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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme
Autoren: Christian Schwarz
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die Flüssigkeit nicht bei sich. Würgend erbrach sie sie wieder.
    Nach einer Pause versuchte es die Königin erneut. Wieder senkte sich Aruulas Gesicht der leicht gekräuselten Niloberfläche zu. Und ein Stück vor ihr… schaute ein riesiges Auge aus dem Wasser! Gerade eben war es noch nicht da gewesen. Sie erstarrte.
    Vor dem Auge begann es zu schäumen. Etwas Großes schob sich aus dem Wasser. Ein Rachen klappte auf! Fontänen lief links und rechts daran ab. Zwei Reihen messerscharfer Zähne, dicht an dicht sitzend, füllten plötzlich Nefertaris Gesichtsfeld aus. Den Rachen dahinter nahm sie wie eine Kraterlandschaft wahr.
    Harv’ah, hilf!
    Ein Nilbaarsch! Im Gegensatz zur Königin kannte Aruula diese gefährlichen Monstren. Sie hatte miterlebt, wie eines von ihnen Sherzade vom Schiff geholt und in die Tiefe gerissen hatte. Deren Oberkörper, um genau zu sein. Der Unterkörper war, fein säuberlich abgetrennt, auf den Deckplanken zurück geblieben.
    Wir sind verloren!
    Nefertari wollte sich zurückwerfen, war aber mit dem ausgemergelten Körper nicht schnell genug. Der riesige Rachen schoss auf sie zu…
    Zwei Donnerschläge erfüllten die Luft. Der Baarsch bäumte sich in der Luft auf, zappelte wie wild und klatschte knapp neben Nefertari ins Wasser. Dort zuckte er noch ein paar Mal und verschwand schließlich in der weiß brodelnden Gischt.
    Die Königin lag still. Zwei Schatten fielen über sie und schoben sich vor ihr über die Wasseroberfläche. Menschliche Schatten. Trotzdem war Aruula weit davon entfernt, erleichtert aufzuatmen. Zumal Nefertari durch die Anstrengung jetzt wieder in eine Schwächephase verfiel.
    »Ich hab’s dir gleich gesagt, Abudhabi«, vernahm die Kriegerin eine raue Stimme, die Arab sprach. »Sie ist unerfahren und trinkt garantiert an ‘ner Stelle, die viel zu tief ist, da wo die Baarsche hinkommen. Und schwupps, wär ‘se weg gewesen, wenn wir nicht aufgepasst hätten.«
    Aruula beherrschte die Sprache inzwischen leidlich gut und hatte fast jedes Wort verstanden.
    Mühsam drehte sich Nefertari um. Sie und Aruula blickten in zwei wettergegerbte, faltige Gesichter mit dünnen Vollbärten an deren Wangen. Bunte Tücher, die von einem Kopfring gehalten wurden, bedeckten die Häupter, die sehnigen Körper steckten in knöchellangen Kaftaans. In den Händen hielten die Männer, die beide mittleren Alters sein mochten, Gewehre mit verschnörkelten Kolben und langen Läufen. Krummschwerter und Dolche steckten in den schmalen Gürteln, an jedem hing ein Wasserschlauch.
    Beduuns. Sie bewohnen diese Gegend, das weiß ich von Hadban, meldete sich Aruula.
    »Die ist ja fast hin. Total ausgetrocknet« , sagte nun der Andere. »Keine Ahnung, ob wir die noch über die Düne kriegen. Wahrscheinlich hätten wir sie den Baarschen überlassen sollen. Hätte uns ‘ne Menge Arbeit gespart.«
    »Red keinen Kamshaamist. Rüstü will Weiber wie die, also geben wir sie ihm. Verstanden?«
    »Ja, Alter. Ist ja gut.«
    Abudhabi ging in die Knie. Er nahm seinen Wasserschlauch, setzte ihn vorsichtig an Nefertaris Lippen und ließ sie schluckweise trinken. Sein Begleiter stellte sich so, dass sie wenigstens ein bisschen Schatten hatte. Aber auch jetzt nahm der Magen keinen Tropfen an. Erneut erbrach Aruula alles.
    »Das sieht ganz schlecht aus. Die krieg’mer wohl nicht mehr hin.«
    Über die Dünen näherte sich ein dritter Beduun. Er führte ein Kamshaa, das eine Art Trage zog. Darauf betteten sie die ausgemergelte Frau. Ihr Schwert nahmen sie ebenfalls mit.
    Dann zog die kleine Karawane ein ganzes Stück nilaufwärts.
    Weil Nefertari nun in Agonie lag, bekam auch Aruulas Geist kaum etwas mit. Denn die Augen ihres Körpers waren geschlossen und auch die anderen Sinne nur sehr eingeschränkt tätig. Ihren mentalen Kokon zu verlassen, um ihren Körper wieder selbst zu lenken, wagte Aruula nicht. Nefertari konnte jederzeit wieder zuschlagen.
    Der Sand wich zarter Vegetation, die sich in einem breiten Streifen entlang der Ufer ausdehnte und immer dichter wurde.
    Erste Palmen bewegten ihre Blätter im Wind, auch der eine oder andere Maulbeerfeigenbaum reckte seine mächtigen Äste in den blauen Himmel. Dichtes, übermannshohes Gebüsch und ein spärlicher Grasteppich bestimmten nun das Bild.
    Schließlich kam ein uraltes, verrostetes Schiffswrack in Sicht. Das einstige Nilkreuzfahrtschiff war von der Flutwelle, die dem Kometeneinschlag gefolgt war, ein Stück an Land geschleudert worden. Die Beduuns bewohnten es
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