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1962 - Das Virtuelle Schiff

Titel: 1962 - Das Virtuelle Schiff
Autoren: Unbekannt
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blickte sie an, er hatte für einen Augenblick das Gefühl, sie wollten ihn anziehen.
    Er wandte den Blick ab.
    Wieder meinte der Aktivatorträger, die Nähe eines anderen Wesens zu fühlen. Er fuhr herum, und da sah er einen grauen, schemenhaften Kopf, der etwa fünf Meter von ihm entfernt mitten im Gang schwebte. Für einen kurzen Moment nahm das bis dahin verschwommen aussehende Gesicht menschliche Züge an. „Kytoma!" rief er. Wie betäubt stand er auf der Stelle, während sich der Kopf allmählich auflöste, transparent wurde und dann gänzlich verschwand. Alaska Saedelaere war sicher, das Gesicht seiner rätselhaften Freundin gesehen zu haben.
    Beruhige dich! ermahnte ihn die Haut. Alaska schloss die Augen und bemühte sich, seiner Gefühle Herr zu werden. Er atmete einige Male tief durch, und dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen das Geländer. Was war das für ein Spiel, das irgendjemand mit ihm trieb? Hatte man ihn wirklich nur an Bord gelockt, weil er Pilot dieses Raumschiffs werden sollte? Oder gab es ein ganz anderes Motiv? Er verdrängte die Fragen aus seinem Bewusstsein, und eine seltsame innere Ruhe überkam ihn. Ihm war, als habe er den Mittelpunkt seines eigenen Universums erreichten dem nur noch seine eigenen Werte galten. Dieser Augenblick der Seelenruhe erschien ihm bedeutender als alles andere, was er bisher erstrebt hatte. Alaska Saedelaere öffnete die Augen.
    In ferner Vergangenheit: Aus der Sicht anderer Sternenvölker war die Familie der Gestalter klein. Zu ihr gehörten gerade mal 322 Individuen. Doch sie selbst empfand sich nicht so. Im Gegenteil. Ihre Mitglieder waren der Ansicht, dass die Familie die ideale Größe gefunden hatte und dass es bei dieser Zahl bleiben sollte.
    Wurde jemand des Daseins müde und sehnte sich nach einer Existenz auf einer anderen Ebene, vermochte er sich zu teilen, dadurch junges Leben hervorzubringen und das eigene zu beenden.
    Danach hatte die Familie ein neues Mitglied gewonnen, doch sie war weder größer noch kleiner geworden. Diese Tatsache war so fest im Bewusstsein eines jeden Gestalters verankert, dass niemand mehr auf den Gedanken kam, einmal nachzuzählen. Seit Jahrhunderttausenden hatte sich an der Zahl 322 im Prinzip nichts geändert. Daher gab es keinen Grund, den Familienverband zu kontrollieren. Wir haben nichts mehr zu befürchten! Es war dieser Gedanke Gabrel Gurhs, der die anderen erreichte. Niemand antwortete. Sie waren alle der gleichen Ansicht. Wer dennoch etwas zu sagen hatte, dem blieb Zeit genug für eine Entgegnung. Und wenn er erst in zwanzig oder dreißig Jahren zu diesen Worten Stellung nahm, so war das immer noch früh genug.
    Juhrn Anha stimmte mit Gabrel Gurh überein. Auch er war froh, dass sie der sogenannten DORIFER-Pest entgangen waren. Keiner in der Familie zweifelte daran, dass sie die größte Gefahr überstanden hatten. Sie würden der Pest nicht zum Opfer fallen. Der Gestalter war erleichtert, dass die Existenz der Familie nicht mehr bedroht war. Sie hatte Zukunft. Er auch?
    Was für die Familie galt, betraf ihn möglicherweise nicht mehr so sehr. Obwohl er erst wenig mehr als 3000 Jahre alt war, spürte er etwas in sich, was auf eine bevorstehende Teilung hindeuten könnte. Bisher hatte er mit niemandem darüber gesprochen, denn ein solches Ereignis war in seinem Alter so unwahrscheinlich, dass er es eigentlich gar nicht in Erwägung ziehen durfte. Gerade mal drei Jahrtausende war er im Verbund mit den anderen durch das Universum gestreift, hatte mit ihnen das gemeinsame Feld geteilt. Müdigkeit hatte sich unter solchen Umständen noch lange nicht eingestellt. Im Gegenteil. Er fühlte sich jung, war dynamisch und voller Zuversicht. Er war neugierig und war gespannt, was ihm die Zukunft brachte.
    Umso überraschender und außerordentlich irritierend war das Verlangen in ihm, ein neues Leben hervorzubringen.
    Für ihn bedeutete es das Ende aller Hoffnungen auf eine eigene Zukunft. Normal wäre es gewesen, wenn sich ein derartiges Gefühl in einem Alter von 14.000 oder 15.000 Jahren eingestellt hätte. Dieses Alter entsprach der durchschnittlichen Lebenserwartung der Gestalter, und so wurde als normal angesehen, dass die Teilung zugleich den Tod einleitete, der meist 80 bis hundert Jahre später eintrat. Die Zahl 322 wurde dann wieder erreicht. Niemals aber hatte Juhrn Anha von jemandem gehört, der in seinem Alter Nachwuchs gehabt hatte.
    Er hatte vorsichtig bei den anderen herumgefragt, wobei er so getan hatte, als
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