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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
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seine roten Augen«, stöhnte eine andere. Ein Kind begann zu weinen.
    Was war denn jetzt los? Rulfan blickte verwirrt zu den Frauen, die sich ängstlich hinter den Rücken der Männer zusammen drängten. Er wusste ja, dass er mit seiner weißen Haut, den langen weißen Haaren und den roten Augen für die schwarzhäutigen Menschen in Afra einen ungewöhnlichen Anblick bot. Doch diese Reaktion hier hielt er für übertrieben. »Ich bin Rulfan von Salisbury und komme gerade von eurem Kaiser. Ich bin ein Mensch wie ihr und habe nur friedliche Absichten.«
    Die Umstehenden beäugten ihn argwöhnisch. Einer der beiden Breitschultrigen spielte nervös mit seinem Knüppel. Der andere blickte unsicher zum Einäugigen. Der zögerte noch. Rulfan wurde langsam ungeduldig. Welche Wesen auch immer ihr Dorf angegriffen hatten, sie mussten doch sehen, dass er aus Fleisch und Blut war. »Hier – ich stecke meinen Säbel weg!«, rief er und hob seine Waffe, um sie sich unter den Gürtel zu schieben.
    Doch die Geste wurde missverstanden. Der Breitschultrige mit den nervösen Fingern schwang seinen Knüppel. Gleichzeitig war ein tiefes Grollen aus den Büschen in seinem Rücken zu hören.
    Wie ein Pfeil schnellte plötzlich der schwarze Körper eines Lupa aus dem Unterholz und biss dem Angreifer in die Wade. Chira! Der Mann schleuderte seine Waffe von sich und brüllte, als wäre ihm Orguudoo persönlich begegnet. Rulfan nutzte den Moment: Er stürzte sich auf den Einäugigen und nahm ihm das Gewehr ab.
    »Ganz ruhig, euch wird nichts passieren«, rief er ihm und den entsetzten Leuten zu. »Die Lupa will mich nur beschützen! Sie gehört zu mir!« Doch die Menschen hörten ihn nicht. Sie schrien und rauften sich die Haare. Auch als Chira ihr Opfer längst freigegeben hatte und der Mann jammernd zu ihnen gehumpelt kam, wollten sie sich nicht beruhigen.
    Als dann auch noch Zarr aus dem Gebüsch sprang und sich mit seinen Riesenpranken grölend auf die Brust schlug, war das Chaos perfekt. Schreiend und kreischend flohen Frauen, Kinder und Männer in die Büsche.
    Innerhalb von Sekunden war der ganze Spuk vorbei. Rulfan war sprachlos. Hin und her gerissen zwischen Bedauern und Erleichterung, kraulte er das schwarze Fell seiner Lupa und klopfte Zarr auf die pelzige Schulter. Dann entdeckte er Lay zwischen den Bäumen. Spätestens jetzt verlor alles um ihn herum an Bedeutung. Er sah nur noch ihr strahlendes Lächeln und fragte sich, wie er jemals daran hatte denken können, ohne sie irgendwo zu leben.
    ***
    Im Kerker / Nyaroby
    Die ganze Nacht über hatte Daa’tan über die Kenyaaner geflucht, die mit ihrem Feuer seinen Kontakt zu der daa’murischen Präsenz verhindert hatten. Gerade noch rechtzeitig hatte er seinen Geist aus dem Doppelgänger aus Pilzfasern zurückziehen können, bevor der in Flammen aufging. Erst im Morgengrauen war es ihm endlich gelungen, über die Flechten und Sporen der fremden Pilzwucherungen außerhalb der Erdrisse die Feuergefahr zu unterwandern.
    Irgendwann stieß er auf ein breit angelegtes unterirdisches Höhlensystem, in dem sich ein graues Heer von Pilzwesen gesammelt hatte. Eine pulsierende Energie ging von ihnen aus.
    Der Pflanzenmagier glaubte Zorn und Zerstörung zu spüren. Was hatten sie vor? Wollten sie gegen die Bewohner der Siedlung in den Krieg ziehen? Wäre sein Symbiont eine Pflanze gewesen, er hätte es in Sekundenbruchteilen in Erfahrung gebracht und gegensteuern können. Aber wieder einmal musste er sich klar machen, dass dies keine Pflanze war, sondern ein eigenständiges Wesen, von dem er nur geduldet wurde – solange es Nutzen aus ihm zog.
    Er fluchte erneut, weil er nicht bleiben konnte. Zu gerne hätte er die Wesen kämpfen sehen. Doch die Zeit drängte. Bald würden die Wächter der Kerkeranlage kommen und die Versorgungskapseln mit dem Frühstück befüllen. Dann könnte er erst wieder am Nachmittag nach dem Rochen suchen. So lange wollte er nicht warten. Überhaupt war es diesen Kenyaanern zuzutrauen, dass sie mit ihrem Feuer alles verdarben. So riss er sich los und folgte den Pilzflechten in feuchtere Gefilde in Richtung Fluss.
    Schließlich spürte er wieder die vertraute Präsenz. Einen Augenblick lang hielt er inne. Gleich werde ich wissen, ob du Thgáan bist oder nicht, dachte Daa’tan und bildete eine weitere Pflanzengestalt aus. Diesmal in daa’murischer Form, um sich dem Rochen als ehemaliger Herr zu präsentieren. Während er das Wesen aus einem Graben am Fuße der
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