Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
197 - Der Geist im Kristall

197 - Der Geist im Kristall

Titel: 197 - Der Geist im Kristall
Autoren: Mia Zorn
Vom Netzwerk:
ließ von ihm ab und richtete sich ruckartig auf. Eine unsichtbare Hand schien sich um den Schädel des Daa’muren zu legen. »Thgáan!«, röchelte er, »Thgáan!« Dann wankte der Sol zur Seite. Ein Zucken durchlief seine schuppige Gestalt.
    »Ich habe dich gewarnt, Ora’sol’guudo. Jetzt bleibt mir keine Wahl, als deinen Geist aus dem Wirtskörper zu tilgen!«
    Victorius Stimme klang wie Donnergrollen.
    Der Daa’murenführer riss seine Arme empor. Er wollte etwas rufen, aber es kam nur noch ein hässliches Grunzen aus seiner Kehle. Er drehte sich einige Male um die eigene Achse.
    Dann taumelte er auf die anderen beiden Echsen zu, die erschrocken zur Seite sprangen. Haltlos stürzte der Sol zu Boden.
    In diesem Augenblick stieß ein dunkler Schatten vom Himmel herab
    ***
    Thgáan schwebte auf den Führer der Daa’muren zu und umfing ihn mit seinen Tentakeln. Aber bevor er sich mit dem Sol empor schwingen konnte, fegte ihn der Wandler mit einem mentalen Schlag zur Seite. Wie ein welkes Blatt, das der Wind vor sich her trieb, schlitterte sein Leib über steinigen Boden, bis sich einer seiner Tentakel in einer Erdspalte verfing.
    Annähernd hundert Meter von ihm entfernt kroch Ora’sol’guudo, sein ehemaliger Meister, auf Mefju’drex zu.
    Thgáan war sich sicher: Der Sol brauchte ihn! Er wollte sich erheben, aber die unsichtbare Kraft des Wandlers drückte ihn zu Boden. (Bleib wo du bist, kleiner Lesh’iye, oder ich werde dich auslöschen!), ließ das Wesen ihn wissen. Doch Thgáan wollte nicht gehorchen. Er wälzte seinen Leib zur Seite und versuchte ungeschickte Sprünge in die Luft, aber wie er sich auch drehte und wendete, er kam nicht vom Fleck. Trotzdem wehrte er sich weiter gegen die Macht des Wandlers…
    Abseits des ungleichen Kampfes lag Victorius verwirrt auf dem Boden. Der Wandler hatte ihn freigegeben. Das unvermittelte Erwachen aus der Trance hatte ihn umgehauen.
    In seiner Nähe kroch der Sol über den Boden. Ein Echsenkörper stob an ihm vorbei. Es war die Daa’murin. Im Lauf bückte sie sich nach dem Kristalldolch des Sol, schwang ihn über ihren Kopf und stürzte auf Matthew Drax zu. Sie war schon fast bei ihm, als eine weitere Echse sie erreichte und festhielt. Die Daa’murin strauchelte und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten.
    Liob’lan’taraasis wurde herumgerissen und taumelte. Ihr Blick heftete sich hasserfüllt auf den Daa’muren, der sie gestoppt hatte. »Lass mich los!«, keuchte sie.
    »Gib auf, Liob’lan’taraasis!«, befahl Est’lun’bowaan.
    »Auf wessen Seite stehst du?«
    »Auf der Seite des Wandlers! Und damit auf der Seite unseres Volkes.« Seine grauen Augen blickten flehend. Er löste seinen Griff. »Entscheide dich für ihn, noch ist es nicht zu spät!«
    Die Daa’murin atmete schwer. »Ich soll ihm folgen?«
    »Ja, Liob’lan’taraasis, ja.«
    Der Kristalldolch kam hoch, im Bruchteil einer Sekunde.
    »Niemals!« Mit diesem Schrei stach sie zu.
    Aber der Lun war vorbereitet. Er sprang zurück und schleuderte in derselben Sekunde den Wischkuu, den er in seiner Pranke verborgen hatte.
    Die flirrende Waffe durchbohrte Liob’lan’taraasis’ Kehle.
    Dampf schoss aus einer klaffenden Wunde hervor. Der Dolch des Sol klirrte auf die Steine des Kratersees. Est’lun’bowaan senkte seinen Kopf. Er erinnerte sich an die Worte des Wandlers: (Es wird dir nicht gelingen, sie alle zu mir zu bringen). Dass er es bei Liob’lan’taraasis nicht geschafft hatte, bekümmerte ihn tief. Gefangen in seinem bislang unbekannten Schmerz kauerte er sich neben die tote Daa’murin und verschloss sich dem, was weiter um ihn geschah.
    Matthew Drax und seine Freunde verstanden die Welt nicht mehr! Ein Daa’mure rettete einem Menschen das Leben, indem er einen Artgenossen tötete. Doch es sollte noch härter kommen!
    Der Wirtskörper des Sol war leblos zu Boden gesunken, als der Wandler den Daa’murengeist daraus gelöscht hatte.
    Nun aber kam er wieder auf die Beine!
    Unvorstellbar! Es war doch nicht möglich, dass der Sol einem gottgleichen Wesen wie dem Wandler widerstand! Und doch…
    Mit ungelenken Bewegungen kämpfte der Sol sich hoch, baute sich wie ein Felsen vor Matthew Drax auf. Dass Matt wie betäubt dastand und nicht reagierte, hatte einen Grund: Eine unheimliche Veränderung vollzog sich mit dem Echsenkörper. Die Schuppen auf seiner Stirn traten zurück, der Wulst darunter verschwand. Die Augen änderten Form und Farbe. Wie zwei weißblaue Kugeln quollen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher