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228 - Crows Schatten

228 - Crows Schatten

Titel: 228 - Crows Schatten
Autoren: Jo Zybell
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Sessel und einen runden Tisch. Den Tisch stellten sie so auf die Grenze, dass die Hälfte auf ihrer Gottesstaat-Enklave und die andere Hälfte auf WCA-Territorium stand. Ihre Leute rückten die Sessel an den Tisch, die Rev’rends nahmen Platz: Rev’rend Rage, der Erzbischof; Rev’rend Sweat, der Bischof; Rev’rend Rock, der erste Sekretär Waashicans; und Rev’rend Torture, der Inquisitor. Das war genau die Hälfte der zu dieser Zeit in Waashton lebenden Rev’rends.
    Blacks Delegation ließ sich Zeit. Fast vier Minuten brauchten sie vom Capitol bis zum runden Tisch auf der Grenze zur Gottesstaat-Enklave. Keiner von Blacks Leuten schätzte es besonders, mit den Fanatikern reden zu müssen, Mr. Black am allerwenigsten. Doch die Rev’rends hatten ein Treffen verlangt. Black und seine Delegation waren gut vorbereitet. Endlich erreichten sie den runden Tisch, warteten, bis ihre Eskorte die Stühle aufgestellt hatte, und setzten sich schließlich. Trashcan Kid legte die Beine auf den Tisch. Mit dem kleinen Finger der rechten Hand begann er in der Nase zu bohren. Die Holzprothese der Linken ließ er neben dem Stuhl hin und her pendeln. Manchmal stieß sie gegen das Stuhlbein, dann gab es jedes Mal ein hölzernes Geräusch.
    Rev’rend Torture belauerte ihn mit einem Ausdruck von Misstrauen und Abscheu. Der Inquisitor trug schwarze Handschuhe aus speckigem schwarzen Wildleder und einen dunkelbraunen, abgeschabten Ledermantel. Unmengen schwarz gefärbter Löckchen quollen unter seinem schwarzen Schlapphut hervor, selbst seine wuchernden Koteletten waren zu Zöpfchen geflochten. In seinem eckigen Mund glänzten Zähne aus Silber. Seine Miene war hart und angespannt, seine Kaumuskeln pulsierten. Theodor Brokowic, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, hatte einen Silberblick.
    »Einer Ihrer Leute hat Rev’rend Clash ermordet und ausgeraubt!«, begann Rev’rend Rage ohne ein Wort der Begrüßung. »Eine verabscheuungswürdige Tat, und ein Vertragsbruch obendrein! Der Vertrag nämlich gewährt uns sicheren Bewegungsspielraum in Ihrem Teil der Stadt!«
    Rev’rend Rage war noch relativ jung, vielleicht Anfang dreißig. Langes schwarzes Haar rahmte sein kantiges, stoppelbärtiges Gesicht ein. In seinen dunklen Augen loderte eine Leidenschaft, der man lieber nicht auf den Grund gehen wollte. Er trug einen breitkrempigen schwarzen Hut und einen schwarzen Pelzmantel über schwarzen Lederhosen. Seine Flinte hielt er zwischen den Beinen fest, und über seine linke Schulter ragte der Knauf seines Langschwertes aus der Rückenscheide. »Rev’rend Rage« war sein Kampfname, eigentlich hieß er Marty Luder.
    »Ich fordere Sie auf, den Raubmörder an uns auszuliefern, damit wir ihn der gerechten Strafe zuführen können!«, sagte er mit erhobener Stimme. »Außerdem verlange ich Rev’rend Clashs Hut und seine Waffen zurück.«
    Mr. Black holte erst einmal tief Luft. »Guten Tag, Gentlemen«, sagte er dann. Mit einem kühlen Lächeln auf den Lippen nickte Black den vier Rev’rends zu. »Wir haben von dem Mord gehört«, fuhr er fort. »Nicht, dass wir Clashs Tod übermäßig bedauern, doch wir haben nichts damit zu tun.«
    Seit Mr. Black vor nicht ganz zwei Jahren nach Waashton zurückgekehrt war [1] , lebten die unterschiedlichen Gruppen mehr oder weniger friedlich miteinander – der Weltrat, die verschiedenen Gangs und die so genannten »normalen« Bürger der Stadt. Vielleicht lag es auch an dem gemeinsamen Feind, der sie seitdem verband: an den Rev’rends.
    »Da auch unsere Gesetze Mord und Raub unter Strafe stellen, haben wir eine Untersuchung des Falles veranlasst«, fuhr Mr. Black fort. »Unsere Ermittlungen ergaben, dass Clash zuletzt mit einem kahlköpfigen Fremden gesehen wurde. Dafür gibt es Zeugen. Kurz nachdem beide zusammen gesehen worden waren, floh der Fremde durch das Nordtor aus Waashton. Er trug Clashs Hut und seine Waffen. Auch dafür gibt es Zeugen.«
    Man hatte extra ein neues Amt für Mr. Black geschaffen: das des Hohen Richters. Der Hohe Richter sollte zwischen den Gruppen vermitteln und eine Art moralische Führung ausüben. Im Kriegsfall sollte der Hohe Richter auch die militärische und politische Führung der gesamten Stadt übernehmen. Da alle Gruppen seit der Schaffung des neuen Amtes praktisch immer im Krieg mit den Rev’rends lagen, hatte Mr. Black auch praktisch immer die Führung. Inzwischen hatten sich alle daran gewöhnt. Auch die Präsidentin und der Bürgermeister. Sogar Trashcan Kid
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