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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III
Autoren: Karl May
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des somalischen Mundschenken:
    „Für mich auch einen?“
    „Meinetwegen!“
    „Auch grad so groß?“
    „Ja!“
    Da holte der Garçon die Branntweinkulle herein, goß drei ziemlich große irdene Näpfe voll und verteilte diese nach der ihm sehr geläufig scheinenden Regel, ‚mir einen, dir einen und ihm auch einen‘. Lindsay war diesmal so vorsichtig, dem Napf bis auf den Grund zu sehen. Als er nichts bazzakaähnliches entdeckte, nahm er einen Schluck, einen zweiten und sogar noch einen dritten. Seine Wangen glätteten sich; das Herzeleid verschwand aus seinen vorher so tiefbetrübten Zügen, und seine Stimme hatte einen neubelebten Klang, als er lobend sagte:
    „Der Araki ist gut, sehr gut!“
    Das war das Zeichen für die Nase, sich auch wieder aufzurichten und ihre Spitze in holder Farbe frisch erröten zu lassen. Als der Wirt dies sah, trank er seinen Napf verständnisinnig aus und befahl seinem Untergebenen, ihn wieder voll zu machen. Dieser kam dem Befehl augenblicklich und über Erwarten nach, indem er nach seinem Herrn auch sich zum zweitenmal bedachte.
    Lindsay bemerkte das mit zufriedenem Lächeln, obgleich er wohl wußte, daß er der Bezahlende sein werde. Er forderte die beiden auf, soviel zu trinken, wie in ihrem Belieben stehe. Vielleicht hegte er die rachsüchtige Absicht, sie für die Schnecke in einen ganz unmuselmännischen Rausch zu versetzen. Der Wirt, welcher die Wirkungen des Raki eingehend studiert zu haben schien, fühlte sich durch die Güte seines Gastes zu der vertraulichen Mitteilung veranlaßt:
    „Du bist ein Inglis und kennst also die Gesetze des Islam nicht. Vielleicht weißt du aber, daß uns der Genuß des Weines verboten ist. Doch Raki ist kein Wein. Raki ist ein Mah es Ssahha (Wasser der Gesundheit), und daher pflegt man ihn zum steten Wohle des Gebers auszutrinken. Erlaube also, daß ich sage: ‚Sirreh mahabbehtak – auf deine Gesundheit!‘“
    „Sirreh mahabbehtak!“ beeilte sich der Somali auch zu sagen und dabei seinen Napf ebenso zu leeren, wie der Kaffewirt den seinigen. Dann wurden beide wieder gefüllt.
    Diese zwei Moslemin hatten Gurgeln wie irländische Vollmatrosen! Ich mag den Branntwein nicht leiden, und diese hastige Art des Trinkens erst recht nicht, doch wurde, wie sich später herausstellte, dieser Raki nicht nur zu Lindsays, sondern auch zu unserm wirklichen Wohle getrunken. Dabei unterhielt sich der Englishman, welcher jetzt nur zuweilen nippte, ganz ausgezeichnet mit den beiden Trinkern. Er blieb auch im Arabischen, wie er es in seiner Muttersprache gewohnt war, bei seiner eigenartigen, kurz abgerissenen Sprachweise; sie aber wurden je länger, desto redseliger und erzählten ihm eine Menge Dinge, die ihn gar nicht interessieren konnten; er hörte ihnen aber, wohl des Sprachstudiums wegen, ganz bereitwillig zu.
    Im Laufe des Gesprächs wurden auch die in der Nähe stehenden Zollgebäude und die in ihnen beschäftigten Beamten erwähnt; dies führte die Rede auf die Steuern, den Zoll und schließlich auch den Schmuggel. Die Pascherei ist wohl für jedermann ein interessanter Gesprächsgegenstand; darum wurde Lindsay jetzt noch aufmerksamer, als er vorher gewesen war. Der Wirt bemerkte das und erzählte ihm, durch den Raki unvorsichtig gemacht, verschiedene Heimlichkeiten, aus denen hervorging, daß er über dieses verbotene Gewerbe mehr wußte, als er eigentlich sagen durfte.
    Auf den Somali hatte der Branntwein einschläfernd gewirkt; der Wirt aber war lebhaft geworden; er rühmte sich, sehr viel sagen und offenbaren zu können, wenn er nur wolle, und fügte sogar, die Hand ausstreckend, hinzu:
    „Sieh diesen Ring an meinem Finger! Er ist stumm; aber wenn er einen Mund hätte, könnte er dir Geheimnisse mitteilen, von denen du gar keine Ahnung hast.“
    Es versteht sich von selbst, daß ich bei der Erwähnung des Rings Ohr war. Sollte es ein Ring der Sillan sein? Ich hatte nicht auf die Hände dieses Mannes geachtet. Auch Halef hörte mit großer Spannung zu. Er schob sich, damit ihm ja kein Wort entgehen möge, so nahe an die Flechtwand, daß sie sich laut knisternd bewegte. Lindsay bemerkte das und fragte den Wirt:
    „Ist jemand da draußen? Ich höre ein Geräusch.“
    „Allah 'l Allah!“ antwortete der Kawedschi. „Es sind zwei fremde Männer draußen, welche Kaffee trinken; das hatte ich ganz vergessen. Ihre Pferde stehen im Hof, so kostbare Pferde, wie ich noch keine gesehen habe.“
    „Aber doch nicht Radschi Pack (Reinstes
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