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194 - Die Hölle der Erkenntnis

194 - Die Hölle der Erkenntnis

Titel: 194 - Die Hölle der Erkenntnis
Autoren: Jo Zybell
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geologische Veränderungen eine Strahlung verursachen, die wir nicht kennen? Nein, es sind schwache Gravitationswellen, was wir da anpeilen, und sie stammen aus einem der Triebwerksaggregate des Wandlers!)
    Ora’sol’guudo versuchte zu verstehen, was er da hörte. Das war gar nicht so einfach. Es gab also eine energetische Strahlung, und es gab unterschiedliche Interpretationen dieser Strahlung. (Untersuchen wir das Phänomen gemeinsam.) Der Sol gab sich kühl, ja, er versuchte ähnlich besonnen zu bleiben wie Est’sil’bowaan – und konnte sie doch nicht ganz unterdrücken, die plötzlich aufkeimende Hoffnung. Sollte das Antriebsaggregat des Wandlers doch noch anspringen?
    Nein, aufgegeben hatte er es noch nicht, das Projekt Daa’mur, noch lange nicht! Doch nach der nur teilweise gelungenen Nuklearexplosionskette [1] war es zunächst einmal in weite Ferne gerückt.
    Und nun rührte sich angeblich doch etwas im Triebwerksaggregat des Wandlers? Ora’sol’guudo konnte es kaum glauben.
    (Es sind Spätfolgen der Explosionen, ich spüre es!) Liob’lan’taraasis war fast euphorisch. (Wir werden den Wandler wieder zum Leben erwecken, bald! Mit seiner Kraft werden wir diesen kalten, unwirtlichen Planeten näher an seine Sonne steuern! Wir werden in flüssigem Magma baden!) Spürte sie seine eigene heimliche Hoffnung, oder warum legte sie ihrer Wunschphantasie keine Zügel an? (Langsam, Lan! Bleibe nüchtern!) Der Sol wurde energisch. Im Grunde rief er sich selbst zu Ordnung, denn die Gedanken und Empfindungen, mit denen Liob’lan’taraasis seine Aura berührte, setzten auch in ihm die Bilder der Hoffnung frei.
    Doch er wollte sie nicht zulassen, noch nicht. (Erst untersuchen wir das Phänomen, dann planen wir den nächsten Schritt!)
    Sie erreichten das Ufer des Restwassers, das den Wandler umgab, und stiegen von den Yakks. Die letzten vierhundert Meter legten sie watend zurück. Je näher sie der schwarzen, zerklüfteten Wand des Wandlers kamen, desto deutlicher spürte Ora’sol’guudo das feine, kaum wahrnehmbare Säuseln, das er nicht wirklich berühren konnte, das ihn aber berührte.
    Es stammte wahrhaftig aus dem Wandler!
    Und nun ergriff auch den Sol die eigenartige Erregung, von welcher die Lan erfüllt war. Sollte Projekt Daa’mur denn tatsächlich wieder zum Greifen nahe sein?
    (Da ist noch etwas, Ora’sol’guudo), dachte Est’sil’bowaan.
    (Etwas nähert sich dem Kraterseebecken. Nach ersten Erkenntnissen könnte es eine biotische Organisation erster Ordnung sein…)
    ***
    Sie waren zu dritt, drei uralte Anangu in staubige Decken gehüllt. Sie schliefen. In einem kleinen Kreis aus Gesteinsbrocken glühte noch Asche zwischen verkohlten Holzstrünken und warf einen matten Lichtschein an die Höhlenwand. Ein paar abgenagte Knochen, Schalen von Früchten und Reste getrockneten Fleisches bedeckten eine große Tonplatte. Ein leerer Krug lag neben einem halb mit Wasser gefüllten. Das Schnarchen der alten Männer erfüllte die Höhle.
    Einer hörte plötzlich auf zu schnarchen, drehte sich erst unruhig von einer Seite zur anderen und hob schließlich den Kopf. Er blickte sich verwundert um, als müsste er sich erst einmal orientieren. Dann griff er nach dem Krug, nahm einen Schluck Wasser und setzte sich schließlich ans Feuer.
    Umständlich häufte der Uralte Holzspäne, Tierkot und trockenes Reisig auf die Glut und blies so lange hinein, bis sie aufloderte und das Reisig Feuer fing. Er legte die verkohlten Holzstücke darauf und griff hinter sich, um frisches Holz aus einem Stoß zu ziehen und aufzulegen. Eine Zeitlang beobachtete er, wie die Flammen das Brennmaterial beleckten, nach und nach höher stiegen und heller loderten. »Gauko’on«, krächzte er endlich. »Gauko’on, wach auf. Der Ahne ruft!«
    Der Angesprochene hörte auf zu schnarchen, erhob sich abrupt und nahm ebenfalls am Feuer Platz. Bald erwachte auch der dritte Greis und gesellte sich zu den anderen beiden.
    Schweigend hockten sie eine Zeitlang vor der Feuerstelle, tranken Wasser, starrten in die Flammen und spuckten hin und wieder hinein.
    »Der Junge und das Geschöpf mit der Echsenhaut verstanden es sehr gut, ihren Geist vor dem HERRN zu verhüllen«, sagte Gauko’on irgendwann. »Taten, als wären sie Kräuter und Gehölz – das haben sie geschickt angestellt, wahrhaftig!«
    »Der Junge aber nicht die ganze Zeit über«, sagte der Greis rechts von ihm. »Als er kämpfen musste, konnte ER sein Bewusstsein doch noch enthüllen.
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