Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
Vom Netzwerk:
Uferböschung kriechen ließ, sah er durch dessen »Augen« den gewaltigen Leib eines schlafenden Rochens am Strand liegen. Es war tatsächlich der Mächtigste der Lesh’iye: Thgáan! Als das daa’murische Pilzwesen bei ihm war, öffnete der Todesrochen seine zahlreichen Augen. Gedankenschnell ließ Daa’tan einige Pilzfäden in den Rochen dringen. Er befahl ihm, nach Wimereux am Südwestufer des großen Sees zu kommen. (Dort wartet einer deiner alten Herren auf dich, und du erhältst über deinen Stirnkristall weitere Instruktionen), ließ er ihn auf Daa’murisch wissen. Dann lauschte er gespannt auf eine Antwort des Lesh’iye. Doch vergeblich: Mit einem Satz erhob sich Thgáan in die Lüfte. Noch bevor sich die Pilzfäden aus seinem Leib lösten, brach Daa’tans Verbindung zu ihm in einem plötzlichen Flammenmeer ab.
    Verdammte Kenyaaner!, fluchte er, während sein Geist sich aus der brennenden Hülle zurückzog. Würde der Todesrochen seinem Befehl folgen? Wenn nicht, würde Grao ihm doch niemals glauben, dass er Thgáan in Kenyaa aufgespürt hatte.
    Nach kurzem Zögern entschloss sich Daa’tan, nicht länger darüber zu grübeln. Er war sich sicher: Der Rochen hatte seine Botschaft verstanden. Warum sollte er der Order seiner einstigen Herren nicht folgen? Für ihn selbst wurde es Zeit, in den Kerker zurückzukehren.
    Über verschlungene Wucherungen und faserige Adern glitt er mit einer Höllengeschwindigkeit durch das Erdreich. Irgendwann hörte er Grao nach ihm rufen. »Daa’tan, steh auf! Die Wächter kommen!« Die Stimme des Daa’muren klang weit entfernt. Dennoch wusste der Junge, dass er sich beeilen musste. Noch war er nicht wieder vollständig in seinem Körper. Noch war er verbunden mit dem mutierten Pilzgeflecht. Und was geschah jetzt? Eine seiner Daa’tan-Kopien meldete ihm eine interessante Entdeckung…!
    Doch lauter und dringender als zuvor rief wieder Grao nach ihm: »Daa’tan!«
    Nur mit Mühe löste sich der Gerufene von dem Fund, den das Pilzwesen am Victoriasee gemacht hatte. Als Daa’tan wieder vollständig in der Zelle angekommen war, drängte er die Pilzfäden aus seinem Körper, kam auf die Knie und zog seine Bettstatt über den Bodenspalt. Erst dann blickte er sich um. Hatten die Wächter ihn in seiner Bauchlage auf dem nackten Betonboden bereits entdeckt? Hinter der Verglasung in der Außenwand war jemand zu sehen.
    »Grao?« Unsicher stand er auf und trat an die Schartenöffnungen. Vor seinen Augen flimmerte es, fast knickte er in den Knien ein. Jetzt erst merkte er, wie viel Kraft ihn die Aktion gekostet hatte. Nur langsam klärte sich sein Blick.
    Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den Daa’muren sah: Grao’sil’aana veränderte fortwährend seine Gestalt, bildete fremdartige Tiere, Monstrositäten und auch Menschen. Hinter den Scheiben standen staunend und fasziniert die kaiserlichen Wächter und drückten sich die Nasen platt.
    Er lenkt sie von mir ab, dachte Daa’tan, und eine selten gewordene Regung erfüllte ihn: Er spürte Zuneigung für seinen daa’murischen Ziehvater.
    ***
    Kenyaa, Nyaroby
    »Lass uns ein Bad nehmen, bevor wir zur Siedlung zurückkehren.« Spenza half der erschöpften Barah auf die Füße. Die ganze Nacht hatten sie an der Todesspalte, wie sie den Erdriss inzwischen nannten, gewacht. Nachdem sie gestern sämtliche Pilzfelder im Uferwald in Brand gesteckt und zwei Höhlen mit dem Woorm durchforstet hatten, waren sie am Abend hierher zurückgekehrt. Einer der Enkaaris hatte behauptet, ein schauriges Untier mit Stachelschwanz und Hörnern gesehen zu haben. Zwar hatten sie kein Untier gefunden, dafür aber neue Pilzflechten, die sie sofort abfackelten. Danach entschlossen sie sich, den Erdbruch zu bewachen. Sie schickten Boten zu Carah und der Priesterin: Die abgebrannten Pilzfelder mussten nochmals überprüft werden.
    Jetzt, bei Tagesanbruch, stellten sie erleichtert fest, dass keine neuen Pilzgeflechte mehr zu sehen waren. »Vielleicht haben wir die Wucherung gestern einfach nicht bemerkt.« Spenza schulterte ihre Fackeln und steckte die Feuerzünder in die Tasche seiner Hose.
    »Vielleicht«, stimmte ihm Barah zu. Wirklich überzeugt war sie nicht. Hatte sie nicht am vergangenen Abend am Grund der Spalte eines der grauen Wesen in Flammen aufgehen sehen? Möglicherweise hatte ihr aber auch nur die Angst einen Streich gespielt. Was man wohl in der Siedlung über die anderen Felder berichten würde?
    »Komm schon!«, rief Spenza und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher