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194 - Die Hölle der Erkenntnis

194 - Die Hölle der Erkenntnis

Titel: 194 - Die Hölle der Erkenntnis
Autoren: Jo Zybell
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gefunden haben.«
    Schweigend aßen sie und teilten das letzte Wasser.
    Schweigend saßen sie danach gegen die Wand ihres Erdlochs gelehnt und blickten hinauf in den fahlblauen Himmel. Sie sahen ihn durch ein Gitter. Mehr als ihn, das Gitter und die Anangu, die ihnen das Essen und das Wasser herunter ließen und ihren Abfall und ihre Notdurft hinaufzogen, sahen sie seit vielen Tagen nicht.
    »Hörst du es?« Matt Drax lauschte.
    »Ja, Schritte. Vielleicht bringen sie uns endlich frisches Wasser.« Rulfan stand auf und legte den Kopf in den Nacken.
    »Viele Schritte und viele Stimmen.«
    »Irgendwas tut sich da draußen. Hört sich nach einer Zusammenrottung der Telepathen an.«
    »Heute proben sie den Aufstand!« Rulfan ballte die Fäuste.
    »Heute werden sie die verdammten Anangu verjagen! Und dann holen sie uns hier raus!«
    »Hab ich’s dir nicht von Anfang an gesagt?« Matt grinste müde. Das waren Witzeleien, mit denen sie sich bei Laune hielten. Die internationale Telepathentruppe würde niemanden verjagen. Die unheimliche Macht im Uluru und die Anangu hatten sie fest im Griff. Sie waren ungefähr so gefährlich wie in den goldenen Zeiten vor »Christopher-Floyd« die Blauhelme der so genannten Geeinten Nationen. Oder hatten sie Vereinte Nationen geheißen? Matthew Drax konnte sich schon nicht mehr erinnern.
    Sie hatten selbstverständlich versucht zu fliehen. Doch das Erdloch war an die fünf Meter tief, und als sie nach drei Tagen Gefangenschaft versuchten, eine Sprosse in die trockene Erde zu kratzen, war die Wand teilweise zusammengebrochen und hatte sie bis zu den Hüften begraben. Jetzt waren sie dem Gitter über dem Erdloch zwar einen halben Meter näher als am Anfang, aber die Arbeit an den Sprossen hatten sie aufgegeben.
    Zu groß war ihre Sorge, die Wände könnten vollständig einbrechen und sie bei lebendigem Leib verschütten.
    Also warteten sie. Irgendwas würde geschehen, irgendwann.
    »Ist dir aufgefallen, dass einer schon lange nicht mehr zu uns herabgeschaut hat, um uns zu verfluchen?«, sagte Rulfan.
    »Daagson, der verfluchte Mörder«, zischte Matt. »Ich kann nicht sagen dass ich ihn vermisse.« Er ballte die Fäuste. Seine Miene verfinsterte sich. »Aruula…« Er sah seinen Gefährten an. »Wo mag sie sein?«
    »Dieser Steingeist wird sie für seine Ziele missbrauchen, fürchte ich.« Den Finder, dieses unbegreifliche und unsichtbare Wesen im roten Fels, nannte Rulfan seit zwei Wochen nur noch Steingeist. »Genau wie die anderen Telepathen.« Er betrachtete die grüblerischen Züge seines Gefährten. »Warum hat sie dich geschlagen?«
    Wieder flog ein Grinsen über Matts Gesicht, diesmal ein verlegenes. »Weil sie eine Frau ist, und dazu eine ziemlich barbarische.«
    »Seltsame Antwort.« Der weißhaarige Albino ließ sich Matt Drax gegenüber an der Wand des Erdlochs nieder. »Wenn Frauen zuschlagen, hat man entweder ihre Schamgrenzen übertreten, oder sie sind eifersüchtig.« Aus schmalen Augen musterte Rulfan den anderen. »Hat sie etwa irgendwas… Intimes in deinen Gedanken erlauscht?«
    »Aruula würde niemals in meinen Gedanken schnüffeln!«
    Matt sagte das mit einem leicht ironischen Unterton. »Sagen wir: Sie war außer sich vor Wiedersehensfreude. Okay?«
    Rulfan nickte. Er begriff die Botschaft: Bitte nicht weiter bohren. Die Männer sahen einander an. »Du liebst sie noch immer, nicht wahr?«, sagte Matt leise.
    »Ich werde sie immer lieben«, entgegnete Rulfan mit belegter Stimme.
    »Ich auch.« Matts Herz wurde heiß, als er an das Wiedersehen mit seiner Gefährtin dachte. Kurz und heftig war es gewesen. Natürlich hatte sie in seinen Gedanken geschnüffelt. Angeblich, weil sie ihren Augen nicht traute, weil sie sicher gehen wollte, dass wirklich er es war, den sie sah, und kein Phantom. Nun ja, und dabei hatte sie dann eben Erinnerungen an Chandra erwischt. Chandra, seine Geliebte auf dem Mars. Wohl eine ziemlich delikate Erinnerung.
    Da hatte sie zugeschlagen. Und auf diese Weise die einzige Frage beantwortet, die Matt Drax wirklich interessierte – die Frage, ob sie ihn noch liebte.
    Danach eine heftige Umarmung, ein heißer Kuss, und die leidenschaftliche Absolution. Ein paar Atemzüge lang nur, und dann hatten die verdammten Anangu sie wieder getrennt und ihn und Rulfan in dieses Erdloch geworfen.
    »Während unseres Duells in der Höhlenstadt [2] – hattest du da nicht manchmal den Wunsch, mich zu töten?« Prüfend sah der Mann aus der Vergangenheit den Albino
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