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2109 - Tagebuch der SOL

Titel: 2109 - Tagebuch der SOL
Autoren: Unbekannt
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das Amt des Lord-Eunuchen zu bekleiden, bis das Volk sich anders entscheidet. Und du wirst dich noch wundern, junger Wichtigtuer, wenn ich gewählt werde. Du magst ein Anführer eurer Jugendbande sein, aber die Mehrzahl der Mom'Serimer beobachtet dein Treiben mit Misstrauen."
    Shoy blieb nichts anderes übrig, als seinen Platz zu räumen. Aber kaum war er auf dem Gang, rief er nach SENECA.
    „Ich habe eine Bitte an dich. Kannst du eine öffentliche Versammlung bis in den letzten Winkel unserer Sektion übertragen, so dass alle daran teilnehmen können?"
    „Aber selbstverständlich kann ich das, Shoy. Schließlich befinden wir uns hier nicht in den Flanschen."
    „Gut. Ich werde dir Bescheid geben, sobald es so weit ist."
    Er malte sich bereits aus, wie Crumeros Gehirntentakel fast platzten, wenn seine Antrittsrede als künftiger Lord-Eunuch an alle Mom'Serimer übertragen wurde und nicht nur an seine eigenen Anhänger. Kampflos würde Shoy nicht aufgeben; immerhin hatte Crom Harkanvolter selbst ihn als seinen Nachfolger bezeichnet.
    Basch Fatingard wartete zappelnd auf ihn. „Endlich!", rief er. „Ich stand schon kurz davor, den Raum zu stürmen!"
    „Es besteht kein Grund zur Sorge", entgegnete Shoy und setzte seinen Freund in Kenntnis über die Lage.
    Danach informierte er seine Mutter und einige der treuesten Anhänger aus der „Jugendbande".
    Unterdessen berief Stap Crumero wie erwartet eine Versammlung ein. Shoy Carampo staunte nicht schlecht, als er selbst ausdrücklich dazu eingeladen wurde. Ebenso wenig wurde seine Anhängerschaft abgewiesen, die lautstark auf der Begleitung bestehen wollte. Shoy sollte sogar zur Ansprache neben den Eunuchen aufs Podium.
    „Nun, junger Shoy", sagte Stap zu ihm. „Kannst du dafür sorgen, dass unser gesamtes Volk an dieser Versammlung teilnehmen kann?"
    Shoy nickte verdutzt. „Ich habe SENECA bereits gefragt. Er wartet auf mein Zeichen. Aber ..."
    „Das ist doch in deinem Sinne, oder?"
    „Ja, schon, aber ..."
    „Also, worauf wartest du?"
    Shoys Gehirntentakel schwankten unsicher vor und zurück. Das entwickelte sich ganz und gar nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Wieso war Stap damit einverstanden, dass jeder mitbekam, was er äußerte?
    Aber er durfte sich jetzt keine Blöße geben. „SENECA, bitte starte die Übertragung!", bat er.
    In der gesamten mom'serimischen Sektion aktivierten sich nun Holos und Bildschirme, die Shoy und Stap zeigten.
    „Ich habe eine traurige Nachricht", begann Stap Crumero. „Lord-Eunuch Crom Harkanvolter lebt nicht mehr.
    Und er hat Shoy Carampo damit beauftragt, seine Bestattung zu regeln. Würdest du bitte allen seinen letzten Willen mitteilen?"
    Shoy war sichtlich beunruhigt und nervös. „Nun, er ... er überließ es mir", sagte er schließlich zögernd. „Er wollte gern an der Tradition festhalten, aber andererseits hielt er es für den geeigneten Moment, etwas Neues anzufangen."
    „Ich kannte Crom Harkanvolter sehr lange, und ich war mit ihm nicht immer einer Meinung", ergriff Stap das Wort. „Aber ich bin ihm auf die SQL gefolgt, weil ich glaubte, dass unser Volk nicht einfach so untergehen durfte. Ich war und bin sicher, dass noch viele wichtige Aufgaben auf uns warten. Der Lord-Eunuch konnte die Trennung von der NACHT jedoch nicht verkraften, sie hat ihn letztendlich zerbrochen. Andererseits aber ... hat er stets vom Außen geträumt. Das wollte er einmal sehen, die Grenzen der NACHT hinter sich lassen und ergründen, was dahinter, ja darum herum liegt. Als Lebender war ihm dies nicht mehr möglich, denn er hat sich seit der Flucht pausenlos um das Wohl seines Volkes gekümmert und keine Zeit zur Erfüllung privater Wünsche gehabt. Auch das hat ihn aufgezehrt, die ständige Sorge, dass die Mom'Serimer eines Tages nicht mehr als versprengte, verirrte Wanderer im All sein werden, die ihre Herkunft nicht mehr kennen."
    Stap Crumero sprach ungewöhnlich langsam und moduliert; seine Rede konnte unmöglich aus dem Stegreif sein. Er hatte sich auf diesen Moment schon länger vorbereitet.
    Shoy erkannte in diesen Augenblicken frustriert, dass er einer Niederlage, wenn nicht sogar Blamage entgegenging.
     
    *
     
    Der Eunuch fuhr fort: „Crom Harkanvolter hat stets seine eigenen Wünsche hinter die des Volkes gestellt.
    Erfüllen wir ihm also seinen letzten Wunsch. Der Tradition gemäß hätte er sich bestimmt gewünscht, im Konverter aufgelöst zu werden, um dem Volk in Form von Energie wieder zugeführt zu werden.
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