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2047 - Finale für die Nacht

Titel: 2047 - Finale für die Nacht
Autoren: Unbekannt
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wieder und nicht vorhersehbar ihre geschlechtlichen Merkmale. Aus jedem jungen Mom'Serimer konnte ein Mann oder eine Frau werden, das ließ sich nicht bestimmen. Es war völlig ungewiss, ob aus Kinderfreundschaften Männer- oder Frauenfreundschaften wurden oder etwas ganz anderes: ein Paar, das wieder Kinder zeugte und gebar. Mom'Serimer wurden nur bis zu 1,20 bis 1,30 Meter groß und besaßen einen weitgehend hominiden Körperbau. Ihre Hautfarbe war ein bleiches Rosa. Der Schädel auf dem dünnen, faltigen Hals wurde von einem stark ausgeprägten, knollig vorragenden „Nordergesicht" geprägt, während der fliehenden Stirn ein kaum ausgeprägter Hinterkopf folgte. Der schmallippige, kleine Mund befand sich an der Unterseite des Vorderschädels. Seine Oberseite war bestimmt von einer flachen, breitgedrückten, leicht vorragenden Nase mit nur einer Öffnung. Gesonderte Riechsensoren befanden sich darunter in zwei kleineren Löchern.
    Die Augen von schmaler Mandelform saßen seitlich der Nase. Die Mom'Serimer hatten aufgrund ihrer überragenden Anpassungsfähigkeit - bedingt durch den schnellen Generationswechsel - die Infrarotsichtigkeit entwickelt.
    Hinter den Augen entsprangen zu beiden Kopfseiten oberhalb kleiner Ohröffnungen bis zu sechzig Zentimeter lange „Tentakel" - Knorpelfortsätze des Schädels, in denen Ganglien-Ausläufer des Gehirns saßen und die vibrationsempfindliche Rezeptoren darstellten. Je nach Geschlechtsausprägung dominierte männlich - entweder das rechte Gehirntentakel-, oder das linke - weiblich -, im Neutrumszustand befanden sich beide Tentakel im ausgewogenen Gleichgewicht. Die geschlechtliche Polarisierung verstärkte noch die ohnehin vorhandene Unruhe und Hektik dieser kleinen Wesenheiten. Und damit hatte nicht nur Rue Kantasiak seine liebe Mühe und Not. Zwar war nur bei einem kleinen Teil seiner Schüler inzwischen schon die Geschlechtlichkeit durchgebrochen, doch steckten diese die sowieso aufsässigen Jüngeren an, so dass kaum ein geregelter Unterricht möglich war.
    Nur dem Umstand, dass Rue Kantasiak für diesen Tag ein besonderes Experiment angekündigt hatte, war es zu verdanken, dass ihm keine Gegenstände um die Ohren flogen und sich das aufgeregte Geschnatter der Schüler untereinander halbwegs in Grenzen hielt. „Wir simulieren heute die Annäherung eines Jetboots an die Finstergrenze", verkündete er seiner Rasselbande mit lauter, heller Stimme. „Ihr alle habt in eurer Mediazelle eure Computer vor euch und seht die schematische Abbildung dieser Grenze, die uns von der umliegenden Galaxis Segafrendo trennt. Wer in die Finstergrenze hinein- oder zu nahe an sie heranfliegt, ist verloren. Er verliert sich im Hyperraum. Das müsst ihr alle wissen. Ich weiß, es gibt Abenteuerlustige unter euch, die gerne einmal hinfliegen würden. Um ihnen das Mütchen zu kühlen, machen wir dieses Experiment."
    „Ein Experiment kann die Wirklichkeit nicht ersetzen!" schnatterte ihm ein besonders aufmüpfiger Schüler entgegen. Rue Kantasiak kannte ihn. Sein Name war Jeoap, Andele, ein eigentlich höchst intelligenter junger Mom'Serimer. „Das kann es wohl nicht", antwortete Rue, „aber es kann der Wirklichkeit sehr nahe kommen. Möchtest du mit dem virtuellen Jetboot fliegen, Jeoap?"
    Seine Klassenkameraden drängten ihn mit lautem Gekreische, und der junge Mom'Serimer willigte ein. Er verließ seine Mediazelle, trat vor und stellte sich neben das Jetboot, das für den Flug vorbereitet worden war. Ein Terraner hätte ein solches Jetboot eher mit einem kleinen irdischen Tauchtorpedo verglichen. Man verschwand nicht in einer Kabine, sondern verankerte sich auf einem außen angebrachten Liegegestell. „Betrete jetzt das Boot!" forderte Rue Kantasiak Jeoap auf. „Klammere dich fest an seine Griffe, denn gleich beginnt der Versuch. Du wirst in eine virtuelle Welt geschickt und musst an der Finstergrenze navigieren. Du weißt, wie nahe du ihr nur kommen darfst, also richte dich danach. Wenn du ihr zu nahe kommst, ist das für dich in diesem Versuch zwar nicht tödlich, aber es kann trotzdem Schmerzen und Irritationen hervorrufen."
    „Ich bin längst bereit!" rief der junge Mom'Serimer schnatternd. „Ich habe keine Angst."
    „Nun gut", sagte Rue. „Alle passen auf. Der Versuch beginnt - jetzt!" Der Indoktrinato sprach einen Befehl. Im nächsten Moment baute sich dort, wo er vor der Klasse gestanden hatte, eine Holowand auf. Rue Kantasiak trat hindurch und in die Reihen zwischen den
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