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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme
Autoren: Christian Schwarz
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schon lange.
    Rund fünfzig kleinere und größere Zelte standen um das Wrack. Zudem hatten die Wüstenbewohner künstliche Wälle aus Sand aufgeschüttet, verstärkt mit Baumstämmen und Steinen, um ihr Lager gegen die Wüste hin zu schützen. Posten patrouillierten auf den Wällen. Direkt am Nilufer gab es zudem ein großes Gatter, in dem sich gut drei Dutzend Pferde aufhielten, dahinter eines für Kamshaas. Die meisten der Tiere ästen das dichte Schilf ab, das sich ein ganzes Stück das Ufer hinauf zog. Kahl gefressene Areale zeigten, dass das Gatter ab und an umgesetzt wurde.
    Spielende Kinder und magere Hunde rannten auf die Ankömmlinge zu. Die Tiere bellten wie verrückt, während die Kinder die fremde Frau bestaunten und betasteten. Eine Menschentraube bildete sich um die Trage. Alle wollten nun persönliche Einblicke gewinnen.
    Ein großer, finster aussehender Mann mit schwarzem Bart, schulterlangem Haar und schwarzrotem Kaftaan trat durch die Menge. Sie machte ihm ehrfürchtig Platz.
    »Wir haben sie am Ufer des Nils aufgegriffen«, sagte Abudhabi, der jetzt das Kamshaa führte und das bockige Tier nur schwer bändigen konnte. Angriffslustig schwang es sein Horn hin und her. »Sie ist völlig ausgetrocknet, als hätte sie tagelang nichts getrunken. Vielleicht wird sie noch sterben.«
    Der Anführer des Clans betrachtete Aruulas Körper genauer – und runzelte die Stirn. »Sie sieht aus wie das Weib, das vor einer Woche aus Richtung der Tempel kam und in die Wüste floh«, sagte er dann und wandte sich an die beiden Männer.
    »Habt ihr gesehen, wo sie herkam? Aus der Wüste?«
    »Nein, Rüstü.« Abudhabi gestikulierte wild. »Wir haben gerade ‘ne Pause bei den Tempeln gemacht und ‘ne Runde gewürfelt. Und da hat’s plötzlich ‘nen mächtigen Knall getan, Rauch kam aus dem Eingang des offenen Grabes, und kurze Zeit später ist das Weib da raus gestiegen. Keine Ahnung, wo die sich die ganze Zeit aufgehalten hat.«
    Rüstü lächelte selbstgefällig. »Überlass das Denken mir. Sie kam also nicht aus der Wüste, und sie ist fast verdurstet. Das klingt so, als wäre sie in dem Grab gefangen gewesen, dessen Vorraum wir ausgeräumt haben.« Er schaute in die Runde.
    »Hab ich euch nicht gesagt, dass das da unten noch eine verborgene Kammer sein muss?«
    »Haste gesagt«, bestätigte ein alter Beduun.
    Rüstü grinste breit. »Also gut, dann bringt das Weib zu Sülayka. Die soll es waschen und wieder hochpäppeln. Später werde ich dann entscheiden, ob sie als Sklavin verkauft werden kann.« Mit einer herrischen Kopfbewegung deutete er in Richtung Schiff. »Und wir machen uns zu den Tempeln auf!«, fuhr er fort. »Gut möglich, dass der Knall eine Sprengung war und der Eingang zur Grabkammer jetzt frei liegt. Das schauen wir uns an!«
    Während die Sippe aufbrach, wurde Aruulas Körper von zwei Männern über eine wacklige Holztreppe ins Innere des Wracks getragen. Die Beduuns hatten Holzböden eingezogen, um die Schräglage der Gänge und Kabinen auszugleichen. In einer davon wohnte Sülayka. Sie erwies sich als ältere, ziemlich schwabbelige Frau, die sich bis auf das Gesicht komplett mit bunten Gewändern verhüllt hatte.
    Gütige Augen blickten auf den ausgetrockneten Körper herunter. »Armes Kindchen«, murmelte sie. »Was hast du bloß mitgemacht? – Legt sie da hinten aufs Lager. Aber geht vorsichtig mit ihr um«, wies sie die Träger an. Die gehorchten sofort und verschwanden mit scheuen Blicken auf die Frau wieder, um sich den anderen anzuschließen.
    »Na, dann will ich mal sehen, ob ich noch was tun kann, Kindchen.« Sülayka versuchte der Kranken Wasser einzuflößen. Aruula schluckte es reflexartig, hustete und erbrach es sofort wieder. Die Heilkundige des Beduun-Clans schüttelte betrübt den Kopf. Dann ging sie durch die langen engen Gänge zur Bordküche und erwärmte Wasser in einem uralten Kocher, der noch aus Schiffsbeständen stammte. Da es längst keinen Strom mehr gab, stellte sie den Kocher über offenes Feuer, das sie hier dauerhaft in einem der Herde unterhielt. Sie schürte es mit Holz. Im heißen Wasser bereitete Sülayka einen Tee aus allerlei Kräutern zu. Aber auch damit hatte sie keinen Erfolg.
    Sülayka holte warmes Wasser und eine Art Seife aus Fett.
    Zusammen mit zwei Helferinnen entkleidete sie die Kriegerin und wusch sie von oben bis unten ab.
    Aruula hing unterdessen ihren Gedanken nach. Noch immer hallte in ihrem Geist wider, was der Anführer der Beduuns gesagt
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