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2033 - Tod im Türkisozean

Titel: 2033 - Tod im Türkisozean
Autoren: Unbekannt
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seinem Blütenhaus, seinem gekenterten Räumboot, seinen Wunschgeräten und Zaubermaschinen blieb wie von Paumyr verschluckt.
    Sie mußten sich wohl oder übel wieder an den Abstieg durch die Knotenwälder machen.
    Als sie zu jenem kühnen Vorsprung hoch über der Gelbmohnküste kamen, dem Platz, der so lange Jamaskes bevorzugter Aussichtspunkt und Zeuge ihrer zügellosesten Liebesspiele gewesen war, stockte ihnen der Atem, und sie blieben wie angewurzelt stehen. Es waren nicht ihre Erinnerungen oder der grandiose Ausblick über den Türkisozean, die sie am Weitergehen hinderten. Es war die riesige Erscheinung, die sich eben, umzüngelt von goldenen Blitzen, am Silberschirm manifestierte.
    Nicht nur die Blitze, die sich in einer konzentrischen Wellenfront über den ganzen Silberschirm ausbreiteten, auch das gigantische, hanteiförmige Objekt selbst strahlte in einem satten Goldton, der aber an manchen Stellen, dort, wo die schemenhafte Erscheinung den Silberschirm fast schon zu durchdringen schien, in ein rotes und weißes Glühen überging.
    Dann wurde das Glühen wieder schwächer, die Blitze versickerten im Silberschirm, und die Manifestation verblaßte, bis sie gänzlich verschwunden war.
    Bei all ihrer monströsen Größe hatte die Erscheinung - im Gegensatz zu den schwarzen, Phantom-Zylindern - nichts Furchterregendes, sondern sogar etwas seltsam Vertrautes und Freundliches an sich gehabt, aber Jamaske war trotzdem noch wesentlich alarmierter als zuvor.
    Was geschah bloß auf Auroch-Maxo-55? Und was ereignete sich hinter dem Silberschirm?
    Jamaske faßte einen Entschluß. „Wir gehen hinunter in die verbotenen Stollen!" sagte sie zu Latruiz, der noch immer unter dem Eindruck der Manifestation stand. „Wir suchen Paumyrs Herz. Wir fragen Paumyr selbst, was mit unserer Welt geschieht. Und wir fragen sie, was mit uns weiter geschehen soll!"
    Sie kletterte mit geraffter Yukka über die Hohlbaumwurzeln nach unten, und Latruiz blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Ein Türkisvögelchen saß funkelnd und glitzernd auf dem schwankenden Ast eines Siebenstrauchs, aber die beiden Rautak bemerkten es nicht.
     
    *
     
    Der Weg durch die verbotenen Stollen war lang, aber er schien bei weitem nicht so gefährlich zu sein, wie Jamaske immer erzählt worden war. Sie hatten sich einen großen Vorrat an Fackelwurzeln mitgenommen, da sie nicht wußten, ob sich Paumyrs Lichtadern so tief in ihr Inneres hinein fortsetzten, aber abgesehen davon, daß die Höhlenwandungen selbst eine dunklere Farbe hatten, waren auch die verbotenen Stollen von einem grünlichen, manchmal rötlichen, manchmal tiefgelben Licht durchdrungen, das wie schimmernde Lymphe und leuchtendes Blut durch Paumyrs schwer atmende Pflanzenwände rann.
    Latruiz, ständig darum bemüht, mit Jamaske Schritt zu halten, beschwerte sich bald: „Wir sollten das nicht tun, Jamaske! Wir dürfen das nicht! Das sind die verbotenen Stollen. Du weißt doch noch, was verboten heißt? Der Hohe Horcher wird uns bestrafen. Und der Rat der Paumyr-Sprecher wird uns für immer aus den Hohlen der Unterweisung verbannen ..."
    Jamaske hastete weiter. „Sei nicht dumm, Latruiz!" gab sie über die Schulter zurück. „Hast du es schon vergessen? Der Hohe Horcher existiert nicht mehr, und wenn es so weitergeht, dann wird es auch bald keinen Rat mehr geben ..."
    Sie folgten den Windungen der verwucherten Korridore und drangen tiefer und tiefer in die verbotenen Stollen vor, die manchmal von einem Schauer durchlaufen wurden, von einer Welle ungleichmäßiger Kontraktionen und von etwas, das wie ein fernes Seufzen klang. Erst als sie zum dritten Mal an einer auffälligen Konstellation pflanzlicher Knollen vorbeikamen, die wie ein abstraktes Relief aus einer Tunnelwandung herausragten und mit blind tastenden Greifranken an ihren Gewändern zupften, wurde Jamaske klar, daß sie die ganze Zeit über im Kreis gelaufen waren.
    Oder eigentlich nicht im Kreis, sondern im Knoten.
    Jamaske war sich keineswegs mehr sicher, ob sie tatsächlich abwärts in Richtung Paumyrs Herz gelaufen waren. Etwas in ihrem Magen sagte ihr, daß ihre Füße nicht nur einmal hinauf zum Silberschirm und ihre Köpfe hinunter in Richtung Meeresgrund gezeigt hatten. Es war, als ob sie sich innerhalb einer Knotenbaumwurzel befinden würden. Und diese Wurzel - dieses Wurzelgewirr - war ständig in Bewegung, löste hier eine Verflechtung auf, um sich dort mit einem anderen ihrer eigenen Ableger zu verbinden, und
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