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244 - Der dunkle Traum

244 - Der dunkle Traum

Titel: 244 - Der dunkle Traum
Autoren: Volker Ferkau
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alles sehr kompliziert.«
    »Es gibt keine Nachricht.« Endlich schien Victorius zu begreifen. »Das alles hier war ein abgekartetes…«
    Seine Stimme versiegte, als sein Blick durch das Fenster in die Zelle fiel.
    Dort sprang Winda auf Daa’tan zu, der sich zur Seite fallen ließ und den Fängen des Raubvogels um Haaresbreite entging. Winda schnellte herum, so blitzartig, dass sie wie ein Schemen wirkte. Ihr riesiges Maul war weit aufgerissen. Daa’tan ging in die Knie und wartete auf den Angriff. Grao nebenan hatte die Handflächen auf seine Seite der Trennwand gelegt und beobachtete durch eine der dünnen Scharten mit glitzernden Echsenaugen den Kampf.
    Daa’tan wartete kaltblütig, was die Valvona zu irritieren schien, denn sie zuckte, wartete, zuckte wieder, machte einen Sprung zur Seite, dann stieß sie auf Daa’tan zu. Der hatte versucht, aus seiner Position die Bestie zu unterlaufen, was aber nicht gelang.
    Windas Maul versenkte sich in Daa’tans Oberarm. Blut spritzte. Der Junge riss sich los, presste die andere Hand auf die Wunde und taumelte zurück, die Augen vor Schreck geweitet. »Sie wird ihn töten…«, flüsterte Rulfan. »Er hat keine Chance!«
    Victorius neben ihm schnaufte. Etwa dreißig Sekunden waren seit dem Aufdrehen des Gashahns verstrichen. Bald musste das Betäubungsgas seine Wirkung zeigen.
    Daa’tan bewegte sich von links nach rechts, tänzelte in dem kleinen Raum, versuchte dem Tier keinen Anhaltspunkt zu geben. Aber Winda vertrat ihm den Weg. Ihre Zähne blitzten, Daa’tan zog den Kopf zwischen die Schultern und Rulfan wartete auf den Biss.
    Was dann geschah, wirkte gespenstisch.
    Ohne ersichtlichen Grund taumelte die Valvona plötzlich, warf sich gegen die Trennwand, was Grao einen solchen Schrecken versetzte, dass er rücklings zu Boden stürzte. Windas Körper bebte, ihre langen Beine zitterten wie Grashalme.
    »Das Gas!«, rief Victorius aus. »Es wirkt!«
    Im nächsten Moment aber musste auch er erkennen, dass nicht das Betäubungsgas die Valvona niedergestreckt hatte. Ihr Leib begann zu pumpen – als versuchte ein böser Geist, daraus zu entkommen. Sie schwoll an! Ihr Leib dehnte sich noch weiter, dann riss er auseinander, als habe jemand eine Bombe in ihm gezündet. Blut, Fleisch und Federn spritzten nach allen Seiten – und dazwischen wuchernde Pflanzenstränge, die Reste ihrer letzten Mahlzeit, die Daa’tan explosionsartig hatte wuchern lassen.
    Daa’tan drehte sich elegant wie ein Tänzer und versenkte mit einem mörderischen Stoß den ausgestreckten rechten Arm im Körper der Valvona, spießte den Vogel regelrecht auf. Windas Maul schnappte auf und zu, sie warf den Schädel zurück, kreischte – obwohl man den Laut durch das dicke Glas nicht hören konnte –, dann brach sie zusammen, während Daa’tan seinen Arm zurückzog und ihr Herz zwischen seinen Fingern pumpte.
    Die Valvona zuckte noch einige Male, dann war sie tot.
    Daa’tan schleuderte den Fleischklumpen auf den Betonboden, führte seine Finger zum Mund, als lecke er sich das Blut ab, und kam mit wiegenden Schritten zum Fenster herüber. Er grinste mit glänzenden Lippen, nahm zwei Finger hoch und malte rote Streifen auf seine Stirn.
    Victorius fuhr vom Fenster zurück, als habe ihn ein Schlag getroffen. »Ein Monster, bei den Göttern – er ist ein Monster«, keuchte er.
    Daa’tan taumelte, versuchte sich festzuhalten, aber das Gas und die Verletzungen forderten endlich ihren Tribut. Matts Sohn sank betäubt auf den Beton.
    Eine Minute später wurde auch Grao ohnmächtig. Und die Wächter machten sich unter Prinz Victorius’ Kommando daran, zur Schleuse hinauf zu steigen. Man musste alle Überreste des Vogels entfernen und Daa’tans Wunden versorgen, bevor er wieder zu sich kam.
    Aldous und Rulfan wurden derweil nach draußen gebracht. Beide standen unter Arrest.
    ***
    »Warum?«, fragte Rulfan, obwohl er die Antwort zu kennen meinte. Aldous, dem die Hände gebunden waren, blickte ihn durch die Gitterstäbe seiner Zelle an. Zumindest nahm Rulfan das an, denn er spiegelte sich in der Ray Ban-Sonnenbrille, die man dem Schamanen gelassen hatte. Rulfan fuhr fort: »Es gibt für mich eine Vielzahl Entschuldigungen und die meisten davon haben Hand und Fuß, dennoch bin ich dir auf den Leim gekrochen wie eine Flegge auf einen Zuckerkuchen.«
    Aldous schwieg.
    »Warum?«, beharrte Rulfan. »Warum hast du mich… benutzt?«
    Aldous seufzte und lächelte schief. »Weil du ein guter Mann bist, mein
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