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228 - Crows Schatten

228 - Crows Schatten

Titel: 228 - Crows Schatten
Autoren: Jo Zybell
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ihn kennen lernen!« Der junge Rev’rend machte eine theatralische Geste. »Noch heute kannst du Buße tun und dem HERRN begegnen.«
    »Klingt interessant.« Er fummelte an seinem Kästchen herum. »Ich zeichne das alles auf.«
    »Kehre um und bereue deine Sünden…« Seite an Seite verschwanden sie im Halbdunkeln hinter dem Torbogen. »… denn dann wirst du dem HERRN gegenüber stehen und…«
    Die Stimme des Rev’rends verstummte plötzlich. Das Scharren von Fußsohlen tönte aus dem Halbdunkeln hinter dem Torbogen. Dann gab es ein splitterndes Geräusch wie von einem brechenden Ast, und schließlich schlug ein schwerer Körper auf dem Boden auf. Kurz darauf schlenderte der Fremde, der sich Art nannte, aus dem Torbogen. Auf dem kahlen Schädel trug er den schwarzen Hut des Rev’rends und unter dem Arm dessen Waffen.
    ***
    Appalachen, Anfang September 2524
    »Warum hat er die Wahrheit gesagt?« Crow war außer sich. »Um Himmels willen! Warum hat er nicht einfach gelogen?« Auf dem Monitor glitten die Fassaden der Innenstadt Waashtons vorbei. Aus einer Box tönte Gesang. »Noch ein paar Fragen dieses frommen Spinners mehr, und er hätte ihm verraten, dass wir ihn geschickt haben!«
    »Ich verstehe es nicht…« Hagenau starrte ratlos und kopfschüttelnd auf den Monitor und schabte sich seine Halbglatze. Laurenzo raufte sich das weiße Haar, und von Kotter blickte durch die Schaltkonsole hindurch in irgendeine Ferne. Vermutlich dachte er nach. Seit über einem Jahr tat er fast nichts anderes mehr als nachdenken.
    »Rückzug, sage ich!«, rief Crow. »Rückzug, bevor er Gefahr läuft, dem nächsten in die Arme zu laufen, der ihn Löcher in den Bauch fragen kann!« Von Kotters Finger flogen über die Schalttafel, er beugte sich über ein Mikrophon und murmelte etwas hinein.
    »Die werden Verdacht schöpfen, wenn sie den Toten finden!« Crow wollte sich gar nicht mehr beruhigen. »Kein Aufsehen, hab ich angeordnet! Nichts, was ihre Aufmerksamkeit erregen könnte!« Vorwurfsvoll blickte er nach rechts, wo von Kotter sich nachdenklich das Kinn rieb.
    »Wenigstens hat er den Hut und die Waffen dabei«, sagte Laurenzo und schnitt eine betrübte Miene. »So sieht es immerhin nach einem Raubmord aus.«
    »Stimmt«, pflichtete Hagenau dem Südländer bei. »Er hat klug gehandelt, das stimmt. Und das ohne ausdrücklichen Befehl!«
    »Ja, ja!« Crow winkte ab. »So viel Intelligenz darf ich doch wohl voraussetzen! Doch zuvor hat er dem frommen Spinner auf jede Frage geantwortet wie ein einfältiger Knabe!« Wieder blickte er nach rechts. »Was sagen Sie dazu, Oberst?«
    »Hmm…« Von Kotter wiegte den Kopf hin und her und strich eine Strähne seines langen blonden Haars aus der Stirn. »So schlecht war das doch gar nicht.« Ein scheues Grinsen flog über sein spitzes Gesicht. »Was er da hinter dem Torbogen getan hat, war sogar effektiv, richtig gut, möchte ich fast sagen…«
    »Stimmt, ja…« Der General beruhigte sich allmählich wieder. »Aber diese naive Art, alles auszuplaudern! Und vor allem: Der fromme Spinner wurde schon am Morgen am Nordtor auf ihn aufmerksam!« Auf dem Monitor rückte jetzt das Tor ins Blickfeld. Man sah neugierige Blicke, man hörte Rufe, die wie neugierige Fragen klangen.
    »Er kommt zurück«, sagte von Kotter. »In ein paar Tagen ist er wieder hier, dann müssen wir uns noch einmal gründlich mit ihm beschäftigen. Und auch die Tarnung müssen wir vor dem nächsten Einsatz des ›Neuen Systems‹ unbedingt verbessern…«
    ***
    Waashton, Oktober 2524
    Sie trafen sich auf der Grenze zwischen Waashican und dem Hoheitsgebiet des Weltrates. Flankiert von General Diego Garrett und der WCA-Präsidentin Alexandra Cross stieg Mr. Black die Stufen der Vortreppe des Capitols hinunter. Ein paar hundert Meter weiter marschierten die Rev’rends mit ihrem Gefolge heran.
    Den Spitzen des Weltrats folgten Louis Stock, der neue Bürgermeister – der alte war fast zwei Jahre zuvor bei der Rev’rend-Invasion ums Leben gekommen –, die Gardisten der Präsidentin und Zwillingsbrüder Amoz und Christie Calypso, Miss Kareen »Honeybutt« Hardy als Mr. Blacks persönliche Vertraute, und Trashcan Kid als Delegierter der Gangs und Kriminellen, also der mehr oder weniger anarchistisch Gesinnten in Waashton. Einige Bewaffnete trugen ihnen Stühle hinterher.
    Die Rev’rends kamen zu viert und mit einem Anhang von gut zwei Dutzend Dienern und Gardisten. Zum Teil waren sie schwer bewaffnet, zum Teil trugen sie
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