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2033 - Tod im Türkisozean

Titel: 2033 - Tod im Türkisozean
Autoren: Unbekannt
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Aber wir sind ein Teil von dir. Paumyr! Du wirst mich nicht töten. Und du wirst Latruiz nicht töten. Du kannst nur aufhören, von uns zu träumen. Willst du das Paumyr, Große Mutter? Willst du das wirklich?"
    Der Al'diiz stand still. Die wandernde Pflanzenwand in ihrem Rücken stand still.
    Und dann, mit ruckartigen Bewegungen seiner riesigen, ringförmigen Muskeln, zog sich Paumyrs Wurm wieder zurück. Das häßliche Schaben seiner messerscharfen Borsten wurde leiser und leiser, sein Gestank wich dem Geruch nach jungen Blättern und frischen Wurzeln, und als die beiden Rautak vorsichtig um die Höhlenkrümmung gingen, hinter der der Al'diiz außer Sicht geraten war, sahen sie nur einen leeren, von Lichtadern durchpulsten Korridor, an dessen Ende eine ovale Pflanzenpforte lag, die mit ihren dunklen, an den Seiten herabfallenden Schleierranken ein wenig an eine riesige Vulva erinnerte.
    An eine Vulva, die sich bereitwillig öffnete. Sie traten hindurch und wurden von einer mächtigen mentalen Stimme empfangen.
     
    *
     
    Willkommen in meinem Herzen, Jamaske und Latruiz! Ihr habt mich nicht enttäuscht.
    Besonders du nicht, Jamaske!
    Es war Paumyr! Paumyr, die Eine, sprach zu ihnen! Ihre Stimme ertönte direkt in Jamaskes Gehirn. Aber nicht nur in ihrem Gehirn, sondern auch in der weitläufigen, von einem silberstrahlenden Licht durchfluteten Kaverne, die sich vor ihren Augen auftat. Für einen Moment glaubte Jamaske, sie befände sich draußen, unter freiem Silberschirm, aber als sie zur gewölbten Decke hochsah, in die Millionen lichtführender Pflanzenfasern mündeten, erinnerte sie das Geglitzer an den Sternenhimmel fremder, außerhalb der Schmetterlings wölke gelegener Planeten, den ihr die Buchkristalle gezeigt hatten.
    Im Zentrum der runden Kaverne senkte sich der Boden ab, und dort, an seiner tiefsten Stelle, lag ein kleiner, azurblauer Teich. Von dort kam auch Paumyrs Stimme. Oder eigentlich nicht von dort, sondern aus der atemberaubend schönen, zehn Meter hohen Riesenpflanze, die in der Mitte des Teiches aus dem sachte bewegten Wasser wuchs.
    Paumyr, bist du das? Bist du diese Pflanze?
    Ich bin auch diese Pflanze, antwortete die mentale Stimme, begleitet von etwas, das Jamaske für ein Lachen hielt. Der lilafarbene Stamm der Paumyrpflanze war von Zehntausenden feinsten Blüten bedeckt, die jetzt, während eine Woge gütiger Heiterkeit die Kaverne erfüllte, Wolken von süßlich riechendem Blutenstaub ausstießen. „Wir sind gekommen, dich um Antworten zu bitten", sagte Jamaske laut.
    Nein, Jamaske. Du bist gekommen, um deiner Mutter in der Zeit ihrer größten Bedrängnis beizustehen, erklang Paumyrs Stimme in Jamaskes Gehirn. „Wie sollte ich dir beistehen können, Große Mutter?"
    Du weißt es, Jamaske, dachte Paumyr zurück, und im selben Moment wußte es Jamaske wirklich. Ihr Geist verschmolz mit dem Geist der Inzaila. Sie sah durch ihre vielen winzigen Augen, die doch ein einziges großes Auge waren. Sie fühlte durch ihre Millionen Poren. Sie tastete mit ihren Flimmerwurzeln hinaus in die Schmetterlingswolke und spürte die kühlenden Wogen des Türkisozeans um ihren schwimmenden Pflanzenrumpf. Das Wissen, das Jamaske in diesen wenigen Sekunden zufloß, hätte in einem ganzen Gebirge von Buchkristallen keinen Platz gefunden. Es war das Wissen um Paumyrs Werden und um Paumyrs Bestimmung. Und es war das Wissen um die große Gefahr, in der sich Paumyr befand.
    Paumyr, die Eine, entließ Jamaske ein letztes Mal aus der geistigen Verschmelzung und sprach mit lauter Stimme, so daß sie auch Latruiz verstehen konnte. „Du bist das eigenwilligste und eigenständigste Geschöpf, das ich je erschaffen habe, Jamaske. Du beherrschst das Wahrträumen. Du kennst den Zweifel. Und den Zweifel kennen heißt, denken können. Du hast deinen inneren Kompaß gefunden. Du bist die einzige, die auch draußen, jenseits des Silberschirms, bestehen kann. Und darum werde ich dich zu meiner Botin machen."
    „Aber das ist doch nicht wahr", sagte Jamaske in einem schwachen Versuch des Aufbegehrens. „Latruiz wäre viel besser geeignet. Latruiz hat schon über die kosmischen Geheimnisse nachgedacht, als ich noch eine dumme Fischerin war."
    „Ja", sagte Paumyr sanft. „Und Latruiz hat resigniert. Er ist nicht zufrieden mit dem, was ihr seid. Du weißt noch nicht, ob es dich wirklich stören soll. Du stellst dir die Frage, ob es überhaupt einen Unterschied macht. Macht es denn einen Unterschied, Jamaske? Macht es einen
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