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1WTC

1WTC

Titel: 1WTC
Autoren: Friedrich von Borries
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führen. Sie versucht, sich abzustützen, doch dann sackt sie in sich zusammen.
    »Syana, was ist da los?«, ruft Mikael. »Irgendetwas stimmt da nicht.«
    Die Monitore beginnen zu flackern, plötzlich werden sie schwarz.
    »Warum kriegen wir die Bilder nicht mehr?«
    Syana verändert die Einstellung an den Funkempfängern, dreht sich zu ihrem Rechner und hackt auf die Tastatur ein.
    »Und, was ist?«
    »Nichts.«
    »Was heißt nichts?«
    »Die Signale für die Kameras sind weg. Ich bekomme kein Bild mehr. Weg, einfach weg.«
    Syana und Mikael suchen auf dem Splitscreen alle Kameras ab. Der Raum, in dem sich Tom und Jennifer aufhalten, ist nirgends zu finden.
    »Scheiße, dass die Übertragung nicht mitgespielt hat«, schimpft Syana. »Lass uns zusammenpacken und losfahren. Mehr kriegen wir hier nicht raus.«
    Jennifers Performance hat Mikaels kühnste Vorstellungen getoppt. Schade nur, dass die Aufnahme mit der Schlussszene versaut ist. Kann man zwar benutzen, aber mit Ton wäre es noch besser. Und etwas länger hätte es auch sein können.
    Eigentlich ist er aber sehr zufrieden, auch wenn Jennifer ihm mehr und mehr zu einem Rätsel wird. Später will er sie in seinem Studio treffen. Ohne Syanas Überwachungskamera.

5.
    »Wir haben die Wahl. Entweder wir ändern die Art, wie wir leben, was nicht akzeptabel ist, oder wir ändern die Art, wie sie leben.
    Und wir haben uns für Letzteres entschieden.«
    Donald H. Rumsfeld,
    Verteidigungsminister der USA,
    18. September 2001
    Syana liest die New York Post , als Mikael in ihr Studio stürmt.
    »Ist sie in ihrer Wohnung?«
    »Nein, keine Spur.«
    »Und die Nachbarn?«
    »Das ist total merkwürdig. Von denen wollte keiner mit mir sprechen. Außer einem Studenten, den ich kurz kennengelernt habe, als ich das erste Mal bei Jennifer war. Der hat erzählt, dass Leute da waren und sich nach Jennifer erkundigt haben. Die haben wohl auch die Wohnung durchsucht. Er hatte aber keine Ahnung, wer das war.«
    Mikael wirft sich erschöpft auf Syanas Matratze. Ihm ist zum Heulen zumute, Jennifers Verhalten irritiert ihn total. Die Aufnahmen im World Trade Center liegen nun schon zwei Tage zurück, und sie hat sich seitdem immer noch nicht gemeldet. Sie geht nicht ans Telefon, reagiert nicht auf seine SMS, zu Hause ist sie auch nicht, und ihre Nachbarn wollen nicht mit ihm reden. Jetzt macht er sich Sorgen, dass ihr etwas passiert ist.
    »Vielleicht will sie dich einfach nicht mehr sehen. Vielleicht ist sie jetzt mit Tom unterwegs, sonst wohin. Wenn du dir echt Sorgen machst, ruf doch mal Tom an. Hast du seine Nummer?«
    »Nein, ich hab bei SOM angerufen, aber die Telefonzentrale hat mich nicht mal bis zur Sekretärin durchgestellt. Meinst du, der hat Jennifer was angetan? Nach der Nummer im Flur …«
    »Scheiße«, ruft Syana.
    »Was?«
    Sie gibt ihm den Lokalteil der Zeitung.
    »Unbekanntes Paar tot aufgefunden. Polizei bittet um Hinweise.
    In der Nacht zu Mittwoch hat der Inhaber einer Lagerhalle auf seinem Grundstück in Red Hook einen seit Tagen als gestohlen gemeldeten grauen Toyota Corolla entdeckt. Darin befanden sich zwei Leichen. Wie die Polizei mitteilte, waren die beiden Personen, ein Mann und eine Frau, zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon zehn Stunden tot. Beide wiesen Schusswunden und andere schwere Verletzungen auf. Bislang konnten sie nicht identifiziert werden. Die Polizei bittet um Hinweise.«
    Neben dem Artikel sind Fotos der beiden Toten abgedruckt. Auf den Bildern sind, trotz der entstellten Gesichter, Tom und Jennifer zu erkennen.
    Mikael lässt die Zeitung langsam sinken. Seine Hände zittern.
    »Das … Das kann nicht wahr sein. Jennifer ist nicht tot.«
    Beide schweigen.
    »Nein, ich glaube das nicht. Das muss ein Irrtum sein. Wir müssen das aufklären. Unser Material muss zur Polizei, und wir müssen denen erklären, dass das alles nur gespielt war.«
    »Mikael, die Personen auf dem Foto sind Jennifer und Tom. Die beiden sind tot.«
    »Trotzdem müssen wir zur Polizei!«, ruft Mikael verzweifelt. »Da steht doch, dass die nach Hinweisen suchen.«
    »Nein«, widerspricht sie ungerührt. »Wir gehen nicht zur Polizei, niemals. Mikael, setz dich hin. Ich erkläre dir das.« Syana atmet tief durch. »Du bist verzweifelt. Und geschockt. Aber du musst jetzt trotzdem klar denken. Wir gehen nicht zur Polizei. Datenklau auf der Baustelle des World Trade Center? Damit kommen wir niemals durch. Am Ende landest du im Gefängnis.«
    »Das ist mir egal.«
    »Hey, lass uns
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