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Eine Braut muss her!

Eine Braut muss her!

Titel: Eine Braut muss her!
Autoren: Paula Marshall
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1. KAPITEL
    Kurz vor Tagesanbruch war Russell Chancellor, Viscount Hadleigh, aus dem “Coal Hole” kommend, daheim eingetroffen, wütend auf sich selbst, weil er zu viel getrunken und beim Spiel zu hohe Einsätze gewagt hatte. Mit dröhnendem Schädel begab er sich zu Bett, wurde jedoch schon kurze Zeit später von seinem Kammerdiener geweckt.
    “Zum Teufel, was fällt Ihnen ein, Pickering?” herrschte er ihn an. “Sie wissen doch, dass ich erst vor einer Stunde nach Haus gekommen bin!”
    “Ja, Mylord”, erwiderte Paul. “Ihr Vater hat mich jedoch vor knapp fünf Minuten zu sich kommen lassen und mir aufgetragen, Ihnen auszurichten, er habe etwas Dringendes mit Ihnen zu besprechen. Er wünscht, dass Sie ihn unverzüglich in seinem Arbeitszimmer aufsuchen.”
    “Ach, will er das?”, fragte Russell mürrisch und stand ächzend auf. “Haben Sie eine Ahnung, worum es geht?”
    “Nein, Sir. Er war jedoch …” Verlegen hielt Pickering inne.
    “Was war er? Um Himmels willen, Mann, haben jetzt auch Sie sich die lästige Angewohnheit meines Vaters zu eigen gemacht, mitten im Satz aufzuhören?”
    “Nein, Sir. Ich wollte sagen, er war mehr als sonst über den Klatsch verärgert, der ihm zu Ohren gekommen ist.”
    Nach dieser unerfreulichen Mitteilung stöhnte Russell auf. Das aufbrausende Temperament des Vaters war in Gesellschaft weidlich bekannt. Verdrossen machte Russell Morgentoilette und ließ sich von Pickering das Krawattentuch binden.
    Beim Verlassen des Ankleidezimmers erblickte er sich im Pilasterspiegel und fand, er mache keineswegs den Eindruck, imstande zu sein, sich jetzt vom Vater eine Moralpredigt anhören zu können. Er sah eher danach aus, als sei er auf dem Weg zu seiner eigenen Beerdigung.
    Es verdross ihn, dass er, obwohl er dreißig Jahre alt war, vom Vater immer noch wie ein unreifer Junge behandelt wurde.
    Ein Lakai machte ihm die Tür zum Arbeitszimmer auf, und voll böser Vorahnungen betrat er den Raum, in dem der Vater sichtlich erzürnt auf und ab ging.
    “Da bist ja endlich, Russell! Mein Gott, wenn du so weitermachst, wird man dir deinen liederlichen Lebenswandel bald ansehen! Ich staune immer wieder aufs Neue, wie sehr du dich von Richard unterscheidest!”
    Russell wusste zur Genüge, dass der Vater, in dessen Augen er ein Versager war, den Zwillingsbruder ihm vorzog.
    “Ich frage mich, warum du mich zu dieser frühen Stunde herzitiert hast, nur um mir etwas mitzuteilen, was mir sattsam bekannt ist”, erwiderte er verstimmt.
    Nach dieser ungebührlichen Bemerkung lief das Gesicht des Vaters rot an.
    “Du bist unverschämt, Russell! Ich habe genug von dir! Du kümmerst dich um nichts anderes als dein Vergnügen! Mir graust es bei der Vorstellung, was aus dem Gut werden soll, wenn ich nicht mehr lebe und du mein Nachfolger geworden bist. Es ist zwar kein fest vererblicher Besitz, aber du weißt, dass es in unserer Familie Sitte ist, dass er an den ältesten Sohn fällt. Ich frage mich jedoch, ob das …”
    “Was fragst du dich, Vater? Ich würde gern den ganzen Satz hören.”
    “Ich frage mich, ob das ein weise Regelung ist”, antwortete Jack frostig. “Und weil ich Zweifel habe, stelle ich dir ein Ultimatum. Ich verlange von dir, dass du heiratest und eine Familie gründest. Folglich wirst du dich von deiner Mätresse trennen, und zwar umgehend, falls möglich, noch heute Vormittag. Ich erwarte von dir, dass du dich mit einer anständigen jungen Dame vermählst, jemandem, der so ist wie Veronica. Bei der Wahl seiner Gattin hat dein Bruder den richtigen Weitblick gezeigt, etwas, das ich, was deine Entscheidungen betrifft, von dir nicht behaupten kann! Solltest du dich weigern, mir zu gehorchen, lasse ich unverzüglich meine Anwälte herkommen und verfüge in meinem Testament, dass Richard bis auf den Titel alles erbt. Desgleichen würde ich dir deine Apanage streichen. Das würde bedeuten, dass du dir deinen Lebensunterhalt verdienen müsstest. Ich fordere von dir, dich endlich deiner Pflichten zu besinnen und aufzuhören, mir Schande zu machen. Daher setze ich dir nun eine Frist von drei Monaten, innerhalb derer du eine Frau geheiratet haben musst, die unserem Namen Ehre macht und dir Söhne schenken wird.”
    Russell fühlte das Blut aus den Wangen weichen und warf scharf ein: “Ist Richard über dieses Gespräch informiert? Er hat doch bereits einen Sohn.”
    “Natürlich habe ich ihm nichts davon gesagt!”, antwortete Jack erregt. “Es ist unangebracht, ihn von
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