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2308 - Die Schattenlosen

Titel: 2308 - Die Schattenlosen
Autoren: Unbekannt
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im ersten Blitz noch das Gesicht der Spürerin zu sehen geglaubt, deren weit offen stehende Augen, in denen kaum mehr Leben war, nur namenloses Entsetzen.
    Jetzt registrierte sie mit Schrecken, dass ihr dieser kurze Augenblick der Unaufmerksamkeit beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Und die Gefahr war noch nicht vorbei.
    Ela fing im letzten Augenblick den Ruck ab. Sie warf sich seitwärts in das Boot, das immer noch vom Kentern bedroht war, und krallte die Finger beider Hände in das Netz. Was immer sich darin verfangen hatte, was immer da gegen sie kämpfte, dass das wind- und regengepeitschte Wasser heftig aufschäumte, es hatte mindestens so viel Kraft wie sie.
    Die Fischerin schrie laut um Hilfe, obwohl sie im Tosen des Sturms und Ächzen des wild schlingernden Boots wohl kaum jemand hören würde. Sie lag auf der Seite und zog am Netz – und wusste, dass die anderen mit ihr aufs Meer hinausgefahrenen Fischer sie in dieser aufgebrachten See niemals rechtzeitig erreichen konnten.
    Dies war ganz allein ihr Kampf. Sie und das Meer. Sie und die Kreatur im Netz. Nur einer konnte gewinnen.
    Ela hustete und spuckte das Wasser aus, das ihr in einem salzigen Schwall ins Gesicht gespritzt war. Sie spreizte die Beine und stemmte sie gegen die Planken, zwischen denen sie wie eingeklemmt lag. Es war ihr einziger Halt in einer aus den Fugen geratenen Welt.
    Ein Blitz zischte nur wenige Meter neben ihr in die Wellen. Ihr kleines Boot schaukelte wie eine Nussschale auf dem Wasser. Wenn es jetzt kippte, war alles vorbei.
    Das Salz brannte in den Augen, machte die Lippen spröde und wund, und ihr wunderschönes, langes schwarzes Haar klebte ihr im Gesicht. Sie sah kaum noch etwas und konzentrierte sich nur auf das Netz in ihren Händen.
    Mit jedem Ruck des um sein Leben kämpfenden Fischs – dem Gewicht und der Kraft nach musste es ein Skay sein, kein anderes Tier vergleichbarer Größe kam in diesen Gewässern vor – glaubte sie, ihre Finger müssten brechen oder aufgerissen werden. Sie biss die Zähne so fest aufeinander, dass es schmerzte, und spannte die Muskeln.
    Jeder Atemzug war eine Tortur und brannte im Rachen. Sie stemmte sich gegen die Planken und zog, wurde fast aus dem Boot gerissen, zog wieder, bis sie glaubte, dass es ihr die Arme aus den Schultern reißen würde. Der Himmel drehte sich mit dem Schaukeln des Boots über ihr, sie sah das Wasser vor sich aufsteigen und wieder sinken. Sie sah es schäumen und dann zwei mächtige Flossen, die in den Fluten schlugen.
    Ela kämpfte tapfer, obgleich sie wusste: dieser Kampf war für sie nicht zu gewinnen. Nicht auf diese Weise.
    Ihre blutenden, gefühllosen Hände hielten fest, blieben in die Maschen des Netzes gekrallt. Die Fischerin begann Sterne zu sehen. Sie bekam keine Luft mehr. Ihr Körper schien nicht mehr ihr zu gehören. Sie schrie weiter, automatisch, ohne dahinter die Hoffnung auf Hilfe zu nähren, und verstummte erst, als das Boot sich drehte und sie ins kalte Wasser gerissen wurde, hinein in die Fluten, vor sich das Netz und die tobende, um ihr Leben kämpfende Kreatur.
    Das dicke, schwere Fell zog sie hinunter, Luftblasengegurgel und -gewimmel begleitete sie. In ihren Ohren dröhnte und rauschte es, Echo des rasenden Herzschlags, der wie ein unheimlicher Rhythmus den Takt des Kampfes bestimmte, der nur einen Sieger sehen würde.
    Ela löste eine Hand aus den Maschen und führte sie an ihre Hüfte, zu dem Messer, das in einer ledernen Scheide steckte. Sie musste gegen den Drang ankämpfen, den Mund zu öffnen und Luft zu holen. Sie war nicht dazu gekommen, als das Boot kippte, und hatte das Gefühl, ihre Lungen müssten zerplatzen. Die Fischerin zwang sich dazu, sich nur auf die Klinge aus Warwa-Gebein zu konzentrieren, auf ihre Hand, die von einem blutigen Schleier umspült war – auf das Netz vor ihr und den riesigen Fisch, der darin in wilder, kreatürlicher Raserei tobte.
    Und nun griff er an.
    Zuerst sah sie die Maschen aufreißen, dann war er auch schon heran: Ela entging dem zuschnappenden Maul nur um eine Handbreit und wich gerade noch rechtzeitig der heranpeitschenden, mächtigen Schwanzflosse aus, als der Skay an ihr vorüberschoss. Beim nächsten Angriff würde sie die Kraft dazu nicht mehr haben.
    Sie zwang die Instinkte nieder, die ihr angesichts des an Luftmangel leidenden Körpers zuschrien: Auftauchen! Jede Bewegung, die den Skay ignorierte, würde sie zur leichten Beute machen. Wenn sie jetzt versuchte aufzutauchen, war das mit
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