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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme
Autoren: Christian Schwarz
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kurz. Eine weitere Wurzel schoss empor, ringelte sich zielsicher um Elloas Handgelenk, als diese gerade das Schwert zum neuerlichen Schlag erhob, und drückte zu. Die Königin schrie auf. Das Schwert entglitt ihren schlaff gewordenen Fingern. Eine zweite Wurzel umklammerte ihr linkes Handgelenk, eine dritte und vierte griff zu. Und ehe sie sich’s versah, stand sie dicht an die schrundige Rinde des Bahbabs gepresst, die Arme über den Kopf gestreckt. Direkt über Yaos Grab. Jedes Ziehen und Zerren an ihren Fesseln war vergeblich. Als sie das begriff, schaute sie fast teilnahmslos zu, wie auch Yaos Kopf unter der braungelben Erde verschwand.
    Unter dem Erdhaufen zuckte es noch ein paar Mal, dann war es still.
    Die großen Wurzeln blieben im Boden, während die kleinen die Oberfläche über dem Grab einebneten. Daa’tan dirigierte sie mit großartigen Gesten, damit auch der Letzte begriff, wer für dieses unheimliche Geschehen verantwortlich war.
    Sie sollen mich für einen Gott halten…
    Dann schritt er zum nunmehr verwaisten Thron des Huutsi-Königs. Er zerbrach das Zepter, das davor lag und setzte sich auf den Thron. Der zahme Lioon Yaos sprang hoch, brüllte und schlug mit der Tatze nach ihm.
    Daa’tan schaute nach oben, wo plötzlich ein Ast aus dem Bahbab brach und über den Löwen stürzte. Seine Bruchstelle, so spitz wie ein Speer, bohrte sich direkt hinter dem Kopf ins Genick des mächtigen Tieres.
    »So, das wäre dann auch erledigt«, sagte Daa’tan zufrieden.
    Mit einer herrischen Geste winkte er Banta herbei. »Du da – du wirst jetzt meinem Volk übersetzen, was ich zu sagen habe.«
    Banta, in deren Augen die blanke Furcht stand, machte ein Zeichen der Zustimmung.
    »Der König ist tot. Es lebe der König«, begann Daa’tan seine »Thronrede« mit einem Zitat, das er Graos Geschichtsunterricht zu verdanken hatte. »Was ich bereits angekündigt habe, ist nun Wirklichkeit. Ich, König Daa’tan, bin euer neuer Herrscher und Befehlshaber über diese Armee. An unseren Zielen ändert sich nichts: Ihr werdet die Fliegenden Städte erobern. Wenn ihr alle treu und loyal zu mir steht, werde ich euch reich belohnen. Verräter hingegen werden mit dem Tod bestraft.« Er gähnte. Die Anstrengungen der letzten Minuten hatten ihre Spuren hinterlassen. Müdigkeit griff nach ihm. »Und nun wünsche ich ein wenig auszuruhen.« Er zeigte auf den Daa’muren. »Du, Grao’sil’aana, wirst über meinen Schlaf wachen. Und wenn ich aufwache, wünsche ich alle Generäle zu sehen.«
    Banta übersetzte nur zögernd, hielt sich aber an Daa’tans Worte. Ein paar der Umstehenden murrten, aber die große Mehrheit schwieg. Niemand hatte Lust darauf, von wild gewordenen Pflanzen erdrosselt zu werden.
    Daa’tan grinste. »Ach ja, das hätte ich ja fast vergessen.« Er stand auf und zeigte mit einer großen Geste auf die immer noch am Baum fixierte Elloa. »Ich müsste diese wunderschöne Frau eigentlich zum Tode verurteilen, weil sie sich mir widersetzt hat. Weil heute aber ein glorreicher Tag für mich und euch alle ist, werde ich sie begnadigen. Das soll euch zeigen, dass ich nicht nur ein strenger, sondern auch ein großmütiger Herrscher sein kann.«
    Die Wurzeln, die Elloa umschlangen, fielen von ihr ab. Die Ex-Königin massierte ihre Handgelenke und blickte abwartend in Daa’tans Richtung.
    »Du darfst dich entfernen«, sagte der und wedelte mit der Hand, als müsse er Fleggen verscheuchen. »Wenn ich dich brauche, lasse ich dich rufen.«
    Elloa verschwand wortlos in ihrem Zelt. Und Daa’tan sah nun die Zeit gekommen, sich aufs Ohr zu legen. Er fühlte sich großartig.
    ***
    Absimbal, Lager der Beduuns, Anfang bis Mitte März 2524
    Die nächsten Tage verliefen für Aruula zwischen Hoffen und Bangen. Während ihr abgekapselter Geist nur beobachten konnte, erlebte Nefertari den Überlebenskampf ihres Körpers hautnah mit.
    Fiebrige Albträume jagten durch das Bewusstsein der Königin. Nefertari schwamm durch die Tiefsee. Furchtbare Wassermonster jagten sie, trieben sie in die Enge und fraßen sie langsam auf. Mit den Beinen voran verschwand sie im Maul einer riesigen Mureena, die in einer getarnten Höhle gelauert hatte. Aber da war plötzlich wieder dieser große weiße Thunfisch, der so gütig lächelte. Er zog Nefertari wieder aus der Mureena hervor.
    Wirre Worte in einer fremden Sprache drangen aus Aruulas Mund, wenn Nefertari den Kopf, der auf weichen Fellen ruhte, hin und her warf. Immer wieder rief sie nach
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