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2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Bastei
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beiden Händen übers Gesicht, und während er nach vorn gebeugt dasaß, spürte er auf einmal zarte Hände auf seinen Schultern. Maria war hinter ihn getreten, massierte ihn eine Weile, den Blick auf den Atlantik hinaus gerichtet, und auch als sie aufhörte, ließ sie ihre Hände, wo sie waren. Tom überkreuzte die Arme vor der Brust und legte seine Hände auf Marias.
    Das tut genauso gut wie eben noch ihre Massage.
    » Wenn wir auf dem Festland sind, kleiden wir uns erst mal neu ein, okay? Pauahtun zahlt.« Er grinste zu ihr hoch, in die Sonne blinzelnd, und sie nickte lächelnd. Ihre Kleidung war vom Salzwasser genauso steif und fleckig wie seine und Alejandros.
    »Und dann?«, fragte sie. Er sah, wie ihr Blick zu Jandro wanderte, und wusste, was sie bewegte. Die Sorge um ihren autistischen Bruder war unter gewöhnlichen Umständen schon groß genug. Die Situation, in der sie jetzt steckten – »In die du sie gebracht hast, mein Lieber!«, erinnerte ihn eine garstige innere Stimme unnötigerweise –, war mehr, als selbst eine starke Frau wie Maria auf Dauer ertragen konnte.
    Nun ging auch sein Blick aufs Meer hinaus, wo er ganz andere Dinge sah als die grauen Wellen mit ihren schaumigen Hauben, die Möwen und die Boote der Segler. »Ich will euch nicht länger in Gefahr bringen.«
    Er spürte, wie sich Marias Hände auf seinen Schultern verkrampften. »Du willst dich von uns trennen?«
    Er fasste mit seinen Händen fester zu. »Nein«, beruhigte er sie. »Ich werde euch nicht allein lassen.« Er grinste wieder nach oben. »So schnell wirst du mich nicht los. Zu früh gefreut.«
    Ihr hübsches Gesicht mit den dunklen Augen sah ernst auf ihn herab, ernst und ein bisschen traurig. »Ich hatte mich nicht gefreut.«
    Er sah wieder über das Schiffsgeländer aufs Wasser hinaus und griff den Faden von neuem auf. »Wir werden nicht nach Yucatán reisen, um nach dem Grab des Mayapriesters zu suchen. Diese Indios hätten uns wahrscheinlich schon auf dem Airport am Wickel.«
    Er konnte Maria Luisas Kopfschütteln über sich spüren. »Aber der Armreif?! Du hast doch gesagt, er sei …«
    Tom nickte. »Wichtig. Ist er auch. Immer noch. Ich muss ihn haben. Unbedingt.«
    »Dann versteh ich nicht …«, begann sie.
    »Ich werde jemanden bitten, den Armreif zu suchen und ihn mir zu bringen«, erklärte er.
    »Gibt es denn noch jemanden, dem du so sehr vertrauen kannst?«
    »Du meinst, jemanden, dem ich so etwas zumuten kann?« Ein ungewollt wehmütiges Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, während er nach wie vor übers Meer schaute, tatsächlich aber in eine andere Zeit zurückblickte.
    Maria Luisa nickte.
    »Ja, so jemanden gibt es«, sagte er.
    »Und wer ist das?«
    »Jemand, der Kummer mit mir gewöhnt ist – meine Frau.«
    Maria Luisas Hände lösten sich von seinen Schultern, als hätte sie sich verbrannt.

    Auf der Île de Ré gab es zwar eine Gendarmerie, jedoch war sie nur mit einem einzigen Beamten besetzt. Dieser Beamte war, wie es zumindest den etwas Jüngeren auf der Insel schien, seit jeher Louis Cruchot gewesen, der in dem schmalen, weiß getünchten Haus, in dem sein quartier général untergebracht war, auch wohnte und thronte wie in einer kleinen Burg und sich dabei auch vorkam wie ein kleiner König – wobei andere die Betonung auf klein gelegt hätten, hinter Cruchots Rücken. Ins Gesicht hätte man es ihm nicht gesagt. Denn Cruchots cholerische Wutausbrüche waren berüchtigt, und er ließ sich dann auch schon mal zu Dingen hinreißen, mit denen er seine Amtsgewalt bis an ihre äußersten Grenzen ausreizte. So hatte er einmal einen Touristen verhaftet, nur weil der es gewagt hatte, »dummdreist auf ihn herabzuschauen« – wofür der Mann nichts gekonnt hatte: Er war über zwei Meter groß gewesen, und Cruchot war … nun, etwas kleiner eben.
    Trotzdem machte er jetzt, da er in Uniform und die Hände auf dem Rücken verschränkt, oben auf der Treppe zum Reviereingang stand und auf den Fußballen wippend die Straße hinunterschaute, einen durchaus respektgebietenden Eindruck.
    Das Einsatzfahrzeug der Kollegen aus La Rochelle stoppte unter ihm am Straßenrand. Zwei Gendarmen, ein älterer, den Cruchot seit Jahren kannte, und ein Jungspund, den er noch nie gesehen hatte, stiegen aus. Sie grüßten – der Junge salutierte sogar – und öffneten dann den Fond des Wagens, um ihr »Mitbringsel« herauszuholen.
    Da Cruchot der einzige Gendarm auf der Insel war und seine »Zentrale« nicht unbesetzt lassen
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