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2308 - Die Schattenlosen

Titel: 2308 - Die Schattenlosen
Autoren: Unbekannt
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eine von ihnen. Er hätte ein Heiler sein können oder ein Deuter.
    Er war klug wie eine Frau oder einer der alten Männer.
    Aber er roch wie ein junger Mann, in der Blüte seines Lebens ...
    Sie rieb sich die Arme. Die Fremden, die sich Terraner nannten, hatten ihr Kleider gegeben. Es waren keine Felle und auch keine gewebten Stoffe, wie sie sie kannte, aber sie wärmten – und dennoch fror sie. Die Wände, die Decke, selbst der Boden war kalt. Daran hatte sich nichts geändert.
    Jan hatte ihr erklärt, dass dies ein mächtiges Schiff sei, in dem die Terraner durch die Himmel jenseits des Himmels flögen, wie die Menschenwesen mit ihren Langbooten aufs Meer hinaus und zu den Inseln. Es fiel ihr schwer, das zu begreifen. Gab es denn wirklich mehr als nur einen Himmel? Aber sie versuchte es tapfer. Sie wollte ihn ja nicht enttäuschen, denn er hatte ihr gezeigt, dass es ein Leben nach dem Tod gab – geben konnte, auch für sie. Er hatte versprochen, dass sie in ihre Welt zurückkehren könne. Sie hatte sich heftig gewehrt und geweigert, auch nur ernsthaft daran zu denken.
    Die schreckliche Leere, der Schwindel, das Wederobennochunten, es hatte sie gequält und tötete die Kinder und die Alten der Coralie, weil sie die Welt nicht mehr spürten. Ona, das Alleswasist, hatte sie verstoßen. Die Schattenlosen sprachen nicht mehr zu ihnen, aber auch dafür hatte Jan Worte gehabt.
    Sie seien krank, hatte er gesagt. Und dass sie die Welt vielleicht für immer verlassen würden. Dann wäre die Leere noch größer, doch es sei an den Coralie, sie wieder zu füllen. Das würde sehr langsam und behutsam geschehen müssen, weil sie ihre eigene Welt neu zu entdecken hätten.
    Die Welt wird zu euch zurückkommen, wenn ihr bereit seid, sie in euch hineinzulassen.
    Ela gab sich Mühe, ihn zu verstehen und nicht zu enttäuschen. Sie hatte geglaubt, nie wieder einem Menschenwesen etwas glauben zu können, geschweige denn ihm zu vertrauen. Die Männer hatten ihre Seele getötet. Sie hatte sie gehasst, zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich gehasst. Sie hatte nie zu den Frauen gehört, die voller Hochmut auf die Männer herabsahen, nur weil sie schwächer und nicht so klug waren und die niederen Arbeiten verrichteten. Aber sie war so weit gewesen, aus Hass töten zu wollen.
    Jan hatte ihr zu zeigen versucht, dass das falsch war. Die anderen Terraner hatten die Wunden ihres Körpers geheilt. Jan – und sein kleiner Freund mit dem Pelz – hatte ihrer Seele gut getan.
    Mit ihm war die Wärme zurückgekommen, vorerst nur schwach, aber sie konnte sich nun wenigstens vorstellen, eines Tages wieder ... lachen zu können!
    Singen und tanzen, mit den anderen!
    Und wieder eins zu sein mit Ona, mit allem.
    Wieder zu atmen, zu riechen, zu fühlen!
    Aber wenn sie dieses große, kalte Schiff verließ, würde sie wieder allein sein. Sie würde seine Stimme nicht mehr hören, die ihr Halt gab und sie zu neuer Hoffnung führte; die ihr den Frieden gab, den sie für immer verloren geglaubt hatte; das Gefühl, dass sie ihm glauben konnte.
    Einem Mann!
    Er schlief. Sie ließ ihn schlafen.
    Sie sah ihn nur an. Er war anders als seine Freunde und anders als die Männer der Coralie. Sie konnte sich vorstellen, mit ihm viel Zeit zu verbringen.
    Und das machte ihr Angst.
     
    12.
     
    BUENOS AIRES Sie hatten den Atem angehalten. Sie hatten Blut und Wasser geschwitzt. Sie hatten fassungslos und zwischen Hoffen und Bangen die Holos und Schirme beobachtet und gewartet.
    Ihre Funkanrufe blieben unbeantwortet. Man hörte sie nicht oder wollte sie nicht hören.
    Bull begann sich zu fragen, ob es ein Fehler gewesen war, die Kosmokratenwalze anzufunken. Was, so fragte er sich insgeheim, wenn der Kommandant dort beschloss, er könne keine Zeugen brauchen?
    Die Walze glitt ganz langsam über das Meer hinweg, über die Küste, das Dorf der Novanten und den Hügel mit den neun Obelisken. Sie tat niemandem ein Leid an. Sie beobachtete.
    Reginald Bull war sicher, dass die Besatzung der Walze sie entdeckt hatte.
    Es gab keinen Beweis dafür außer den Worten der anderen Raumfahrer, denen es wie ihm erging: Sie alle hatten das Gefühl gehabt, bis zum innersten Organ gescannt zu werden; durchleuchtet bis zur kleinsten Körperzelle, zum letzten Gedanken.
    Dann, nach endlos scheinenden Minuten, war die Anspannung einer fast unbeschreiblichen Erleichterung und zugleich Enttäuschung gewichen, als das riesige Raumschiff wieder Fahrt aufnahm und so lautlos und schweigend in den
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