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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag
Autoren: Joachim Masannek
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Kopf und steckte ihm seine Coca-Cola-Glas-Brille auf die vor Entsetzen ganz bleiche Nase.
    „Es ist 2 Uhr 57, und bevor mich dieses Ding noch einmal aufweckt, gehst du da raus und bringst es zum Schweigen. Ich sag das nur einmal, hast du kapiert?!“
    Raban nickte gehorsam, kroch aus dem Bett, packte mit spitzen Fingern seine Hose, fühlte die Maden, die aus dem Schimmel krochen, im Bauch und schlich aus dem Haus.
    Dort traf er erleichtert auf Markus und Maxi. Doch die hoben die Fäuste: ‚Sag ja nichts, hörst du! Halte den Mund!‘, sagten sie damit und Raban verstand. Wortlos schlichen die drei durch die Straßen der Stadt. Sie schoben ihre Räder, damit sie nicht schneller als nötig in Camelot ankommen würden, passierten die Kirche und fanden Vanessa, die auf der mannshohen Mauer des Friedhofs stand. Sie empfing die Kerle mit einem düsteren Blick.
    „Wollt ihr das wirklich?“, fragte sie sie, als ob sie, wie Leon, mehr über die Wölfe von Ragnarök wusste, als sie und der Slalomdribbler zugeben wollten.
    „Wollt ihr das wirklich?“, fragte sie drohend.
    Da nickten die drei. Sie sagten kein Wort. Der Kloß in ihrem Hals war dafür viel zu groß und deshalb blieb Vanessa nichts anderes übrig. Sie wischte sich ihre Haare wütend aus dem Gesicht und folgte den Freunden zu Juli.
    Der stand mit Leon und Marlon im Garten und spähte zur alten Platane hinauf.
    „Ich war’s nicht!“, entschuldigte sich „Huckleberry“ Fort Knox, der noch seinen Schlafanzug trug. „Ich hab’s nicht geblasen. Kreuzkümmelgekackt! Ich bin seit zwei Jahren nicht mehr da oben gewesen.“
    „Also gut!“, sagte Marlon und machte sich Mut. „Dann gehen wir halt, ja, dann schauen wir mal nach. Es kann uns doch eigentlich gar nichts passieren.“
    Und obwohl er wusste, dass er sich faustdick belog, ging er zum Baum, ließ die mit Efeu überwucherte Leiter herunter und stieg die morschen Stufen hinauf.

EINMAL WILD, IMMER WILD
ODER NIEMALS WILD GEWESEN
    Nach Marlon trat ein Wilder Kerl nach dem anderen in die kreisrunde Halle von Camelot, die den Stamm der alten Platane in einem gigantischen Radius von fast dreieinhalb Metern umschloss. Doch ich sah die Kerle nur schemenhaft wie Geister oder Gespenster. Denn nach meinem Sturz durch das Dach des Baumhauses stand der Staub wie ganz dichter Nebel im Raum. Heimlicher Kopfkissenzipfellutscher! Für einen Moment glaubte ich wirklich, ich sähe nur ihre Geister. Die Geister einer Legende, die, einmal so strahlend und sternschnuppenfunkelnd, jetzt farblos und stumpf zu Staub zerfielen.
    Auch Marlon und Leon waren geschockt und Maxi und Markus sahen sich an, als hätte man sie an einen Ort gebeamt, an dem man Fußball noch nicht kannte. Nicht Fußball und auch nicht die Leidenschaft oder den unbändigen Mut, die Wildheit und Lebensfreude, die sie damit verbanden. Es schien so, als schaute Vanessa in einen Spiegel und müsste mit ansehen, wie ihre Sonnenuntergangshaare langsam vergilbten und wie sich ihre Haut in gefriergetrockneten Falten über ihre fleischlosen Knochen zu spannen begann. Raban dachte gar nicht daran, sich den Staub von der Brille zu putzen. Er fühlte alles. Er musste nichts sehen. Und Juli knetete seine Mütze so, dass kleine Staubwolken aus ihr hervorstoben. Staubwolken, die wie Atemzüge waren. Die letzten Atemzüge eines gestrandeten und im ausgetrockneten Sand verendenden Wals.
    „Das riecht hier nach etwas, was es schon lang nicht mehr gibt“, wiederholte ich Aprils fatale und doch so wahre Worte. „Das riecht hier zu sehr nach verlorenem Herzen!“
    Vanessa erschrak und Leon fuhr zornig zu mir herum.
    „Hast du dich getraut, das Horn zu blasen?“
    Dann musste er husten.
    „Was fällt dir ein? Das Horn ist heilig. Das darf nur von uns geblasen werden. Du darfst noch nicht einmal daran denken …!“
    „Aber ihr tut es ja nicht. Ihr blast nicht ins Horn!“, fiel ich ihm ins Wort.
    „Weil es keinen Grund gibt!“ Leon blaffte mich an. „Es ist alles in Ordnung. Das Horn ist für Notfälle.“
    „Und das hier ist alles nicht Notfall genug?“, konterte ich und deutete auf die verstaubte Halle. „Wann seid ihr das letzte Mal hier gewesen? War es, als Jojo vor einem Jahr ging? Oder ist es noch länger her? Als euch Fabi verlassen hat, oder Felix und Deniz, Rocce und Annika? Oder, Juli, war es vielleicht, als dir dein kleiner Bruder Joschka gesagt hat, dass ihm die Kerle zu langweilig sind?“
    „Du nervst, hörst du, Nerv!“, zischte Juli mich an.
    „Und
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