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229 - Flashback

229 - Flashback

Titel: 229 - Flashback
Autoren: Susanne Picard und Michael Schönenbröcher
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sprechen?«
    Alexandra Cross nickte heftig. »Natürlich! Schicken Sie ihn sofort herein.«
    Hinter dem Adjutanten kam jetzt eine etwas zerzaust aussehende Gestalt ins Zimmer. Der Soldat, der ihre Bitte um ein Treffen mit dem Hohen Richter ins einige Kilometer entfernte Capitol bringen sollte, war als Bürger der Unterschicht verkleidet. So kurz nach den Kämpfen in Waashton um das Territorium der Rev’rends waren garantiert noch eine Menge Fanatiker und Gesindel da draußen unterwegs, für die ein Mann in WCA-Uniform ein gefundenes Fressen gewesen wäre. Und es galt, unnötige Verluste zu vermeiden – die Population im Pentagon belief sich wegen der drastischen Verluste nach dem Wegfall der Serumsproduktion auf nur noch hundertdreiundachtzig Personen. Viel zu wenig eigentlich, um wirklich »Staat« machen zu können. Präsidentin Cross gab nicht zu, dass ein Großteil ihrer Sorgen genau damit zusammenhing.
    Der Soldat nahm Haltung an und salutierte, was in den abgerissenen Kleidern höchst unpassend wirkte. »Mrs. President, der Hohe Richter lässt ausrichten, dass er im Moment leider keine Zeit hätte, sich mit Ihnen an den runden Tisch zu setzen.«
    Alexandra Cross’ Augen verengten sich.
    »So, hat er nicht. Hat Mr. Black Ihnen auch eine Begründung dafür gegeben, Private?«
    Der Soldat blinzelte verwirrt. »Eine Begründung, Mrs. President? Er ist der Hohe Richter!«
    Cross biss die Zähne aufeinander und versuchte ihren Frust nicht an dem Boten auszulassen, der natürlich nicht gewagt hatte, Mr. Black zu einer Erklärung zu drängen.
    Black hatte also im Moment keine Zeit. Sie musste im Interesse der World Council Agency schnellstens herausfinden, mit was genau er beschäftigt war. Denn mit Sicherheit betraf es die Zukunft der Stadt – und damit auch ihre eigene.
    Cross bedeutete dem Soldaten, dass seine Anwesenheit nicht mehr von Nöten war. Er salutierte erneut und verließ sichtlich erleichtert ihr Büro. Und die Präsidentin ließ ihren düsteren Gedanken freien Lauf. Hatte General Crow seinerzeit nicht doch recht gehabt? Plante Mr. Black trotz des Bündnisses, die WCA zu zerschmettern? Mit einem Spezialisten für Roboterbau schien diese Annahme weit weniger paranoid und viel vernünftiger zu sein, als sie noch vor ein paar Wochen gedacht hatte.
    Aber Spekulieren allein brachte niemanden wirklich weiter.
    »Nun gut«, sagte sie schließlich. »Wenn der Prophet nicht zum Berge kommt, muss sich eben der Berg auf den Weg machen…«
    ***
    Grundrechenarten. Kommunikation.
    Bewegungsabläufe. Ein oberflächliches Lexikon. Stadtpläne.
    Miki Takeo hielt für einen Moment enttäuscht inne. Nach Umgehung des Passwortschutzes hatte er erwartet, im Hirnspeicher des U-Man auf detailliertere Informationen zu stoßen als eine harmlose Grundprogrammierung; weniger noch als das, was man in früheren Zeiten »Allgemeinbildung« genannt hatte.
    Gut, diese Dinge waren existenziell für Kunstmenschen, wenn sie sich unter der normalen Bevölkerung unauffällig bewegen sollten. Aber für das, was dieser U-Man getan hatte, waren sie absolut unzureichend.
    Immerhin sprach das enttäuschende Ergebnis für seine Theorie, dass Arthur Crow hinter dem Angriff steckte; wer sonst wäre auf die Idee gekommen, solch unwichtige Dateien durch ein Passwort zu schützen und einen Eindringling damit in die Falle zu locken?
    Obwohl schnell klar war, dass er in dieser Gedächtniseinheit nichts Relevantes finden würde, »blieb« Miki Takeo noch eine Weile und sah sich die Informationen darin in Ruhe an. Denn sie erinnerten ihn frappierend an seine eigene Situation, als er damals, am 18. Oktober 2521, am Kratersee erwacht war und angenommen hatte, nur für ein paar Sekunden außer Funktion gewesen zu sein.
    Wie ahnungslos – und wie verletzlich – war er damals doch gewesen…
    ***
    Am Kratersee, 18. Oktober 2521
    Seine Beine waren nicht mehr da.
    Weder direkt unter ihm noch, irgendwo erkennbar in der Nähe.
    Wäre Miki Takeo ein Mensch gewesen, Furcht – nein, Panik hätte sich in diesem Moment in ihm breitgemacht. Doch er war ein Android. Er kannte keine Furcht und erst recht keine Panik. Mit allen sensorischen Einheiten, die ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung standen, analysierte er nüchtern seine Lage.
    Er befand sich in der Wildnis. Er war auf dem Vormarsch zum Kratersee gewesen, um sich den Armeen der Daa’muren zu stellen, als eine plötzliche Druckwelle seinen Gleiter, in den er sich zurückgezogen hatte, um einen neuen
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