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244 - Der dunkle Traum

244 - Der dunkle Traum

Titel: 244 - Der dunkle Traum
Autoren: Volker Ferkau
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Dorf hinab, keuchend, vom langen Schwitzen ausgelaugt, auf wackeligen Beinen und voller Angst, jeden Moment zusammenzubrechen. Er schaffte es bis zu seiner Hütte – und fand seine tote Frau darin, von einem Speer durchbohrt. Aldous schrie vor Schmerz auf, doch er gönnte sich keine Rast. Die Kinder – wo waren sie?
    Sie hätten überleben können, o ja, wenigstens sie, hätte das Unheil nicht eine neue Wendung genommen. Seine Kleinen hatten am Dorfrand unter einem Felsvorsprung gespielt. Eine Zeitlang hatten sie sich dort versteckt, aber jetzt, da sie ihren Vater aus der Hütte kommen sahen, wollten sie zu ihm in die vermeintliche Sicherheit.
    Aldous sah sie herankommen. »Bleibt, wo ihr seid!«, schrie er, aber zu spät! Auf dem Dorf platz erfassten die gigantischen Füße eines der Efranten die Kinder. Es war das Tier, auf dem der Anführer ritt.
    Aldous brüllte verzweifelt und wie von Sinnen, stürmte los und wollte, halb vom Irrsinn umnachtet, den Efranten mit bloßen Händen angreifen.
    Da stoppte etwas abrupt seinen Lauf. Als Aldous auf die Erde schlug, sah er fassungslos, dass sich ein dürres Gestrüpp um seine Fußgelenke gewickelt hatte – und sich nun die Beine hinauf schlängelte, als würde es leben! Gleichzeitig wand sich eine weitere Ranke um seinen Hals und schnürte ihm die Luft ab.
    Aldous verstand nicht, was geschah. Er wand sich in Schmerzen, während ihm die Sinne schwanden. Das Letzte, was er wahrnahm, war ein Dörfler – er erkannte M’baja, den Ersten Fischer –, der mit einer Harpune auf den Efranten des Anführers zu rannte. Der Mann im schwarzen Harnisch lachte und wandte sich dem neuen Angreifer zu. Im selben Moment ließ der Würgegriff um Aldous’ Kehle nach – und er sank in Bewusstlosigkeit.
    Als er erwachte, war alles längst vorbei. Das fremde Heer war weiter gezogen und hatte nur zerstörte Hütten und Tote zurückgelassen. Das Volk der Merraks war ausgelöscht. Aldous war der einzige Überlebende.
    Tagelang kämpfte er gegen den Wahnsinn an. In dieser Zeit wuchs sein Hass auf den Mann im Harnisch ins Unermessliche. Und so widersinnig es auch klang: Dieser Hass – indem er sich auf ein einziges Ziel konzentrierte: seine Rache – rettete Aldous’ Verstand.
    Als er alle Dorfbewohner beerdigt hatte, und nach einem Monat der Trauer, folgte er der Vernichtungsspur der Horde. Er würde diesen Mann töten, koste es was es wolle, und sei es sein eigenes Leben.
    Er erfuhr vom Kampf um die Wolkenstadt und dass der Anführer der Horde, Daa’tan mit Namen, die Schlacht verloren hatte. Er und sein oberster General, ein Mutant namens Grao’sil’aana, waren vom Kaiser eingekerkert worden. Warum man sie nicht hinrichtete, verstand Aldous nicht, aber es gestattete ihm, selbst den tödlichen Streich gegen den Schlächter zu führen.
    Er versuchte in den Kerker zu gelangen, aber dort gab es zu viele Wachen, als dass er sie hätte überwinden können. So besuchte er Wimereux-à-l’Hauteur, um Informationen über die Gefangenen und ihr Gefängnis zu sammeln, die er zu einem Plan schmieden konnte.
    Er erfuhr von den Kämpfern, denen der Sieg in einer schon verloren geglaubten Schlacht gelungen war: dem Weißen Matthew Drax, den man auch Maddrax nannte, seiner Gefährtin Aruula, dem Seher Yann Haggard und dem Barbaren Rulfan, einem Albino. Die ersteren drei waren zu fernen Landen aufgebrochen, während Rulfan nur wenige Tagesmärsche entfernt in ein Gebiet namens Taraganda aufgebrochen war, wo seine Liebste zusammen mit anderen Menschen und einer Horde Gorillamutanten leben sollte.
    Obwohl Aldous einmal sogar Prinz Victorius traf, den Konstrukteur des Kerkers, und wertvolle Informationen sammelte, fand er doch keinen Weg, zu Daa’tan zu gelangen und seine Rache zu vollenden. Auch begann er Aufmerksamkeit zu erregen; seine Nachforschungen bleiben auf Dauer nicht unbemerkt.
    Also verließ er einstweilen die Wolkenstadt wieder und konzentrierte sich auf Rulfan. Dem Helden aus der Schlacht um die Wolkenstadt und engen Freund des Prinzen würde man den Besuch des Kerkers gewiss nicht verwehren. Wenn er ihn auf seine Seite zog, würde ihm der Albino Tür und Tor öffnen.
    Doch zunächst musste Aldous ein Instrument seiner Rache finden. Denn er hatte erkannt, dass er im Zweikampf gegen Daa’tan nicht bestehen würde; zumindest war das Risiko eines Scheiterns zu groß. Auch ohne seine Pflanzenkräfte war ihm der junge, hoch gewachsene Mann körperlich überlegen. Es bedurfte eines Werkzeugs,
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