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2245 - Operation Kristallsturm

Titel: 2245 - Operation Kristallsturm
Autoren: Unbekannt
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keiner. Schonend und in kleinen Dosen hatten sie es ihm beigebracht, rückten nach und nach immer mehr mit der Wahrheit heraus.
    Eigentlich lebte er nicht mehr, nicht dem Wortsinn nach. Nach wie vor blieb es ein Rätsel, wie er es geschafft hatte, als Einziger die Katastrophe im Experimentalschiff zu überleben.
    Sein Zustand ging über das Leben hinaus - war also Tod. So dachte Malcolm selbst. Die Mediker behaupteten hingegen, er habe überlebt, und meinten damit, er lebe noch immer. Aber das war Unsinn, mochten die Ärzte und Roboter es ihm noch so oft erklären und vorgaukeln. In Wahrheit war von seinem Körper nicht viel mehr als ein Klumpen übrig geblieben, in dem noch ein wenig Blut zirkulierte und das geschrumpfte Herz klopfend die Funktionen des Gehirns aufrechterhalten hatte, bis in der Glut der Reaktorkatastrophe die Rettung eintraf.
    Niemand konnte erklären, wieso er überlebt hatte. Er selbst hatte es später auch nicht vermocht. Die Erkenntnis, auch nach dem Tod ein eigenes Bewusstsein zu besitzen, war für ihn zu einer Offenbarung geworden. In seinem Erdenleben hatte er sich nie Gedanken über ein Leben nach dem Tod gemacht, jetzt, da er nicht mehr lebte, drängten seltsame Erkenntnisse in sein Bewusstsein.
    Du denkst, also bist du! Und nach einer Weile: Du bist nicht tot.
    Er schalt sich einen Narren. Natürlich war er tot. Aber sein Gehirn lebte, eingesperrt in den unförmigen Torso seines ehemaligen Körpers, angeschlossen an ein positronisches Lebenserhaltungssystem, wie es nach der Ethik mancher Religionen grausamer nicht sein konnte. Über die schwabbelnde Masse des Hirns stülpte sich die SERT-Haube, seine empathischgedankliche Verbindung zur Außenwelt.
    Ich bin tot, also lebe ich! Malcolm S. Daellian definierte die Existenz des Menschen neu. Warum auch nicht?
    Es waren merkwürdigen Zeiten. Zeiten, in denen sich Superintelligenzen im Universum die Klinke in die Hand gaben und in denen Kosmokraten an den Reglern des kosmischen Walzwerkes dreh. ten, weil das „Leben an sich" Überhand genommen habe.
    Das Leben an sich, dachte er, auf wen trifft das weniger und zugleich mehr zu als auf das, was von mir übrig ist? Ich werde mich nicht von den Kosmokraten oder von sonst jemandem unterkriegen lassen, und wenn das der einzige Grund ist, aus dem ich noch existiere, dann ist das ein verdammt guter Grund!
    Neuer Mut erfasste ihn, Hoffnung, Lebenswillen, und dann schwappte die Trübsal wieder heran.
    Warum bloß ausgerechnet ich? Wenn mich bloß keiner ohne diesen Sarg sieht... „Es ist höchste Zeit, dass du dich in dein Prallfeld begibst", meldete sich der Servo seiner Lagereinheit, im offiziellen Wortgebrauch großspurig als „Wohnung" bezeichnet.
    Malcolm richtete seinen Hass und seine Verbitterung auf das wunderbarerweise aufgetauchte neue Ziel. „Ich will nicht schlafen, Schrotthaufen!"
    „Du musst jetzt schlafen!"
    „Früher half es, wenn meine Mutter mir ein Schlaflied vorsang!"
    „Bedaure. Ich bin nicht deine Mutter. Und jetzt ist nicht früher." Der hässlich stumpfgraue Kasten entwickelte so etwas wie Ironie. Oder Widerstandsgeist? Unerhört! Wer immer den Schwachsinn programmiert hatte, Malcolm S. Daellian schwor sich, den Kerl mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. „Wenn du nicht singst, dann eben ich."
    „Das ist völlig nutzlos. Roboter schlafen ni..."
    Malcolm fing an zu singen, ein furchtbares Erlebnis für jedes organische Wesen, das seine künstliche Stimme ertragen musste. Gleichzeitig spürte er, wie ihn die Müdigkeit übermannte, er in die endlosen Abgründe eines schwarzen Teichs versank.
    Sein Bewusstsein schaltete sich ab, als hätte der Positronik-Schrotthaufen einen Schalter umgelegt.
    Malcolm S. Daellian schlief ein. Er selbst empfand es hinterher mehr als Bewusstlosigkeit, aus der er irgendwann erwachte. Er bäumte sich dann heftig auf, warf sich hin und her, spürte die Brecher der Nährflüssigkeit gegen seinen Körper schlagen. Tödliche Brandung ... Ich will hier raus! Daellian hörte wieder den Alarm, und das Heulen riss ihn mit sich fort durch das Schiff. Das Experiment war fehlgeschlagen, die Energien des Hyperraums waren in dieser Situation nicht mehr zu kontrollieren.
    Wir dürfen nicht an dieser Stelle aufhören. Jemand muss weitermachen!
    Aus dem flackernden Transmitterfeld drangen Laute, für die es keine Erklärung gab.
    Sie hatten sich zu weit vorgewagt.
    Wir rütteln an unserer Existenz!
    Der Rücksturz in den Normalraum erfolgte.
    Was danach kam,
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