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2082 - Ein ganz normaler Held

Titel: 2082 - Ein ganz normaler Held
Autoren: Unbekannt
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Rausch.
    Die junge Frau hatte von Pilzen und Kakteen gehört, die so etwas verursachten, und von den legendären alten Naturvölkern, die um die Geheimnisse der Pflanzen gewusst hatten. Ihre Medizinmänner und Schamanen hatten Peyote zu sich genommen und dabei eine Weisheit erfahren, die dem zivilisierten Menschen niemals zugänglich geworden war. Plato war, auf seine Weise, wie einer von ihnen. Auch er war mit der Natur verwurzelter als irgendein Mensch, den Tia bisher kennengelernt hatte.
    Sie bewunderte ihn dafür, verehrte ihn fast. Einen Augenblick lang war sie in der Versuchung, den Rest der Kaktee, der von Plato nicht genommen worden war, auszupressen und die Wirkung der Droge an sich selbst auszuprobieren, aber aus zwei Gründen ließ sie es sein. Der Konsum von derlei Extrakten war für einen Laien wie sie nicht ungefährlich. Es konnte sein, dass sie dabei verrückt wurde. Und zweitens hatte sie noch etwas zu tun in dieser Nacht. Tia kroch in ihren Schlafsack und löschte das Licht. Auch sie lag auf dem Rücken, mit offenen Augen, aber das hatte einen anderen Grund.
    Manchmal hörte sie Plato leise kichern oder etwas in einer Sprache flüstern, die sie nicht verstand.
    Vielleicht redete er mit oder zu irgendeiner ihr unbekannten Gottheit - oder mit dem Universum selbst. Die Stunden vergingen, und endlich, es war fast Mitternacht, hörte sie nichts mehr von ihrem Gastgeber. Der alte Mann schien über seine süßen Träume eingeschlafen zu sein. Sie hoffte es, denn bald musste sie sich an ihr Werk machen. Tia de Mym wartete eine halbe Stunde, dann schlüpfte sie so leise wie möglich aus ihrem Schlafsack, setzte eine Nachtsichtbrille auf, die sie aus einer Tasche ihrer Kombination geholt hatte, und stand auf.
    Plato hätte sie nicht mehr sehen können, selbst wenn er wach gewesen wäre. Denn Tia war unsichtbar, als sie die Hütte verließ; unsichtbar mit Hilfe eines Deflektors...
     
    3.
     
    Terra, Mittelmeer
    17. Februar 1304 NGZ
     
    Ein Blitz zischte neben ihm ins Wasser, und der fast gleichzeitige Donnerschlag riss ihn aus seiner Ohnmacht. Banther Richsen schnappte nach Luft. Zu seinem Glück befand sich sein Kopf über Wasser. Gierig sog er die Luft in seine Lungen. Die Arme gehorchten ihm wieder, automatisch. Er japste wie ein Fisch und arbeitete mit allen vier Gliedmaßen, nur um an der Oberfläche zu bleiben.
    Dabei half ihm die in den Kragen seiner Jacke integrierte, automatische Schwimmweste, die ihn jetzt, nachdem der schlimmste Sturm abgeflaut war, über Wasser hielt. Vorher hatte sie ihm nicht helfen können, aber die von dem Schlachtschiff verursachte Turbulenz war längst vorbei. Doch das Unwetter tobte nach wie vor und war schlimm genug.
    Richsens wasserfeste Thermobekleidung sorgte für konstante Körpertemperatur. Es war tiefe Nacht. Im grellen Licht der Blitze sah der Techniker sein Boot, die ANTJE, auf den Wellen schaukeln, keine zwanzig Meter von ihm entfernt. Seine Hände fanden die Leine, die ihn mit dem Motorboot verband. Die Erinnerung kehrte schlagartig zurück: Er hatte sich wieder festgehakt, bevor er über Bord gespült worden war. Eine automatische und instinktive Handlung, unbewusst: der Griff zur Leine und den Karabinerhaken in die Schlaufe am Gürtel.
    Banther Richsen wurde wieder von einer Welle überspült. Es blitzte und donnerte ohne Unterlass.
    Abermals tauchte er auf. Regen und Gischt schlugen ihm ins Gesicht. Er schnappte mit offenem Mund nach Luft. Dann hatte er die Hände an der Leine und hangelte sich an ihr zum Boot zurück, Griff um Griff, Meter um Meter. Viel zu langsam schien das Boot näher zu kommen. Dabei konnte er im Grunde genommen froh sein, so weit abgetrieben worden zu sein. Hätte der Sturm ihn während seiner Bewusstlosigkeit gegen den Rumpf geschleudert, wäre er möglicherweise schwer verletzt worden und nicht mehr aufgewacht. Immer noch halb benommen, zog sich Richsen weiter auf die ANTJE zu, die von den Wellen geschaukelt wurde, aber nicht mehr quer lag. Ihn fröstelte es, obwohl ihm nicht kalt sein konnte. Nur noch wenige Meter im Kampf gegen die aufgewühlte, peitschende See ...
    Und dann hatte er es geschafft. Seine rechte Hand griff an die Seite des Bootes, bekam eine Leine zu fassen. Er holte tief Luft und aktivierte all seine Kraft. In einer schier übermenschlichen Anstrengung gelang es ihm, sich an Bord zu ziehen. Danach lag er für mehrere Minuten auf dem Rücken und spuckte Wasser, während neben, hinter und vor ihm die Blitze ins Wasser
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