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197 - Der Geist im Kristall

197 - Der Geist im Kristall

Titel: 197 - Der Geist im Kristall
Autoren: Mia Zorn
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Abertausende anderer Auren. Als der Wandler geendet hatte, rief er ihnen zu: (Kommt und berührt euren neuen Sol: Est’sol’bowaan!) Und während Est’sol’bowaan jede einzelne Aura willkommen hieß, nahm ein neues gemeinsames Ziel in ihrer ontologisch-mentalen Substanz Gestalt an.
    (Kommt, meine Daa’muren, kommt zu mir! Nichts glüht neu auf, was nicht zuvor erlischt!)
    Unzählige Daa’muren verließen die Spalten und Höhlen des Ringgebirges. Sie strömten an die Ufer des Kratersees. Wie silberne Wellen glitten sie hinab ins Seebecken. Wie Wasser wogten ihre Wirtskörper zum Wandlermassiv.
    ***
    Epilog
    Die PARIS hatte das Ringgebirge hinter sich gelassen. Ein kräftiger Wind zerrte an der blauroten Kugel und schaukelte die Gondel in die Abenddämmerung.
    Matthew Drax fand keinen Schlaf. Er lag auf seinem Lager und starrte zur Kabinendecke. Gedanken tobten durch seinen Kopf.
    Aruula! Er sah sie leblos in einer der finsteren Höhlen des brennenden Felsens. Dann wieder sah er sie an einem der Lagerfeuer. Aus leeren Augen starrte sie ihn an.
    Aruula! Lebte sie noch? Ging es ihr gut? Was hatte der Finder mit ihr angestellt? Matt warf sich auf die Seite. Wusste der Finder bereits, dass sie seinen Auftrag nicht erfüllt hatten?
    Wie nur konnten sie unbemerkt an den Uluru kommen? Wie nahe war der Streiter? Bei dem letzten Gedanken setzte Matt sich auf. Jeder Muskel seines Körpers zog sich zusammen.
    Schweiß trat auf seine Stirn. Er erschrak, als Rulfan sich neben ihn auf das Lager fallen ließ. »Kannst du immer noch nicht schlafen?«
    Matt nickte nur stumm. Er wollte nicht reden. Nicht jetzt!
    Der Albino öffnete seine Stiefel. »Ich bin hundemüde! Victorius meint, er kommt einige Stunden alleine zurecht!«
    Der schwarze Prinz hüpfte im vorderen Teil der Gondel mit Chira um die Wette. »Was ist, Madame Chira? Können sie es mit dem großen, starken Victorius aufnehmen oder nicht?« In seiner erhobenen Hand hielt er ein Stück Schinken. Die Lupa machte einen Satz nach oben und schlug ihre Zähne in das Fleisch. Zufrieden verschwand sie mit ihrer Beute unter den Kartentisch.
    Victorius lachte und schlenderte zum Ruder des Luftschiffes. Seine Hand glitt in die große Tasche seiner Jacke und fuhr vorsichtig über die glatte Scheibe, die er im Geröll am Kratersee gefunden hatte. Sie fühlte sich warm an. Wie ein Stein, der viele Stunden in der Mittagssonne gelegen hatte. Ihre messerscharfen Zacken schnitten in den Stoff. Victorius musste einen anderen Platz für sie finden.
    Rulfan hatte es sich inzwischen auf dem Lager bequem gemacht. Eingewickelt in warme Decken beobachtete er seinen Freund: Blass und zusammengesunken kauerte Matt neben ihm.
    »Glaub mir, Aruula lebt noch! Du würdest es spüren, wenn es nicht so wäre!«, versuchte er ihn zu trösten. Und ich würde es auch spüren! Diesen Gedanken behielt er für sich. »Wir werden abseits dieses verfluchten Uluru landen. Irgendwie schaffen wir es, sie da rauszuholen!« Der Albino gähnte.
    »Versuch zu schlafen! Du wirst deine Kraft brauchen«, murmelte er und zog sich die Decke über den Kopf.
    Matthew Drax seufzte. Ja, er brauchte seine Kraft noch!
    Aber nicht nur für Aruula, die sie aus den Händen des Finders befreien mussten. Sondern auch für seine ganz persönliche Schlacht, die in ihm tobte: Er kämpfte gegen seine Erinnerung. Seine Begegnung mit dem Schatten des Streiters. Das unaussprechliche Grauen, das sie mit sich brachte. Das er nicht loswurde. Wie schwarzes Pech klebte es ihm in Kopf und Herz.
    Mit der Gewissheit, dass die Erde im Visier des Streiters war, wuchs auch die Hoffnungslosigkeit in ihm. Sie lähmte sein Denken und Fühlen.
    Matt streckte sich auf dem Lager aus. Ich brauche Hoffnung! Ich brauche dich an meiner Seite! Sein letzter Gedanke galt Aruula. Mit ihrem geliebten Gesicht vor Augen schlief er endlich ein.
    Der Wind heulte durch die Ritzen der Kabinenwände. Chira verschlang den letzten Bissen des Schinkens. Über dem Tisch schaukelte Titanas Netz. Ein hellbraunes Fellbüschel quoll aus seiner Öffnung. Zwei winzige Augen funkelten im Dämmerlicht. Sie suchten Victorius.
    Wie eine dunkle Steinsäule stand der schwarze Pilot am Ruder des Luftschiffes. Seine breiten Schultern hoben und senkten sich. Sein Gesicht glich einer Maske, und sein leerer Blick verlor sich im Abendhimmel.
    ENDE
    [1] Siehe Maddrax Nr. 191 »Das Duell«
    [2] Siehe Maddrax Nr. 194 »Die Hölle der Erkenntnis«
    [3] Siehe Maddrax Nr. 11 »Die Amazonen von
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