    Mit weiten Tygersprüngen hetzte Grao zum diesseitigen Ende der Liane. Eigentlich waren es mehrere, zu einem festen Strang verflochten, der sein Körpergewicht aushielt. Leider auch das der Barbarin und des Albinos. Dass die Liane stark genug sein würde, um ihn zusätzlich zu tragen, wenn er den beiden folgte, wagte er zu bezweifeln.
    Da er keine weit reichenden Waffen bei sich trug, blieb ihm nur eine Möglichkeit.
    Grao bildete seine Rechte zu einer überdimensionalen, scharfkantigen Hummerschere aus und packte den verflochtenen Strang. Er grinste. Sie wollten über die Schlucht fliehen, Daa’tan, aber die Liane ist gerissen. Ein tragischer Unfall; es tut mir so leid um deine Mutter!
    Er wusste natürlich, dass sein Schützling die Geschichte bezweifeln würde.
    Aber Tote konnten nichts richtig stellen, das war der große Vorteil dieses Szenarios. Und wenn sich Daa’tan noch so grämte – am Ende würde er sich wieder mit Grao vertragen. Denn er hatte dann nur noch ihn.
    Aruula schrie kurz auf und umklammerte die Pflanzenstränge fester, als die Liane mit einem Male in Schwingungen geriet. Sie warf einen Blick über die Schulter – und schrie erneut.
    »Rulfan! Er ist da!«
    Auch der Albino sah zurück. »Verdammt!«, stieß er hervor. Seine Stimme war schmerzverzerrt. Irgendetwas – irgendeine Verletzung – verschwieg er vor ihr, vermutlich, damit sie sich keine Sorgen machte. Ha! Als ob das in ihrer Situation noch eine Rolle spielte!
    Aruula kniff die Augen zusammen, schärfte ihren Blick. »Er… er schneidet die Ranken durch!«, stieß sie dann hervor. »Er will, dass wir in den Abgrund stürzen!«
    Sie hatte es kaum ausgesprochen, als es schon passierte: Plötzlich gab die Liane unter ihr nach, und sie sackte nach unten weg. »Festhalten!«, klang Rulfans Ruf in ihren Ohren – eine Warnung der Marke »überflüssig«. Aruula krallte ihre Finger in das Pflanzenmaterial und schlang ihre Beine um die Liane.
    Die jenseitige Felswand war nur noch knapp fünf Speerlängen entfernt gewesen. Fünf Meter freier Fall, der mit einem Ruck endete, der ihr beinahe beide Schultern auskugelte. Aber sie schaffte es, den Halt zu wahren, und auch Rulfan, der jetzt über ihr hing, stürzte nicht in die Tiefe. Allerdings schrie er gellend vor Schmerzen, dass es aus der Schlucht widerhallte.
    Ein Schmerzensschrei – mehr geschah nicht. Grao hätte gotteslästerlich fluchen mögen, aber erstens kannten die Daa’muren keine Flüche, und zweitens glaubte er an keinen Gott. Tatenlos musste er mit ansehen, wie die beiden Flüchtenden zwar gegen die Felswand prallten, sich aber an der Liane halten konnten und nach wenigen Augenblicken mit dem Aufstieg begannen, dem jenseitigen Rand entgegen.
    Sie werden es bis zu Daa’tan schaffen und ihm von meinem Verrat berichten, dachte er in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung. Ich muss hinüber und sie aufhalten – aber wie?
    Wenn er doch nur einen der beiden Kristallsplitter bei sich gehabt hätte, dann hätte er Thgáan zu sich rufen können. Wo steckte dieser unnütze Lesh’iye nur?
    Nicht zum ersten Mal wünschte er sich, fliegen zu können. Zwar konnte er Großvögel nachbilden, zum Beispiel einen Avtar oder Eluu, oder auch einen Todesrochen, doch er hatte es nie geschafft, auch deren Flugfähigkeit nachzuahmen. Verschiedenen Daa’muren war dies am Kratersee gelungen – ihm nicht. Es sei denn…
    Eine Idee entstand in seinem Hirn. Ein Konzept, wie es auch einige Tiere nutzen, um Entfernungen im Gleitflug zu überwinden; ein Riesengleitbeutler beispielsweise, wie er in Ausala vorkam.
    Grao’sil’aana veränderte sich erneut, ließ eine schuppige Membran zwischen Armen und Rumpf und zwischen seinen Beinen entstehen. Zusätzlich bildete er einen langen dünnen Schweif aus, um die Fluglage zu stabilisieren.
    Natürlich konnte er auf diese Weise nicht fliegen, nur durch die Luft gleiten – und damit die andere Seite der Schlucht erreichen, wenn auch weiter unten. Zusätzlich ließ er gebogene Krallen
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