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1WTC

1WTC

Titel: 1WTC
Autoren: Friedrich von Borries
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innen verriegelt. Als offizielle Todesursache gilt Selbstmord.
    »Letztens hast du noch groß von Widerstand geredet – und jetzt gibst du klein bei?« Unruhig verfolgt Mikael die Linien zwischen den Begriffen Folter, Tom, 1 WTC und SOM. »Gut, wir wissen zwar noch nicht, was das Paradies ist, aber wir wissen, dass es was mit dem Geheimdienst zu tun hat. Das ist allerdings immer noch keine Erklärung dafür, warum der Alarm ausgelöst wurde!«
    »Wie bitte?«
    »Der Alarm«, wiederholt Mikael. »Wieso wurde der eigentlich ausgelöst? Es gab doch kein Feuer oder so was. Wir müssen rausfinden, was da passiert ist.«
    »Das bringt doch nichts«, sagt Syana zögernd. »Warum willst du denn das noch wissen?«
    »Du denkst wohl wieder nur an deinen Punktestand? Als wäre das alles, worum es geht? Aber das hier ist echt, Syana, kein Spiel. Und ich will wissen, warum Jennifer da gestorben ist. Und wer daran die Schuld trägt. Und wenn wir das rauskriegen, dann muss die ganze Sache an die Öffentlichkeit. Sonst geht das Geheimdienstding weiter und es sterben noch mehr Menschen.« Mikael atmet kurz durch. »Nur wenn wir an die Öffentlichkeit gehen, sind wir geschützt.«
    Wie weit soll sie noch gehen? Wird es Zeit, ihre Rolle offenzulegen?
    Mikael betrachtet noch einmal die zentralen Begriffe auf der Mindmap, zieht die Verbindungslinien nach.
    Von Tom zu SOM.
    Von Kühlmittel zu Alarmanlage.
    Von Paradies zu Folter.
    »Syana, ich hab’s. Es fehlt was. Wir haben einen entscheidenden Faktor vergessen.«
    »Welchen?«
    »Jennifer. Es kann nur an Jennifer gelegen haben.«
    Mikael nimmt einen Stift, malt einen Kreis und schreibt »Jennifer« hinein. »Aber wie hat sie den Alarm ausgelöst? Sie war doch keine Terrorverdächtige! Kam sie wirklich wegen des Films, wegen dieser albernen ›Show you are not afraid‹-Aktion auf die Liste der Terrorverdächtigen?«
    Syana weiß, was er denkt. Und sie weiß, dass seine Gedanken nicht weit genug gehen. Aber es dauert nicht mehr lange, dann wird er auch das verstehen. So funktioniert eben »Das Spiel«.
    Jennifer hat gemerkt, dass etwas nicht mehr stimmt in ihrem Leben, dass jemand Einfluss nimmt. Und sie hat angefangen, sich dagegen zu wehren, auf ihre Art. Und Mikael?
    Syana nimmt Mikael von hinten in den Arm. »Ich bin müde. Wir machen morgen weiter, okay? Ich versuche noch ein bisschen was über das Paradies rauszufinden, die wirkliche Idee dahinter. Ich vermute, dass wir so auch mehr über den Unfall erfahren und darüber, warum Jennifer sterben musste. Bis morgen.«
    Mikael will Syana zum Abschied einen Kuss geben, doch sie dreht ihren Kopf zur Seite.
    Mikael läuft auf die Manhattan Bridge zu, gleich ist er bei seinem Atelier. Er spielt verschiedene Szenarien durch. Okay. Tom hat irgendein merkwürdiges Folterzentrum im World Trade Center geplant. Vielleicht hat man ihn ermordet, sobald die Pläne fertig waren? Weil man einen Zeugen loswerden wollte?
    Oder war es ein Unfall. Der Zerstörungsmechanismus ist aus Versehen losgegangen. Falsch eingestellt. Unwahrscheinlich.
    Die andere Möglichkeit: Jennifer war als Terrorverdächtige registriert. Immerhin fühlte sie sich in der letzten Zeit verfolgt. War das doch keine Paranoia? Aber das alles nur wegen der Filme? Oder aus irgendeinem anderen Grund?
    »Am Ende weiß man nie, wie ein Mensch wirklich ist«, hat Syana gesagt. Aber ob Jennifer ein Doppelleben führte?
    Auch unwahrscheinlich.
    Nachdem Mikael gegangen ist, räumt Syana ihr Studio auf und hängt alle Pläne und Notizzettel ab. Sie loggt sich noch einmal in »Das Spiel« ein.
    Neue Memos über das Paradies. Bald ist ihr alles klar. Der Tod von Tom und Jennifer war kein Unfall. Sondern eine Konsequenz von »Das Spiel«.
    Syana weiß, dass Mikael das jetzt noch nicht begreifen wird. Er hat bislang keinen Widerstand geleistet, doch er steht kurz davor. Dabei wird sie ihn nicht mehr unterstützen können, die Situation ist zu heikel geworden. Er muss allerdings so viel über »Das Spiel« und das Paradies erfahren, dass er versteht, worauf es jetzt ankommt. Denn wahrscheinlich wird man versuchen, auch ihn zu fassen, bevor der Skandal öffentlich wird. Sie selbst steht ohnehin unter Beobachtung. Mikaels Telefonnummer haben sie sicher von Jennifers Handy. Sie haben seine E-Mail-Adresse, seine IP-Daten. Sie können ihn jederzeit finden. Darauf muss er vorbereitet sein. Besser er verschwindet sofort.
    »Das Spiel« hat sich verselbständigt. Wie in ihrem Alptraum. Vielleicht bin
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