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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme
Autoren: Christian Schwarz
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umklammerte das unterarmdicke Tau, das vom vorderen Mast hing, und zog es in die dem schlagenden Segel entgegen gesetzte Richtung.
    Muskeln, Adern und Sehnen traten an seinen Unterarmen hervor, sein Gesicht war fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.
    Die sechs Männer taten es ihm nach. Immer wieder verschwanden sie in Brechern oder verloren den Halt unter den Füßen, weil das Schiff sich seitlich neigte. So kam kein richtiger Zug zustande. Der Mast knirschte immer lauter und bog sich gefährlich.
    »Los, pack mit an!«, brüllte Sükar Nefertari zu, die gerade unter Deck verschwinden wollte. »Wir brauchen jede Hand!«
    »Das ist Arbeit für Sklaven und Niedere!«, schrie Nefertari zurück. »Ich aber bin eine Königin!« Damit verschwand sie unter Deck, Aruulas wütenden Protest ignorierend.
    Die Windhose überholte die STOLZ DES NILS am linken Ufer.
    ***
    Victoora-See, Tansaana, Mitte Juli 2524
    Täglich stieg die fiebrige Erregung, mit der die Soldaten weiter in Feindesland vordrangen. Gefangene verrieten ihnen, dass es nun nicht mehr weit bis ins Reich der Fliegenden Städte sei.
    Daa’tan hatte eine wöchentliche Waffenkontrolle eingeführt.
    Das Kriegsgerät musste jederzeit in einwandfreiem Zustand und einsatzbereit sein.
    Am späten Nachmittag machten sie in einer Talsenke Rast.
    Es war Zeit für die Inspektion. Die Soldaten beluden sich mit ihren Handwaffen, die Kanonen und Schleudern wurden in Reih und Glied aufgestellt. Während die Unterführer mit der Kontrolle der persönlichen Waffen beschäftigt waren – was sie jedes Mal einige Stunden kostete –, inspizierte Daa’tan wie gewohnt die großen Kriegsgeräte.
    Oliseh und Kanute zitterten vor Anspannung, denn diese Gelegenheit gedachten sie für ihren Anschlag zu nutzen. Sie hatten ein Sprengstoffpaket in eines der Kanonenrohre schmuggeln können und dicht davor ein paar glühende Kohlen platziert. Wenn Daa’tan nun mit dem Stopfer darin herumstocherte und die Kohlen anschob…
    Der König prüfte, wie immer, jede einzelne Kanone. Die siebte würde es sein, die sein Schicksal besiegelte. Nun stellte er sich davor auf, prüfte die Zündvorrichtungen und das Rohr.
    »Zufrieden stellend«, verkündete er. Dann nahm er den Stopfer, setzte ihn an, stieß ihn hinein…
    Jetzt!
    Oliseh und Kanute, die als Standartenführer bei der Inspektion dabei sein mussten, warfen sich zu Boden.
    Doch nichts geschah, keine Explosion, kein Flammeninferno.
    Verwirrt sahen sie auf. Nicht weniger verwirrt wurden sie von ihren Kameraden gemustert. »Was ist denn mit euch los?«, fragte Maluda, ein Unterobrist, grinsend.
    Sie grinsten zurück und erhoben sich wieder. Doch noch während sie nach einer Entschuldigung suchten, tauchten plötzlich die Wawaas auf und umringten sie. Mombassa nahm die beiden Attentäter mit grimmiger Miene fest und präsentierte ihnen das beschlagnahmte Sprengstoffpaket. Ein einfacher Kanonier hatte es, durch einen leichten Bandgeruch misstrauisch geworden, bei einer letzten Kontrolle gefunden und sofort gemeldet.
    Noch am selben Abend saß Daa’tan über die Attentäter zu Gericht. Sie beschworen einhellig, von Elloa dazu angestiftet worden zu sein.
    »Diese Männer lügen«, sagte Elloa eiskalt, als sie vor dem Gericht erscheinen musste. »Sie versuchen sich auf meine Kosten zu retten. Schon deswegen solltest du sie töten lassen, Daa’tan.«
    Oliseh und Kanute zeterten und jammerten, doch Elloa ließ alles ungerührt an sich abprallen.
    Obwohl Daa’tan nicht vollends von ihrer alleinigen Schuld überzeugt war, ließ er die Soldaten dennoch hinrichten.
    Ansonsten hätte er ja Elloa töten müssen, und das wollte er keinesfalls.
    Oliseh und Kanute wurden im See ertränkt. Mombassa übernahm diese unangenehme Aufgabe, nachdem ihn Daa’tan zum »Königlichen Henker« befördert hatte.
    Elloa aber nahm der König im Gegenzug für seine Großzügigkeit das Heiratsversprechen ab. »Ich will, dass du künftig an meiner Seite bist, wenn ich die Welt regiere«, sagte Daa’tan.
    »Werde ich an deiner Seite ebenfalls regieren?«
    Daa’tan lachte. »Nein, natürlich nicht. Es reicht doch wohl, wenn du dich in meinem Glanz sonnen kannst. Aber mal sehen… vielleicht erweise ich mich ja als überaus großzügig, wenn du mir eine treue Gattin bist und mich glücklich machst.«
    Elloa wusste genau, dass sie auf seine Großzügigkeit bis zum Armageddon warten konnte. Es blieb ihr wohl trotzdem nichts anderes übrig, als seinen Wunsch zu akzeptieren. Um
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