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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag
Autoren: Joachim Masannek
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euch fertig sind!“
    Ich schnappte nach Luft und ballte die Fäuste.
    „Wenn ihr dann überhaupt noch reden könnt. – Oh jahhh!“, seufzte ich und genoss meine Worte.
    Ich spürte die Wärme und Kraft meines Muts. Ich war stolz auf mein Handeln und hob meinen Kopf. Ich spürte das Leuchten auf meiner Stirn. Da lachten die Wölfe, und Klette, die Kleinste unter ihnen, brachte den Spott ihrer Freunde auf den schmerzhaften Punkt.
    „Dann treffen wir uns in Donnerschlag . Dann seid ihr ja eingeladen. Dann wisst ihr bestimmt auch, wo Donnerschlag liegt. Oder irre ich mich? Nervst du mal wieder? Hast du mal wieder nur ’ne ganz große Klappe?“
    Ich hätte sie töten können. Doch sie hatte recht, und das war noch schlimmer als alle Beleidigungen von April zuvor. Meine Knie wurden weich, und bevor sie das sehen konnten, floh ich aus der Halle durchs Fauchende Tor . Ich sprang von der Gespensterbrücke auf mein Kinderfahrrad und sauste damit aus dem Wilden Wald . Ich preschte durch den Fluss und die Magische Furt und – ich hab keine Ahnung, ich weiß nicht warum: Ich raste auf dem kürzesten Weg zu Juli nach Hause. Dort riss ich das kleine Tor beinah aus den Angeln und lief in den Garten, in dem sich das Baumhaus der Kerle mit seinen Hallen und Türmen um den Stamm der alten Platane bis hoch in die mächtige Baumkrone schwang.

CAMELOT ERWACHT
    Ich sprang in den Aufzugkorb. Ich löste das Seil, das die Sandsäcke hielt. Die sausten nach unten und katapultierten mich hinauf zum obersten Turm.
    „Hindukusch-kuschliges Magenkribbeln!“, lachte ich überrascht und begeistert zugleich. Das kannte ich bisher nur aus den Geschichten der Kerle, und als sich die Wolke aus Staub und den Herbstblättern der letzten zwei Jahre um mich herum zu legen begann, sah ich das Krähennest: den Mastkorb der Festung, der vom Wipfel des alten Baumes umspielt langsam und ächzend im Nachtwind schwankte. Ich sprang aus dem Katapultaufzug in das Nest, zog die Plane vom großen Horn und wollte schon zum Alarmruf blasen, da überfiel mich ein Erstickungsanfall. So dick war die Staubschicht auf der Plane gewesen, dass ich fünf Minuten nach Atem ringen musste. Dann versuchte ich es hustend und spuckend. Ich blies ins Horn. Die Augen traten mir dabei aus den Höhlen. Mein Schädel drohte zu explodieren. Da flog ein Vogelnest aus dem Trichter des Horns und ließ den Ton endlich heraus.
    Und dieser Ton war ein mächtiges Donnern, das mir die Ohren schlackern ließ. Meine Knie wurden taub. Ich taumelte gegen die Krähennestreling. Die brach, weil sie morsch war, einfach weg, und ich fiel durch die Zweige der großen Platane und durch das baufällige Schindeldach direkt in die Halle von Camelot: die heilige Halle der Wilden Kerle.
    Dort schaute ich mich verdattert um. Verwirrt und verdattert und mit einem Gefühl in der Magengegend, das mir gar nicht gefiel. Denn dieses Gefühl hatte nichts mehr mit dem hindukusch-kuschligen Magenkribbeln aus dem Katapultaufzug zu tun. Dieses Gefühl fühlte sich an wie ein von mehligem Schimmel ummantelter Käse, aus dem die Maden zu kriechen beginnen.
    Wuah, war das eklig. Doch genauso fühlte ich mich. Und genauso fühlten sich in diesem Moment, das könnt ihr mir glauben, noch ein paar andere Kerle im Wilden Land .
    Willi, zum Beispiel, der auf seinem Schaukelstuhl schlief, fiel die halb volle Bierdose aus Schreck vor dem Hornruf auf die von der Dampfhammer-Booster-Dusche immer noch klamme Hose. Er fröstelte plötzlich, sah sich vorsichtig um und erschrak, als er den Falkenschrei hörte. Der Raubvogel saß auf dem Bretterzaun. Direkt neben einem der vier windschiefen Türme in den Ecken des Teufelstopfes . Willi schob seinen Hut ganz tief in die Stirn. Er zog den Kopf ängstlich wie eine Schildkröte in den Kragen des rot-weiß gepunkteten Hemds und blitzte den Falken so feindselig an, als hätte der vor, ihn jetzt gleich zu fressen.
    Und genauso feindselig und böse schaute Leon zu seinem Bruder. Marlon stand doch tatsächlich aufbruchbereit in der Tür seines Zimmers, obwohl er die schon seit einem Jahr unter Androhung von Folter nicht ungefragt öffnen durfte.
    „Wer war dieser Vollpfosten?!“, zischte der Slalomdribbler unter dem Kopfkissen hervor, das er sich zum Schutz gegen den Hornruf über den Kopf gestülpt hatte. „Wer war dieser Idiot? Es ist drei Uhr in der Nacht!“

    „Genauer gesagt: 2 Uhr 57!“, fauchte Rabans Mutter entrüstet.
    Sie stand vor Rabans Bett, zog ihrem Sohn die Decke vom
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