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2306 - Die Kristallbörse

Titel: 2306 - Die Kristallbörse
Autoren: Unbekannt
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begann zu verwischen.
    Seine Umrisse waren unscharf geworden. Jetzt sahen sie aus wie fließender Nebel. Er konnte kaum noch eine feste Form erkennen.
    Und er verschwamm weiter. Er entfernte sich von ihm. Quergel konnte eine Hand erkennen, die ihm zuwinkte.
    Dann löste der Fremde sich zu einer Wolke kleiner Partikel auf, die sich wiederum teilten, bis sie nur noch als diffuse Wolke zu erkennen waren, die sich verflüchtigte und auflöste ...
    ... bis nichts mehr von dem Fremden übrig war, der sich als „Beobachter" bezeichnet hatte.
     
    *
     
    Die Situation hätte komisch sein können – sie war es nicht, allenfalls für Menschen mit sehr merkwürdigem Humor.
    Solomon G. Gill und Roi Danton befanden sich zusammen in einer Toilettenzelle. Gill fragte sich, was D. Manning Ostro sich dabei dachte. Denn natürlich wusste er, dass sie da waren. Er hatte sie hier hineingehen gesehen.
    Selbst wenn er eine absonderliche Fantasie besaß, musste ihm der Zeitpunkt mehr als merkwürdig vorkommen. Das war allerdings nicht wichtig.
    Das Einzige, was Gill interessierte, war, ob die Zellen abhörsicher waren und vom Rechnersystem – und damit von Ostro – eingesehen werden konnten oder nicht.
    Danton hatte auf die Frage in seinem Blick kurz den Kopf geschüttelt. Hoffentlich die richtige Antwort auf die richtige Frage, dachte Gill. Davon hing alles ab. Es war eine Frage der Wahrscheinlichkeit, die über Leben oder Tod entscheiden würde, eine von mehreren.
    „Ich habe fünf", sagte der Terraner leise und sprach so, als handle es sich um fünf Asse. „Fünf Fragen. Vier davon müssen mit Ja beantwortet werden können, sonst gibt es keine Hoffnung für uns. Die Antwort auf die erste muss ein Nein sein – sonst gibt es keine Hoffnung." Er nickte. „Und das ist genau so, wie ich es sage, Danton: keine! Keine Chance für uns. Wir werden in ... 29 Minuten sterben. Dann hilft dir auch kein Zellaktivator mehr."
    „Los", forderte Danton ihn auf.
    Solomon Gill seufzte tief. Sie sahen einander in die Augen.
    „Also erstens: Kann Ostro uns hier hören? Es geht nicht darum, was du glaubst, Danton. Kann er uns hier und jetzt hören ...?"
     
    *
     
    Er konnte es nicht.
    Er wusste, dass sie die Toilettenräume aufgesucht hatten in der Hoffnung, dass er sie dort nicht belauschen konnte. Die Hoffnung trog sie nicht.
    Die Erbauer von LEprachtvoll waren Menschen gewesen und hatten menschliche Schwächen gehabt: sentimentale Beweggründe, die sie dazu veranlasst hatten, die Toiletten zu einem Stück Privatsphäre zu machen. Es war lächerlich, denn damit schufen sie einen Freiraum für alle dunklen Elemente, für jeden Verschwörer und – Ostros Lippen lächelten – jeden Killer, Leute wie ihn. Es war lächerlich, aber nicht mehr wichtig. Sie mochten ihre Köpfe zusammenstecken, aber was sie auch ausbrüteten, was immer sie sich überlegten, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen – sie konnten ihn nicht aufhalten. Besser, sie entschlossen sich, ihm den Khalumvatt zu geben.
    Und es gab Wichtigeres ...
    Seine Lippen lächelten, doch sein Gesicht nicht. Seine Augen waren fest geschlossen und der Körper nicht mehr als eine Hülle für das gewaltige Universum, das in ihm entstanden war.
    Und vielleicht ... konnte es weiter wachsen; noch viel weiter, bis in die Unendlichkeit ...
    Dieser Mann vom TLD, er war nicht dumm, aber er musste noch viel lernen.
    Glaubte er etwa, sein Gegner habe nicht bemerkt, wie er Danton ansah und zu warnen versuchte, als dieser wie ein Narr drauflosplapperte? Als er von den geschützten Dateien zu sprechen begann? Geschützte Dateien – welche Datei war das nicht? – mit dem Wissen der Menschheit! Wenn das stimmte, dann gab es Unmengen an Informationen, über die er – noch – nicht verfügen konnte. Daten, Hinweise, Verweise, ein unerschöpflicher Reichtum wartete dort hinter Sperren, die für jeden anderen ein Problem darstellen mochten – aber doch nicht für ihn!
    Glaubte Danton, glaubte dieser schlaue Gill das wirklich?
    „Überrangbefehl!" Was für ein Unsinn. Etwas Derartiges existierte nicht für D. Manning Ostro, der alles Wissen des Hauptrechners besaß – und noch weit mehr. Er wusste um Dinge, die die Positronik nicht wusste, weil sie sie nicht wissen durfte. Und er war ein Meister darin, unkonventionelle Wege zu gehen.
    Über wie viel Prozent des Wissens der Menschheit mochte der Rechner bewusst verfügen? Wie viel war ihm zugänglich? Fünfzig Prozent? Kaum anzunehmen. Zwanzig?
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